Michael Dell provoziert heftige Kritik

"Europa hinkt in Sachen IT hinterher"

20.10.2000
MÜNCHEN (CW) - Nach Ansicht von Michael Dell strengen sich die Europäer zu wenig an, um in der IT-Technik auf dem Laufenden zu bleiben. Dieser Schluss, zu dem der CEO des texanischen Direktanbieters anlässlich eines Vortrags in Madrid gelangte, rief heftige Kritik hervor.

Im Rahmen eines Vortrags an einer Wirtschaftsschule in Madrid erklärte Michael Dell, dass der europäische Markt nicht so prosperiere, wie Dell das eigentlich erwarten würde. Dies werde sich erst ändern, wenn die europäischen Manager bereit seien, neue Techniktrends stärker anzunehmen. In Europa gebe es nur halb so viele PCs wie in den USA, obwohl die Wirtschaftskraft in der Alten Welt größer sei, dozierte der Chef des PC-Herstellers.

Das englische Online-Magazin "The Register" bezeichnete den Dell-Boss daraufhin als "frechen Affen". Der Direktanbieter habe seine Planzahlen für Europa nicht erreicht und versuche nun, den Anwendern die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben. Im Gegensatz zu Dell hätten Anbieter wie Hewlett-Packard oder Compaq ihre Vorgaben erfüllt, schreiben die Briten weiter. Auch die Marktforscher von International Data Corp. (IDC) oder Gartner gingen nach wie vor von einem respektablen Marktwachstum von elf bis 13 Prozent in Europa aus. Folglich müsse Dell die Probleme bei sich selbst suchen.

Auch aus den Reihen der Wettbewerber kommt Kritik. IBM-Managerin Val Rahmani beurteilt die Einschätzung Dells, Europa sei technikfeindlich, als lächerlich. Dell sei zu sehr auf den PC-Markt fixiert und übersehe dabei beispielsweise den Boom im Segment drahtlose Kommunikation. Hier seien die Europäer weltweit Spitzenreiter. Vertreter von Dell wollten die Äußerungen ihres Chefs bislang nicht weiter kommentieren.