Ergebnispraesentation zum dritten Mal verschoben Anwender und Analysten sehen Zukunft von Borland skeptisch

20.05.1994

FRAMINGHAM (IDG) - Die Borland International Inc. fuerchtet sich offenbar davor, die Ergebnisse des vierten Quartals und die Jahresbilanz fuer das Geschaeftsjahr 1993/94 vorzulegen. In der vergangenen Woche verschob der angeschlagene Softwarehersteller die Praesentation der Resultate zum dritten Mal. Das Unternehmen raeumte ein, auch fuer das erste Quartal des laufenden Geschaeftsjahres Verluste ausweisen zu muessen.

Der Schlingerkurs in Sachen Veroeffentlichung, die jetzt fuer den 2. Juni anberaumt worden ist, irritierte New Yorker Boersianer. Der Borland-Kurs sank um 14 Prozent auf zehn Dollar pro Aktie. "Keiner weiss, was sie ankuendigen werden", aergert sich beispielsweise Michael Wallas, Analyst bei UBS Securities in New York. "Es duerfte ziemlich haesslich aussehen."

Die schwachen Finanzen nimmt die Konkurrenz zum Anlass, oeffentlich an der Faehigkeit der Kahn-Company zu zweifeln, langfristig Service, Upgrades und Support fuer ihre Produkte garantieren zu koennen. "Die wichtigste Frage fuer den Kunden ist doch wie seine Situation in drei, vier oder fuenf Jahren aussieht", meint beispielsweise Tom Button von Microsoft.

Eine Umfrage der Soundview Financial Group unter Fortune-1000- Unternehmen belegt einen Vertrauensverlust gegenueber Borland. Hatten 1993 noch 45 Prozent dieser Firmen die Datenbanken Dbase und Paradox gekauft, planen das in diesem Jahr nur noch 34 Prozent und 1995 nur noch 29 Prozent. Fatal ist das fuer Borland vor allem deswegen, weil die Datenbankprodukte rund 60 Prozent des Umsatzes ausmachen.

Wall-Street-Analysten rechnen damit, dass Borlands Verluste sich im vierten Quartal des abgelaufenen Geschaeftsjahres auf 36 Millionen Dollar belaufen. Allerdings sagten einige Finanzmakler in der vergangenen Woche ein noch hoeheres Minus voraus, das sich bis auf einen Dollar pro Aktie summieren koenne. "Sie haben keine neuen Produkte, die Verkaeufe von Quattro Pro sinken dramatisch, seit der Deal mit Novell bekanntgegeben wurde, und sie haben noch tonnenweise Software bei den Haendlern", argumentiert Timothy McCollum, Analyst bei Dean Witter. "Deshalb werden sie Unmengen Geld verlieren." Der Branchenkenner schaetzt, dass Borland fuer das vierte Quartal einen Umsatz von rund 60 Millionen Dollar ausweisen wird - vierzig Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Borland-Vertreter machen die buchhalterische Komplexitaet fuer die dreimal verschobene Ergebnispraesentation verantwortlich. Wall- Street-Analysten vermuten indes ganz andere Hintergruende. Die Verluste, so spekulieren sie, haetten die Finanzen der Softwareschmiede dermassen in Mitleidenschaft gezogen, dass sie einen im vergangenen Sommer geschlossenen Kontokorrentkredit nicht mehr bedienen koenne. Ein Borland-Sprecher wollte eine technische Zahlungsunfaehigkeit nicht bestaetigen, raeumte aber ein, dass das Unternehmen taeglich mit seinen Banken rede.