F&E-Ausgaben im Fadenkreuz Fuer neuen Apple-Chef Spindler steht ein hartes Sparprogramm an

09.07.1993

CUPERTINO (CW) - Neue Besen kehren bekanntlich gut: Fuer die Apple Computer Inc. bedeutet dies nach Meinung vieler Analysten, dass mit der Bestellung des Deutschen

Michael Spindler zum Apple-CEO einige F&E-Abteilungen und Systembereiche in Cupertino den Guertel enger schnallen muessen, falls sie nicht sogar ganz von der Liste der strategisch wichtigen Sparten gestrichen werden.

Apple-Insider halten es fuer moeglich, dass der neue Topmanager bis zu 150 Millionen Dollar zusammenstreicht, also ein Viertel aller Ausgaben fuer Forschung und Entwicklung von Apple. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Cupertino, Kalifornien, zaehlt zu den Firmen mit dem hoechsten F&E-Ausgabenblock: Zehn Prozent des Umsatzes wurden bislang in neue Projekte reinvestiert. Damit liegt die Apfel- Company um das gut Fuenffache ueber vergleichbaren Ausgaben vieler PC-Hersteller.

Eine Sprecherin der Apple Computer GmbH aus Ismaning bei Muenchen konnte keine Angaben zu Apples Neuorientierung machen. Sie bestaetigte lediglich, dass es zu Umstrukturierungen kommen werde.

Zu den Technologiestraengen, die nach Meinung von Branchenbeobachtern gekappt werden duerften, zaehlt die mittlerweile neun Jahre alte Macintosh-Linie. Anwender und Analysten, die von "Computerworld", der US-Mutterzeitschrift der COMPUTERWOCHE, befragt wurden, gaben zu Protokoll, Apple bringe zu viele Macintosh-Modelle in zu kurzen Zeitabstaenden auf den Markt, ohne deren jeweilige Unterscheidungsmerkmale klar herauszuarbeiten.

So meinte etwa Mike Bailey, Systemintegrator bei der Lockheed Missiles and Space Company in Sunnyvale, Kalifornien: "Apple irritiert jeden mit dieser Politik. Das Unternehmen sollte sich auf wenige ausgewogene Produkte konzentrieren, anstatt Dutzende Systeme auf den Markt zu werfen, die dann jeweils nur fuer bestimmte Nischen gedacht sind."

Auch das Unix-Engagement von Apple duerfte einem pruefenden Blick Spindlers anheimfallen: Vor kurzem noch hatte Morris Taradalsky, General Manager von Apples Enterprise Systems Division, erklaert, man kooperiere bezueglich des Multiuser-Betriebssystems mit der IBM,

Sun Microsystems, HewlettPackard (HP) und der Unix Systems Laboratories Inc. (USL), um die Macintosh-Benutzeroberflaeche auf heterogene Unix-Maschinen zu portieren.

Zu viele Ziele zur gleichen Zeit

An der Erfolgstraechtigkeit solcher Bemuehungen zweifeln aber bereits einige Brancheninsider. Tim Harmon, Berater bei der Meta Group Inc. in Westport, Connecticut, legt den Finger auf die Wunde, wenn er fragt: "Wuerde dieser Plan realisiert, warum sollte man dann noch teures Geld fuer einen Macintosh-Rechner zahlen, wenn man eine erheblich preisguenstigere Unix-Hardware kaufen kann, auf der die Mac-Oberflaeche auch laeuft?"

Dem mit der Entwicklung von Stimmerkennungs-Systemen - Codename Caspar - befassten Projektteam droht nach Meinung mancher Insider ebenso das Aus, wie einem Steckenpferd des zu Visionen neigenden Ex-CEOs John Sculley: dem Engagement im Consumer-Markt fuer elektronische Werkzeuge.

Eric Joa, IS-Manager der BC Hydro in Burnaby, British Columbia, fasst die kritischen Stimmen zu Apples Produktstrategie zusammen: "Apple versucht, in zu viele Richtungen zur gleichen Zeit zu gehen. Dabei verliert die Company aber den Fokus fuer wesentlichen Dinge des heutigen Geschaeftslebens."

Positiv sehen Anwender hingegen Apples weitere Bereitschaft, ueber Kooperationen wie etwa der mit der IBM am unternehmensuebergreifenden Technologietransfer teilzuhaben. "Solche Partnerschaften bedeuten fuer die Unternehmen einen erheblichen Zuwachs an technologischer Kompetenz und damit auch an Marktbedeutung", argumentiert Robert Anderson, Analyst bei der A.O.Smith Automotive Products Company in Milwaukee. Mit dieser Art von Zusammenarbeit legitimiere sich Apple bei IS-Managern.

Zu den Aktivitaeten, die Apple gezielt vorantreiben will, gehoert die Entwicklung von Macintosh-Systemen, die nicht auf Motorolas 680X0-CPUs basieren, sondern auf dem Power-PC-Chip aufsetzen. "Diese Produkte sind fuer uns von hoechster Bedeutung", aeusserte Apple-Manager Jean-Louis Gassee. Nach wie vor gueltig sei der Zeitplan, im ersten Quartal 1994 mit Mac-Tischgeraeten und -Servern anzutreten, die mit dem von der IBM und von Motorola entwickelten RISC-Prozessor arbeiten.

"Newton", Apples Personal Digital Assistant und Konkurrenzprodukt zu Tandys "Zoomer" und AT&Ts "Eo", steht zwar weiterhin auf der Liste zu verfolgender Entwicklungen. Technologische Probleme in der Vergangenheit zwangen Apple allerdings, die Ankuendigung des mobilen Kommunikationswerkzeugs immer wieder zu verschieben.