Ausstellung für die DEC-Welt hat Bewährungsprobe noch vor sich:

Erste "Eurotek" im Windschatten von Decus

10.10.1986

HAMBURG (CW) - Eher eine Investition in die Zukunft denn ein heute schon rentables Geschäft war die Mini-Fachmesse "Eurotek", die ursprünglich "EuroDEC" hatte heißen sollen, für den Veranstalter, die Londoner CGP Ltd. Den Zulauf einer Mindestzahl von Interessenten garantierte dieses Jahr die Nähe zur Fachtagung des Anwenderclubs Decus - ein Vorteil, auf den die Briten 1987 verzichten müssen.

Vielleicht hat David Reay, Managing Director der CGP Ltd., seine trocken-selbstironische Bemerkung über die Herkunft des Firmenkürzels ("Crooks, Gangsters and Pirates") einmal vor dem falschen Publikum fallenlassen. Die Digital Equipment Corp. jedenfalls ging auf Distanz zu dem britischen Messeveranstalter, der in Hamburg eine Ausstellung von DEC-kompatibler Hard- und Software organisiert hatte. Die Digital-Juristen wiesen Reay dezent darauf hin, die deutsche Gesetzgebung messe dem Schutz von Warenzeichen einen hohen Stellenwert bei. Im Klartext: DEC drohte mit dem Kadi für den Fall, daß ihr geschützter Firmenname nicht aus dem Logo des Messeveranstalters verschwinde. Die CGP gab nach und ersann den juristisch einwandfreien, wenn auch wenig beziehungsreichen Behelfstitel "Eurotek".

Abstecher zur Show mit dem Gratis-Bus

Nicht verhindern konnte der Hardwarehersteller hingegen, daß die CGP sich die Nähe des "1986 Decus Europe Symposium" zunutze machte. Während die Decus (DEC Users' Society) im Congress Center Hamburg (CCH) tagte, quartierte sich die CGP-Crew im Hotel Interconti ein und bot den Usern an, mit einem Gratis-Shuttlebus einen Abstecher zu ihrer Produktshow zu machen. Obwohl es dem Veranstalter gelungen war, auf den 450 Quadratmetern 81 Aussteller unterzubringen, war die Resonanz zunächst durchaus bescheiden. Nur wenige Decus-Mitglieder verirrten sich zu Beginn der Eurotek in die Gesellschaftsräume des Nobelhotels, in denen die Peripherie-, VMEbus- und Softwareanbieter provisorisch anmutende Zwergstände aufgebaut hatten. Der große japanische Laufwerkshersteller NEC etwa mußte sich mit viereinhalb Quadratmetern Stellfläche in einem Quergang begnügen.

Noch kein Vergleich mit US-Vorbild Dexpo

Erst allmählich wichen die gegenseitigen Besuche alter Bekannter aus der Industrie den Gesprächen mit tatsächlichen Kaufinteressenten. Viele Aussteller rühmten denn auch, um ihre Meinung zur Eurotek gebeten, die "Qualität der Besucher"; sie beklagten aber unisono, daß zuwenige von ihnen sich ins Interconti bemüht hätten. Mit dem Vorbild, den amerikanischen "Dexpo"-Messen, die regelmäßig orts- und zeitgleich mit den Tagungen der US-Decus abgehalten werden, könne sich diese europäische Kopie noch nicht messen.

Roy Graham, Marketing Manager für Europa beim englischen Unternehmen Telematics, wäre es lieber gewesen, wenn die Ausstellung im selben Gebäude stattgefunden hätte wie das Symposium: "Dann hätten wir sicherlich mehr Publikumsverkehr gehabt." Dies hätte allerdings vorausgesetzt, daß sich Decus und CGP bei der Planung ihrer Aktivitäten abgesprochen hätten - ein angesichts des unterkühlten Verhältnisses zwischen Messefirma und DEC eher unwahrscheinliches Ereignis. Wegen dieses Handicaps läßt Graham vorerst offen, ob sein Unternehmen nächstes Jahr in Frankfurt dabeisein wird; auf dem dortigen Messegelände wird CGP im Mai 1987 die nächste Ausstellung abhalten.

Rüdiger Kentzler, Vertriebsbeauftragter bei Data Real in Hamburg, dagegen gibt sich begeistert: "Es sind sehr wenige Leute da, die nur auf Prospektjagd sind, sondern ein qualifiziertes Publikum." In Frankfurt werde sein Unternehmen wahrscheinlich mit einem größeren Stand vertreten sein. Auch Renate Kelava von der Münchner Niederlassung des Softwarehauses SPSS ist "sehr zufrieden mit dem Verlauf der Messe". Doch wie die meisten anderen Anwender sieht sie einen "starken Zusammenhang mit Decus". Inzwischen hat SPSS die Unterlagen der Veranstaltung ausgewertet und sich für die Teilnahme im nächsten Jahr angemeldet.

Ähnlich äußert sich auch Stephen Lilly, Marketingdirektor der amerikanischen CIS Computer Information Systems: "Die Qualität der Besucher ist hervorragend. Aber wir würden gerne ein paar Kunden mehr hier begrüßen." Da die meisten Interessenten von der Tagung gekommen seien, müsse er sich noch überlegen, wie sinnvoll eine Teilnahme ohne Decus-Symposium wäre. Doch für Frankfurt habe sein Unternehmen sich erst einmal angemeldet.

Jürgen Altermann von der deutschen Niederlassung des kanadischen Softwareanbieters Cognos lobt zwar die Organisation, aber er fordert: "Die Veranstalter sollten die Werbung verstärken; sie sollten im CCH darauf aufmerksam machen daß diese separate Veranstaltung im Interconti stattfindet."

Ganz anders reagiert Dieter Joswich, Geschäftsführer der Cadtronic GmbH aus Bergisch-Gladbach: "So wie es bisher gelaufen ist, müssen wir uns ärgern, daß wir hergekommen sind", resümiert Joswich am Nachmittag des zweiten Eurotek-Tages. "Gestern war das vor allem ein Treffen mit Kollegen. Es war zwar interessant zu wissen, wer jetzt bei wem ist und wer was macht. Aber vom Interesse der Kunden war ich sehr negativ überrascht. Heute morgen sah es zunächst so aus, als ob es etwas besser anliefe, aber dann ging es so weiter wie am Tag zuvor. Keine neuen Kunden, nur Leute die man sowieso seit Jahren kennt."

Auch der Marketing Consultant der SAS Institute GmbH, Jürgen Fritz, ist nicht des Lobes voll: "Bis jetzt sind viele, die auf der Decus waren, nicht herübergekommen. Dennoch ist die Zahl der Besucher auf unserem Stand zufriedenstellend." Fritz hält auf jeden Fall die Ankopplung an die Decus-Sessions für wichtig.

Vor Beginn der "Eurotek", die 1987 voraussichtlich "Index" (Independent Digital Exposition) heißen wird, hatte die CGP stolz Voranmeldungen von 1500 Anwendern aus 18 Ländern gemeldet. In der Abschlußbilanz schweigen sich die Veranstalter über die Zahl derjenigen, die tatsächlich gekommen sind, aus. Die Show habe "qualifizierte Besucher aus 18 Ländern" angezogen. Wäre die angekündigte Zahl erreicht worden, wären die Messe-Salons im Interconti allerdings aus allen Nähten geplatzt. Seitens der Aussteller - so die CGP - sei die Resonanz positiv gewesen. Für die Index gebe es schon eine Warteliste, da sich 98 Prozent von ihnen bereits zu einer erneuten Teilnahme entschlossen hätten.