Gateways und Controller für das Backbone Wideband Network:

Esprit-Projekt 73 schließt Netz-Kreise

14.11.1986

LIEGE (sch) - Zwischenbilanz gezogen haben die an dem Esprit-Projekt 73 beteiligten deutschen, belgischen und französischen Unternehmen Stollmann. ACEC, Bell Telephone, SG2, France Cables & Radio sowie die Université de Liege. Vorgestellt wurde neue Kommunikations-Soft- und -Hardware für den Aufbau des anvisierten Backbone Wideband Network (BWN).

Herzstück des neuen Kommunikationssystems soll ein breitbandiges Glasfaser-Netzwerk sein, das als Backbone für insgesamt 25 heterogene LANs dient. BWN unterstützt eine Datenübertragungsrate von 140 MBit pro Sekunde und wird über Gateways an die verschiedenen lokalen Netze angekoppelt, wobei alle drei LAN-Strukturen Ethernet, Token Passing Bus und Token Passing Ring zum Zuge kommen können. Gleichzeitig sind auch Brückenschlage zu öffentlichen Datenschienen beziehungsweise Diensten und Satelliten-Links vorgesehen. Die Duplex-Verbindungsstücke arbeiten mit einer Zugriffsgeschwindigkeit von 2 MBit pro Sekunde. Nach Aussagen der involvierten Firmen wird das neue Netz den Ansprüchen von industriellen, wissenschaftlichen und administrativen Organisationen gerecht. Das Projekt 73 startete 1984 und mündet in eine Pilotinstallation auf dem Campus der Université de Liege Ende nächsten Jahres. Es ist eine Netzlänge von 25 Kilometern geplant.

Für das Esprit-Vorhaben stehen insgesamt 25 Millionen Mark zur Verfügung, die zur 50 Prozent die Europäischen Gemeinschaften und zu 50 Prozent die genannten Firmen aufbringen. Ob und wie die für das Projekt entwickelten Produkte auf dem Markt angeboten werden, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht fest. Dazu Axel Wegner, Systementwickler bei Stollmann und Leiter des Esprit-Teilprojektes dieser Firma: "Es ist nicht so, daß nun schon an den Markt selbst herangegangen wird." Es wäre vielmehr interessant zu sehen, wie aus einem gemeinsamen europäischen Entwicklungsprojekt ein europäisches Produkt wird.

Das belgische Unternehmen ACEC (Atélier du Construction Electric des Charleroi) zeigte auf der in Liege anberaumten Pressekonferenz einen Prototyp-Zugangscontroller für das Backbone Wideband Network. Dieses Equipment paßt sich der MAC-Architektur (MAC: Medium Access Control) des BWN an, die unter anderem den Durchsatz im Netz optimieren soll.

Von der Hamburger Stollmann GmbH stammt die erste Version eines Hochgeschwindigkeits-Gateways für die Verknüpfung von BWN und LAN. Das vorgestellte Modell ist für alle Netzwerk-Strukturen geeignet und enthält als Hardware-Komponente einen HD-68000-Mikroprozessor mit 10 Megahertz, einen DMA-Controller auf der Basis von HD 68450 mit 10 Megahertz und einen multifunktionalen Peripherie-Controller. Die erforderliche Internet-Gateway-Software wurde ebenfalls vorgeführt.

Als dritter Part in der Firmen-Riege demonstrierte BTM (Bell Telephone Manufacturing) aus Antwerpen Schnittstellen für den Anschluß an öffentliche Dienste. Dabei handelt es sich zunächst einmal um einen digitalen Link mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 2 MBit pro Sekunde, für den BTM auch ein Layer-2-Protokoll entwickelte, um bei der Performance Bit-Fehler zu vermeiden.

Des weiteren zeigte das belgische Unternehmen eine Videoconferencing-Facility. Damit soll die Umsetzung von analogen Video- und Audio-Signalen in digitale Daten mit 2 MBit pro Sekunde und deren Überführung ins BWN ermöglicht werden. Zu sehen gab es von BTM außerdem einen Electronic-Mail-Anschluß in Form eines Gateways für den öffentlichen Teletex-Dienst, einen BWN/CC-Controller (CC: Communications-Controller) und einen Durchsatz-Tester für den Internet-Layer. Dieser Layer beziehungsweise die dritte Schicht des ISO/OSI-Modells basiert bei dem Projekt 73 übrigens auf XNS.

Die französische Société Generale de Service et de Gestion SG2 wartete bei der jüngsten Projekt-Demonstration mit X.21-Hardware für sein Satelliten-Gateway auf, und die Université de Liege schließlich steuerte Test- und Meßsysteme für das BWN bei, die das neue Netz unter verschiedenen "Lasten" prüfen können.