Lippenbekenntnisse angesichts von Zeit- und Budgetvorgaben

Europaeische Studie stellt fest: Qualitaetssicherung mangelhaft

19.04.1996

Die Londoner Agentur International Customer Loyality Programmes (ICLP) befragte von Dezember 1995 bis Januar 1996 rund 300 europaeische Unternehmen, die zwei bis 3000 Entwickler beschaeftigen. Etwa 200 dieser Firmen verfuegen ueber eine Qualitaetssicherungsabteilung. Allerdings sind die Qualitaetspruefer in einem von fuenf Faellen nicht in den Entwicklungsprozess involviert - die Tests beginnen, wenn der Code bereits steht.

Obwohl 84 Prozent der Antworten ergaben, dass gepruefte Qualitaet das vorrangige Ziel im eigenen Hause sei, erklaeren 57 Prozent der Befragten, dass ihr Unternehmen Software ausliefere, die bekanntermassen Bugs habe. Auf der Werteskala rangiert mit 76 Prozent allerdings gleich hinter der Qualitaetssicherung die rechtzeitige Fertigstellung und mit 73 Prozent die Einhaltung des Budgets. De facto stehen demnach diese nachrangigen Anforderungen im Vordergrund und machen aus dem Primaerziel Softwareguete ein blosses Lippenbekenntnis.

Mit 47 Prozent denkt rund die Haelfte der Befragten, dass das Endprodukt nicht adaequat getestet wurde, und einer von dreien glaubt sogar, dass in zwischen 20 und 60 Prozent der Faelle die Software ueberhaupt kein Pruefungsverfahren durchlaeuft.

Neben Zeit- und Budgetvorgaben beeinflusst auch die Einstellung der Entwickler die Qualitaet des Ergebnisses. 89 Prozent finden das Testen ihrer eigenen Programme schlichtweg zu langweilig. Ausserdem halten sie andere fuer verantwortlich: den Projektleiter (89 Prozent) oder die Abteilung fuer Qualitaetssicherung (62 Prozent). Zudem herrscht offenbar der Glaube vor, Kunden liessen sich vertroesten, indem man ihnen die Fehlerbehebung fuer das naechste Release anbiete. Trotzdem zeichnet sich laut Studie ein Umdenken ab. Immerhin gaben etwa 74 Prozent der Befragten an, sie sorgten sich heute mehr um die Qualitaet als vor fuenf Jahren.

Korrespondierend sieht das Marktforschungsunternehmen IDC einen wachsenden Markt fuer Software-Testing-Tools, insbesondere im Client-Server-Segment. Im Jahr 1999 soll damit weltweit ein Umsatz von zirka 700 Millionen Dollar gemacht werden (vgl. die Grafik). Punktuelle Loesungen etwa zum Testen von grafischen Oberflaechen werden dabei zu integrierten Modulen, die fruehzeitiger im Software-Entwicklungsprozess einsetzen und ihn begleiten koennen.