Philips, Thomson und Sagem als FuE-Partner

Europäischer LCD-Pool will die japanische Dominanz aufbrechen

11.12.1992

PARIS - Die niederländische Philips Electronics N.V. sowie der Konsumelektronik-Zweig TCE des Thomson-Konzerns und die Sagem-Gruppe, beide aus Frankreich, legen Anfang 1993 ihre FuE-Kapazitäten für Flachbildschirme zusammen. Stoßrichtung der gemeinsamen Aktion ist die japanische LCD-Dominanz.

Die Partner bereiten derzeit die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens vor. Philips will die Flat Panel Display Co. B.V. mit 80 Prozent anführen, TCE und Sagem sollen je ein Zehntel halten. Gleichzeitig beteiligt sich der holländische Elektronikriese mit zehn Prozent an der TCE-Tochter Thomson LCD. Die ersten Lieferungen soll das neue Unternehmen schon im Laufe des nächsten Jahres tätigen.

Während TCE und Sagem vor allem am weltweiten Vertriebsapparat von Philips interessiert sind, wollen die Holländer ihr 120 Millionen Dollar teures LCD-Werk in Eindhoven besser auslasten. Sie bringen die Fabrik mit einer Fertigungskapazität von 50 000 Stück jährlich im Rahmen ihres Unternehmensbereiches Flachbildschirme in das Joint-venture ein.

Parallel zu der Kooperation bündeln Philips, TCE und Sagem ihre FuE-Aktivitäten im Esprit-Programm. Sie bilden zu dem Zweck ein Konsortium, in dem 17 weitere Einrichtungen und Unternehmen mitarbeiten wollen, so auch die staatlichen französischen Forschungszentren Cnet und Leti, die Daimler-Benz Tochter AEG sowie die britische GEC Plc. Cnet stellt dem Gemeinschaftsunternehmen sein "2s/3s-TFT"-LCD-Patent zur Verfügung.

Startkapital von 60 Millionen Dollar

Das Esprit-Konsortium wird mit einem Startkapital von 60 Millionen Dollar ausgestattet, wovon die Europäische Gemeinschaft die Hälfte zuschießen will. Brüssel hatte diese Hilfe von gemeinsamen industriellen Anstrengungen der Franzosen und Niederländer abhängig gemacht.

Der Weltmarkt für Flachbildschirme soll nach Untersuchungen von Stanford Resources Inc. (SRI) bis 1997 auf rund fünf Milliarden Dollar wachsen; 1990 hatte das Volumen 600 Millionen Dollar betragen. Die Branche wird derzeit überwiegend von den Japanern beherrscht: Sie investierten in den vergangenen drei Jahren schätzungsweise zweieinhalb Milliarden Dollar in neue LCD-Produktionsstätten. Davon brachte Sharp 770 Millionen und NEC 230 Millionen Dollar auf, das Toshiba-IBM-Venture Display Technologies 250 Millionen Dollar.

Mit der "Aktivmatrix"-Technologie rechnen sich die Europäer trotzdem Chancen aus. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Passivmatrix-Displays, die zu 80 Prozent über fest definierte Vertriebskanäle abgesetzt werden, sind die Marktanteile im Aktiv-Segment nämlich bisher nur zu etwa einem Fünftel vergeben. Die Umsatzerwartungen des Joint-ventures sind gleichwohl noch recht vage: Philips spricht von "einigen hundert Millionen Gulden in den kommenden Jahren".

Die Kooperationspartner verfügen jeweils über eine eigene Technologie, die auf bestimmte Anwendungen spezialisiert ist: So bedient Philips mit seiner diodenbasierten Aktivmatrix-Technologie im wesentlichen den Farb-LCD-Markt für tragbare Geräte, TCE entwickelt HDTV-Schirme und Sagem Displays für Bordcomputer und ähnliche Anzeigesysteme.