IT in der Prozessindustrie/Pfalzgraf: Qualität hat oberste Priorität

ERP-Software beim Kuchenspezialisten

16.05.2003
25000 Torten auf fünf Produktionslinien - unter anderem werden 10000 Liter Sahne, vier Tonnen frische Äpfel, acht Tonnen Quark verarbeitet. So präsentiert sich die Tagesbilanz der Pfalzgraf-Konditorei GmbH in Pfalzgrafenweiler. Mittels ERP-Software konnte der Kuchenspezialist in den letzten zwölf Jahren seinen Umsatz verfünffachen. Von Dirk Brünz*

Momentan produziert man im idyllischen Pfalzgrafenweiler auf 6500 Quadratmetern. 200 Mitarbeiter tragen dazu bei, dass hier Sahnetorten und Kuchen in Konditorqualität entstehen. Jedes Produkt verfügt über "handwerkliche Optik", auf die größter Wert gelegt wird. Pfalzgraf erkennt darin sein Erfolgsgeheimnis. Die Schwarzwälder Backwaren werden in Restaurants, Hotels, Bäckereien, Cafés, Kantinen, Altenheimen, Krankenhäusern und Autobahnraststätten, aber auch auf Flügen, Schiffen oder im Zug serviert. Ausgeliefert werden die über 90 verschiedenen Gebäckkreationen ausschließlich über den Zustellgroßhandel und C+C-Märkte in ganz Deutschland und Europa.

Wegen seines starken Wachstums strukturierte Pfalzgraf Abläufe und Prozesse um. Zwar arbeitete das Konditoreiunternehmen schon längst mittels DV-Standardsystem, das aber nicht die Funktionen eines fortgeschrittenen Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)Systems erfüllte. Auf der Suche nach einer leistungsfähigeren Software entdeckte man die CSB-System AG, die sich unter anderem auf Lösungen für den Lebensmittelsektor spezialalisiert hat. Der Ist-Analyse folgte ein vom Anbieter erstelltes Soll-Konzept, das zunächst die gesamte Warenwirtschaft mit Beschaffung, Lager, Produktion und Absatz einbezog. Die baldige Implementierung verlief planmäßig, die vorgegebenen Einführungszeiten wurden eingehalten.

Mit dem neuen System wurden Waren- und Informationsfluss inzwischen aufeinander abgestimmt. LKWs liefern die Rohware beim Wareneingang an. Dabei werden nicht nur Früchte, sondern auch Sahne, Eier, Kakao und Dekorationsmaterial nach Qualitäts- und Prüfkriterien gecheckt, die das System vorgibt. Wenn der Zustand der Handelsware ohne Beanstandung ist, wird sie eingelagert. Freigegeben werden die Produkte erst, wenn die Ware allen Systemanforderungen komplett entspricht. Pfalzgraf verfügt über separate Lager im Fertigwarenbereich und für Frischeprodukte.

Inzwischen plant das Schwarzwälder Unternehmen seine Produkte durchgängig. So wird der Wareneingang aufgenommen und damit beispielsweise ins Rohstofflager gebucht. Das Programm für Produktionsaufträge erfasst die geplanten Mengen für die Folgewoche. "Power Netzplan" verbessert die Produktionsplanung. Auch stellt dieses Tool Maschinenbelegung, Personalkapazitäten sowie Produktionszeiten- und -abfolgen dar; zurzeit berücksichtigt es fünf Produktionsabteilungen.

Durchgängiges Qualitätsmanagement

Im Anschluss wird in Matrixform eine Wochenübersicht mit sechs Wochentagen pro Linie dargestellt und gedruckt. Dargestellt sind Priorität, Artikelnummer, Artikelbezeichnung, Form, Menge und Marke. Aus den derart verbesserten Produktionsaufträgen lassen sich bereits im nächsten Schritt Chargen herstellen. Danach wiederum werden Produktionsanweisungen über die zu produzierenden Mengen und mit entsprechend dargestellten Rezepturen gedruckt. Die Abteilungen erhalten und bearbeiten diese Chargen.

Die Ist-Mengen werden aufgrund der erfassten Produktionsmengen der Halbfabrikate oder Endprodukte verbucht. Die jeweils eingesetzten Rohstoffe und Halbfabrikate werden von den Lagern abgebucht. Ein Schockfroster kühlt die Ware. In der Verpackungsabteilung wird dann das verkaufsfertige Endprodukt "hergestellt", das heißt, es kommen noch Glasuren, Folien, Kartons und Etiketten zum eigentlichen Produkt hinzu.

Nach Bildung und Folienumwicklung der Palette wird auch hier der Produktionsausgang des Endprodukts mit entsprechender Ab- und Zubuchung des Artikels in das Fertigwarenlager erfasst. Schließlich bringt man an der immer gleichen Stelle der Palette ein Etikett mit Referenznummer in Form eines Barcodes auf.

Das neue IT-System ist nach DIN EN ISO 9000 ff. zertifiziert und unterstützt das unternehmensweite und funktionsübergreifende Qualitäts-Management. Die qualitätsrelevanten Informationen aus allen Unternehmensbereichen können online erfasst, ausgewertet und analysiert werden. Dabei werden die Daten dort erfasst, wo sie anfallen.

So entsteht für den gesamten Herstellungsprozess eine lückenlose Qualitätsüberwachung insbesondere mittels folgender Funktionalitäten:

- Papierloses HACCP-Konzept,

- elektronisches Qualitäts-Management-Handbuch mit Stellenbeschreibungen, Verfahrens- und Arbeitsanweisungen,

- Datendokumentation am Ort des Geschehens,

- flexible Steuerung des QualitätsManagements,

- Validierungsfähigkeit,

- Qualitätskontrollen am Wareneingang,

- Produktionseingangs- und Ausgangskontrolle mit Los- und Chargenzuordnung,

- transparente dokumentierte Prozesse in der Chargierung,

- Planung von internen Audits und von externen Lieferanten-Audits,

- gesicherte Einhaltung von Qualitätsvorgaben,

- Verbesserung der Produktqualität und Kundenzufriedenheit sowie

- wirksames Reklamations-Management.

Damit setzt Pfalzgraf entlang der Wertschöpfungskette vom Lieferanten bis zum Endverbraucher sein durchgängiges Qualitäts-Management um.

Ein weiterer mittelfristig geplanter Meilenstein ist die Implementierung eines Customer-Relationship-Management-(CRM-)Systems. Darüber hinaus sollen mit den Modulen Archivierung sowie Management & Controlling demnächst alle relevanten Daten konzentriert und in kürzester Zeit verfügbar werden. (bi)

*Dirk Brünz ist Geschäftsführer bei der Pfalzgraf-Konditorei GmbH in Pfalzgrafenweiler.

Angeklickt

Wegen starken Wachstums musste die Pfalzgraf ihre Abläufe und Prozesse umstrukturieren.

- Das vorhandene DV-System reichte für fortgeschrittene ERP-Fuktionen nicht aus.

- Das auf Lebensmittel spezialisierte neue System stimmt Waren- und Informationsfluss aufeinander ab; die Produkte werden inzwischen durchgängig geplant.