Externer Partner installiert neues Informationssystem Gutschriften werden schneller und transparenter verrechnet Von Claus Jensen und Dieter Wagner*

24.09.1993

Die Compaq Computer GmbH, Muenchen, hat relativ frueh auf Workgroup- Computing gesetzt: Seit 1992 kommuniziert man intern und mit Vertriebspartnern ueber Compaq Link, einem auf Lotus Notes basierenden Informationssystem. Eines der Ziele war, die Gutschriftenabwicklung zu optimieren. Ein externer Partner installierte die Loesung.

Zur Ausgangssituation bei Compaq: Die Arbeiten im Bereich "Gutschriften und Retouren" waren ueberwiegend manuell gesteuert. Die Antraege der Vertragspartner wurden von Hand erfasst, ergaenzt, bewertet, weitergereicht und ausgewertet. Die Formulare passierten mehrere Instanzen und Fachabteilungen - ein zeitraubender, kostenintensiver und wenig transparenter Prozess, der nicht immer zur Zufriedenheit des Antragstellers endete. Das musste geaendert werden.

Laut Anforderungskatalog sollten

- die Ablaeufe sauber strukturiert werden,

- die Abwicklung und der Abschluss schnell erfolgen,

- die Verantwortlichkeiten klar definiert und

- alle am Prozess Beteiligten jederzeit schnell ueber den Bearbeitungszustand einzelner Dokumente beziehungsweise Prozesse informiert sein.

- Statistiken fuer das Management und Controlling sollten bereitgestellt werden.

Darueber hinaus sollte die Loesung in die DV-Struktur bei Compaq eingebunden werden, da fuer die Verarbeitung von Gutschriften und Retouren ein permanenter Datenaustausch mit bestehenden Systemen sichergestellt sein muss. Hierzu zaehlen im wesentlichen ein Buchhaltungs- und Lagerverwaltungssystem auf einem Host sowie das Compaq-Link-System.

Kooperation mit einem externen Anbieter

Die angestrebte Automatisierung der Ablaeufe setzte eine Anpassung der internen Organisa- tionsstruktur voraus, da alle involvierten Abteilungen auf die fuer sie relevanten Informationen zugreifen koennen sollten.

Compaq entschloss sich, mit einem externen Anbieter zusammenzuarbeiten. Mit der Durchfuehrung des Projektes wurde die Emos Computer Consulting GmbH in Aachen beauftragt.

Die Erstellung und Implementierung eines Workflow-Systems verlangt aufgrund seiner Komplexitaet und des Einflusses, den es auf die Organisationsstruktur nehmen kann, eine strukturierte Groupware- und Workflow-spezifische Vorgehensweise in der Phase der Ist- Analyse und bei der Erstellung des Soll-Konzeptes. Alle Einzelkomponenten der Geschaeftsbereiche, die von der Anwendung abgebildet werden sollen, muessen erfasst, strukturiert und integriert werden.

Zur Erfuellung der spezifischen Geschaeftsprozesse definierte Compaq vier Teilprojekte:

- allgemeine Gutschriften,

- Lagerwertausgleich,

- Retouren sowie

- offene Postenliste.

Fuer jede Anwendung wurde ein Pflichtenheft erstellt, das die Grundlage fuer die Implementierung bildete.

Dokumente wurden wie Formulare gestaltet

Die Anwendungen basieren auf einem zugeschnittenen Send- und Share-Konzept. Jeder Vertriebspartner arbeitet lokal auf einer eigenen Datenbank und erhaelt von Compaq nur die ihn betreffenden Daten in Form elektronischer, den urspruenglichen Formularen nachempfundener Dokumente.

Umgekehrt werden Informationen an Compaq auf dem gleichen Weg per Mail an eine zentrale Datenbank uebertragen. Die Compaq-Mitarbeiter haben je nach Berechtigung, Aufgabe und Bearbeitungsstatus Zugang zu den fuer sie relevanten Daten. Aus Sicherheitsgruenden kommen in den einzelnen Arbeitsschritten verschiedene Bildschirmmasken zum Einsatz, in denen jeweils nur bestimmte Inhalte gelesen beziehungsweise veraendert werden koennen. Sie garantieren eine strukturierte und kontrollierte Datenein- und -ausgabe.

Definierte Ansichten (zum Beispiel "Antraege nach Mitarbeiter", "...nach Status" oder "...nach Partner") erhoehen die Transparenz der Arbeitsablaeufe. So koennen Daten schnell und gezielt fuer die Erstellung von Statistiken oder das Controlling herangezogen werden.

Speziell entwickelte automatisierte Schnittstellen-Programme halten die Daten zwischen dem Buchhaltungssystem und den Notes- Datenbanken konsistent. Weitere Unterprogramme uebernehmen komplexe Berechnungen, die automatische Erstellung und Versendung von Formularen und die regelmaessige Archivierung aller unter Notes anfallenden Daten zu statistischen Zwecken.

Ein zusaetzliches Workflow-Management

Fuer die einzelnen Parameter, die den Prozess der Vorgangsbearbeitung steuern und flexibel aendern, wurde ein zusaetzliches Workflow-Management entwickelt und installiert. Mit Hilfe dieses Systems koennen alle Variablen zur Bearbeitung, Pruefung und Genehmigung sowie Namensaenderungen, neue Gutschriftentypen etc. ohne Eingriff in die aktiven Anwendungen modifiziert, hinzugefuegt oder geloescht werden. Dadurch lassen sich einfache Aenderungen im Geschaeftsprozess ausfuehren, zum Beispiel die Bestimmung einer Urlaubsvertretung. Ferner sind aufwendige Routinen zur Fehlerkontrolle und -behebung in jedem Bearbeitungsschritt der Anwendungen und der Schnittstellen- Programme integriert. Bei Fehlern wird garantiert, dass das System keine Dokumente verliert, doppelt bearbeitet oder erstellt.

Jede Anwendung enthaelt zudem kontextsensitive Hilfe-Datenbanken, in denen unter anderem saemtliche Vorgaenge, deren Bearbeitungsschritte, die verschiedenen Ansichten und alle Systemmeldungen erlaeutert sind.

Komplexeste Anwendung: allgemeine Gutschriften

Bisher realisierten die Aachener die Anwendungen "Lagerwertausgleich", "Offene Postenliste" und "Allgemeine Gutschriften". Letztgenannte stellt im Hinblick auf die Vorgangsabbildung die komplexeste Loesung dar. Deshalb wird sie im folgenden exemplarisch beschrieben (vgl. Abb.).

Antraege zu allgemeinen Gutschriften werden entweder von den Vertriebspartnern auf elektronischem Weg an Compaq in Muenchen uebertragen oder hausintern in das System eingegeben (interne Gutschriften). Die zustaendigen Sachbearbeiter pruefen den Antrag auf Vollstaendigkeit. Sie haben die Moeglichkeit, ihn abzulehnen, zu weiterer Bearbeitung zurueckzustellen oder weiterzuleiten. Bei Weiterleitung wird der Antrag in der Buchhaltung geprueft und kann dort wiederum zurueckgestellt oder zur Nachbearbeitung oder Genehmigung weitergegeben werden.

Die Ueberpruefung nahezu aller Eingaben und darauf basierender Berechnungen erfolgt automatisiert, nur die Genehmigung selbst wird weiterhin manuell erteilt. Der Gutschriftentyp und der Betrag der Gutschrift entscheidet darueber, welche Personen in den Pruefungs- und Genehmigungsprozess mit einbezogen werden.

Ist der Antrag genehmigt, wird er zur Buchung an den Host weitergegeben. Nach erfolgter Buchung erhaelt der Vertriebspartner oder Sachbearbeiter automatisch via Notes eine Nachricht ueber die Hoehe der erstellten Gutschrift. Der gesamte Ablauf wird in einer Historie detailliert festgehalten.

Bestehende Dokumente koennen unter anderem um neue Gutschriftenarten ergaenzt werden. Details wie die Art und Anzahl benoetigter Belege oder die Pruefungs- und Genehmigungshierarchie mit jeweils bis zu sechs Stufen, die sich an Betraegen, Sachverhalten und dem jeweiligen Gutschriftentyp orientiert, kann der normale Anwender nicht modifizieren.

Die Funktionen "Lagerwertausgleich" und "Offene Postenliste" lehnen sich an die der allgemeinen Gutschriften an. Sie enthalten eine integrierte Faxloesung, die die automatische Versendung von Faksimiles aus Notes ermoeglicht.

Die Einfuehrung der Anwendungen in die Praxis erfolgte in drei Schritten: Zunaechst setzte Compaq die Software ausschliesslich hausintern ein, um die Mitarbeiter mit dem System vertraut zu machen. In der zweiten Phase testeten ausgewaehlte Vertriebspartner als Pilotanwender die Loesung, bevor abschliessend alle Partner einbezogen wurden. Zur Schulung diente eine von Emos entwickelte modulare Software. Die Module enthalten neben einer fachlichen Beschreibung der Arbeitsablaeufe mehrere Kapitel, in denen die Vorgangsbearbeitung unter Notes interaktiv geuebt wird. Die Notes- Umgebung wird vom Programm simuliert ("Es sieht aus wie Notes, ist aber nicht Notes"). Die Vertriebspartner sind so nicht an zentrale Schulungstermine gebunden und koennen ihr Lernpensum selbst bestimmen.

Fazit: Die Loesung erfuellt die von Compaq vorgegebenen Anforderungen. Die Arbeitsablaeufe im Bereich Gutschriften und Lagerwertausgleich wurden automatisiert; eine hohe Transparenz sowie Genauigkeit der Bearbeitung konnten erreicht werden. Darueber hinaus sind relevante Daten fuer das Management und Controlling je nach Bedarf abrufbar. Nach dreimonatigem Einsatz konnte Compaq wesentlich kuerzere Bearbeitungszeiten verzeichnen. Von der neuen Loesung profitiert haben auch die Compaq-Vertriebspartner: Die Vorgangsbearbeitung ist jetzt auch fuer sie Schritt fuer Schritt nachvollziehbar, ihre Antraege werden schneller bearbeitet und ihre Gutschriften in kurzer Zeit verbucht.

Die Muenchner planen nun den Einsatz von Workgroup-Com- puting auch in anderen Unternehmensbereichen. Ausserdem sollen weitere Teile der Auftragsabwicklung automatisiert werden.

*Claus Jensen, Emos Computer Consulting GmbH in Ottobrunn; Dieter Wagner, Compaq Computer GmbH in Muenchen.

Die Vorgangsabbildung der allgemeinen Gutschriften gestaltete sich besonders kompliziert.