IBM-Generaldirektor blickt in rosige Zukunft:

Fachleute und Laien werden sich näher kommen

10.06.1983

WIEN (eks) - In einem Referat vor dem IBM-Management-Symposium setzte sich Horst Breitenstein, Stellvertreter des IBM-Generaldirektors, mit den Auswirkungen der Informationsverarbeitung auf die Gesellschaft von morgen auseinander. Er ordnet das Bedürfnis nach Information in die Bedürfnispyramide nach Maslow ein.

Während sich die Industriegesellschaft vornehmlich mit der Befriedigung der Nachfrage materieller Güter beschäftigt, liegen die Probleme der nachindustriellen Gesellschaft vor allem in Mangelerscheinungen bei Informations-, Koordinations- und Zeitkosten.

Breitenstein zeigt diesen Mangel am Beispiel der Bewältigung der Informationsmenge:

- der fachtechnische Charakter der Information muß bewältigt werden;

- wie können Neuigkeiten interpretiert und übermittelt werden?

- wie sollen die Kosten der verstärkten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen lnteraktion und der Planung und Regulierung in einer komplexen Gesellschaft aufgebracht werden?

Materielles Wirtschaftswachstum hat zunehmende Zeitverknappung zur Folge. Im Gegensatz zu anderen Ressourcen ist Zeit nämlich nicht akkumulierbar. Sobald Information und Kommunikation Nahrungsmittel, Bodenschätze und Energie als bestimmte Faktoren zur Verbesserung der Verhältnisse ablösen - Breitenstein sieht diesen Zeitpunkt optimistisch als fast gekommen an - werden sie relativ knapp, bedürfen des systematischen Mitteleinsatzes und werden die relevanten Faktoren unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umwelt.

Hier knüpft Breitenstein an Maslow an. Nach Befriedigung des jeweils rangniedrigeren Bedürfnisses tritt Bedarf nach Befriedigung des jeweils nächsthöheren auf. Die materiellen Bedürfnisse scheinen Breitenstein mit Gütern und Dienstleistungen der traditionellen Industriegesellschaft gedeckt. Die Wachstumsbedürfnisse Bildung, Erwerb und Selbstverwirklichung sollen nun durch die Informationstechnik, welche unsere nachindustrielle Gesellschaft bestimmt, befriedigt werden.

Freisetzungseffekte unvermeidlich

Die durch die Informationsverarbeitung akut gewordenen Probleme sieht Breitenstein naturgemäß aus der Sicht des Anbieters entsprechender Geräte. Zur Frage, wieweit Mikroelektronik Arbeitsplätze vernichtet und damit den sozialen Frieden gefährdet meint er, daß. "Freisetzungseffekte" unvermeidlich seien. Gewinnen würden aber nicht diejenigen, die solche Effekte möglichst lange verhindern, sondern die, welche neue Bedürfnisse schaffen, erkennen und wirtschaftlich umsetzen. Auch wenn abschwächend von "latent vorhanden" die Rede ist, so sind allerdings geschaffene Bedürfnisse Wasser auf die Mühlen derer, die vom Konsumzwang reden.

Die Theorie, daß bestimmte soziale Schichten von der Informationstechnik mehr profitieren als die übrige Bevölkerung, bezeichnet Breitenstein nur als kurzfristig richtig. Er erwartet, daß durch sinkende Kosten Bedienung und Einsatz so problemlos und flexibel werden, daß sich der Abstand zwischen Fachleuten und Laien verringert und es dadurch zum Fortschritt auf breiter Basis kommt.