IT meets Fachabteilungen

Erfolgreiches Warehousing

06.10.2000
Ein Data Warehouse ist heutzutage die Architektur, mit der sich Management-Informationen bereitstellen lassen. Kann es sich ein Unternehmen vor diesem Hintergrund überhaupt noch leisten, kein System zur Entscheidungsunterstützung einzusetzen? Von Gunnar Weichel und Thomas Bichlmayer*

Bis zum Jahr 2005 wird es über 500 Millionen Menschen mehr geben, die Güter aller Art konsumieren. In wahren Übernahmeschlachten versuchen Umsatzzwerge, etablierte Unternehmen zu akquirieren. Der Wettbewerbsdruck steigt durch hohe Volatilität an den Finanzmärkten und erhöhte Markttransparenz. Auch die Verteilung der Waren verändert sich radikal. So werden in einigen Jahren weniger als die Hälfte der Einzelhandelstransaktionen anonym ablaufen.

Konkret bedeutet dies, dass sich Geschäfts- und Management-Prozesse immer häufiger an neue Gegebenheiten anpassen müssen. Eine durchgängige IT-Unterstützung ist hierfür eine zwingende Voraussetzung - allerdings leider kaum vorhanden. Die eigentliche Herausforderung besteht nun darin, die Informationen aus den Geschäftsprozessen für die Aufgaben der Entscheider zu erschließen. Die Fähigkeit eines Unternehmens, eine gute Informationslogistik zu schaffen und zu betreiben, wird zur Kernkompetenz.

Stufenweise und iterativ aufbauenMethoden und Vorgehenskonzepte gehören heutzutage zum Handwerkszeug in jedem Data-Warehouse-Projekt. Bekannt ist auch, dass eine solche Lösung nur stufenweise und iterativ aufgebaut werden kann. Die oft umfangreichen inhaltlichen Anforderungen an das Data Warehouse müssen in betriebswirtschaftlich zusammengehörende, so genannte Auswertungsbereiche modularisiert werden.

Eine der ersten Aktivitäten im Data-Warehousing-Projekt ist es, Prioritäten festzulegen und gegebenenfalls an geänderte Anforderungen anzupassen. Dazu gehört es, mögliche Auswertungsbereiche (Abteilungen, Bereiche, Produkte etc.) zu definieren und zu bestimmen, mit welchem begonnen werden soll. Hierzu hat es sich bewährt, mögliche Auswertungsbereiche nach Realisierbarkeit und potenziellem Nutzen abzuklopfen. Der Nutzen wird danach festgestellt, welche möglichen positiven Auswirkungen die Umsetzung des Auswertungsbereichs auf den Umsatz, die Kosten oder auch qualitative Ziele wie Kundenzufriedenheit hat. Hierzu gehören der monetäre Nutzen sowie die strategische Bedeutung einer Lösung.

Ob das Vorhaben überhaupt machbar ist, wird danach bewertet, welcher Aufwand zur Umsetzung des Auswertungsbereichs erforderlich ist. Hierzu müssen Faktoren wie Verfügbarkeit der Daten, angenommener Schwierigkeitsgrad, vorhandene Ressourcen und die Datenqualität der Quellsysteme in die Abschätzung einfließen. Diejenigen Auswertungsbereiche, die im rechten, oberen Quadranten zu finden sind, sollten zuerst umgesetzt werden. Wenn es sich bei dem Auswertungsbereich dazu noch um einen Bedarf handelt, den eine Fachabteilung hat, die sich engagiert, Mitarbeiter für das Projekt freistellt und über Rückhalt in der Geschäftsführung verfügt, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit sehr groß.

Ein Data-Warehousing-Projekt ist eine gemeinschaftliche Aufgabe der Fachbereiche und IT, also sollte auch das Projektteam gemischt besetzt sein. Gerade zu Beginn ist die Zusammenarbeit wichtig. Bei der Ermittlung der inhaltlichen Anforderungen ist die intensive Mitarbeit der Fachbereiche die grundlegende Voraussetzung für den Projekterfolg.

Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Anforderungen nicht unreflektiert nach den Wünschen der Fachbereiche definiert werden, sondern danach, was die Fachbereiche für die tägliche Arbeit tatsächlich benötigen und was die Quellsysteme bieten. Bei diesem kombinierten Top-down- und Bottom-up-Ansatz ist sichergestellt, dass einerseits die inhaltlichen Anforderungen erfüllt und andererseits die Möglichkeiten zur Beschaffung der Daten beachtet werden. Denn es ist unangenehm, zugeben zu müssen, dass von den "Wünschen" des Fachbereichs doch nur ein Bruchteil erfüllt werden kann, weil die Grundlage in den Systemen des Unternehmens nicht gegeben ist. Dieser Abgleich zwischen der Nachfrage aus dem Geschäft und dem Angebot aus den Quellsystemen erzeugt eine realistische Erwartungshaltung.

Bei der Modellierung der Informationen für das Data Warehouse ist unbedingt auf die Verständlichkeit zu achten. Auch hier ist die enge Kooperation der Fachbereiche und der IT ein Erfolgsgarant. Bewährt hat sich dabei, die Modellierung von später zu analysierenden Dimensionen gemeinsam zu bewältigen. Die Diskussion von Messwerten, Dimensionen und Auswertungsattributen ist für Fachbereiche intuitiv verständlich. Das Ergebnis ist ein Informationsmodell.

Gemeinsames Verständnis schaffenEin weiteres wichtiges Resultat der Kooperation zwischen den Fachbereichen und der IT ist ein gemeinsames Verständnis der Unternehmensbegriffe (Metadaten). Selbst so einfache Bezeichnungen wie "Kunde" werden häufig im Unternehmen sehr unterschiedlich aufgefasst. Ein gelungenes Data-Warehouse-Projekt wird dazu beitragen, dass im Unternehmen eine einheitliche Begriffswelt entsteht. Falls es bisher kein Glossar gab, dann besteht mit dem Data-Warehousing-Projekt die Chance, dieses wichtige Hilfsmittel zu erstellen.

Um die unterschiedlichen Datenquellen an das Warehouse anschließen zu können, sind unbedingt Kenntnisse über die Source-Systeme (ERP, Legacy etc.) erforderlich. Ohne das Wissen um die Sonderfälle, die in den Daten der Quellsysteme zu beachten sind, können Angaben falsch interpretiert werden. Die Datenbereitstellung muss diese Sonderfälle auflösen, damit die Informationen in anwendergerechter Form zur Verfügung gestellt werden.

Einen Nutzen wird ein Data Warehouse aber erst dann haben, wenn es im Unternehmen angewendet wird. Diese eigentlich selbstverständliche Aussage ist jedoch differenzierter zu sehen. Die Fachbereiche benötigen Unterstützung bei der Nutzung des Data Warehouse. Hierzu zählt eine passende Betriebsorganisation, Schulungen für die Anwender sowie entsprechende Werbung und Marketing für das Projekt innerhalb des Betriebs.

Unternehmen, die die Bedeutung des Data Warehousing erkannt haben, werden neben der Technik für eine entsprechende Betriebsorganisation sorgen, die sich in die drei Schichten aufteilt: Power-User, Front-Room, Back-Room. Das Team schließt sowohl Personen aus den Fachbereichen als auch aus der IT ein, wobei nicht jede Rolle auch einem Mitarbeiter entsprechen muss. Bei kleineren Lösungen kann ein einzelner Mitarbeiter auch mehrere der im Folgenden beschriebenen Aufgaben übernehmen.

Die Power-User sind in den Fachbereichen angesiedelt und haben typischerweise schon während der Projektlaufzeit intensiv am Aufbau des Data Warehouse mitgewirkt. Sie sind für die Qualitätsprüfung der geladenen Daten, für Ad-hoc-Datenanalysen und für die Unterstützung der anderen Nutzer des Data Warehouse zuständig. Dieser Personenkreis treibt die inhaltliche Weiterentwicklung des Data Warehouse voran.

Der Front-Room wird durch Personen aus der IT besetzt. Sie stellen Standardberichte und Data Marts bereit und helfen, das Reporting ständig zu verbessern. Des Weiteren stehen sie für Fragen zur Verfügung, die sich nicht durch die Power-User klären lassen. Der Front-Room sammelt die Anforderungen zur Weiterentwicklung des Data Warehouse und gibt diese konsolidiert an das Abstimmgremium des Data Warehouse (Steering Committee), das Prioriäten festlegt und über den weiteren Verlauf des Projekts entscheidet.

Der Back-Room wird ebenfalls durch Personen aus der IT besetzt. Er ist zuständig für den technischen Betrieb, für die Datenbankadministration und die Steuerung der Lade- und Extraktionsmechanismen. Gleichzeitig unterstützen die Back-Room-Mitarbeiter den Front-Room bei der Klärung von Fragen zum technischen Betrieb. Der Back-Room treibt die technische Weiterentwicklung des Data Warehouse voran.

Das Steering Committee genehmigt im Wesentlichen die finanziellen Mittel und legt Prioritäten von Anforderungen zur Weiterentwicklung des Data Warehouse fest. Dieses Komitee ist mit Entscheidungsträgern des Unternehmens besetzt.

Neben der Betriebsorganisation ist es sinnvoll, Service-Level-Agreements (SLAs) zu vereinbaren. Diese sollten neben der Verfügbarkeit des Data Warehouse auch die Dienstleistungen der beteiligten Rollen und Personen festlegen. Je früher ein SLA vereinbart wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Data-Warehousing-Einführung, denn die Erwartungshaltung der Nutzer muss frühzeitig beachtet werden.

Die Anwender des Data Warehouse sollten möglichst früh in die Prüfung der Datenqualität eingebunden werden, damit sich bereits vor dem Start der ersten Ausbaustufe Korrekturen vornehmen lassen. Die Zuständigkeit für die inhaltliche Qualitätsprüfung sollte auch nach dem Start des Data Warehouse in den Fachbereichen liegen. Erst wenn die zuständigen Personen "grünes Licht" für die neueste Datenaktualisierung geben, dürfen die Nutzer darauf zugreifen.

*Thomas Bichlmayer ist leitender Berater, Industrie und Handel bei CSC Ploenzke in Wiesbaden, Gunnar Weichel ist Data-Warehouse-Spezialist bei CSC Ploenzke in Hamburg.

Worauf man achten muss1. Umfang des Projekts

Machen Sie nicht alles auf einmal. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche. Starten Sie mit dem Thema oder Fachbereich, der den größten Nutzen bei vertretbarem Aufwand verspricht. Formulieren Sie eine Vision des Data Warehouse, damit jeder weiß, dass Sie viel vorhaben und keiner befürchten muss, ausgegrenzt zu werden.

2. Kooperation zwischen Fachbereich und IT

Die IT kann das Data-Warehouse-Projekt nicht alleine stemmen. Eine enge Kooperation zwischen den beteiligten Fachbereichen und der IT stellt sicher, dass keine unsinnigen Anforderungen erfüllt werden. Achten Sie auf die Verständlichkeit und benutzen Sie keine Begriffe oder Methoden, die technisch gut, aber unverständlich sind. Die Fachbereiche und die IT müssen Hand in Hand arbeiten.

3. Betrieb des Data Warehouse

Bereiten Sie Ihr Unternehmen auf den Betrieb eines Data Warehouse vor, denn es wird nicht von alleine laufen. Die Anforderungen der Fachbereiche ändern sich, weil sich das Geschäft ändert.

4. Datenbereitstellung

Seien Sie sich bewusst, dass es Probleme aufgrund der schlechten Datenqualität gibt. Nutzen Sie daher das Wissen der Quellsystem-Spezialisten und passen Sie Ihr Vorgehen dieser Situation an.

Abb.1: Nutzen und Machbarkeit

In der Matrix sind der mögliche Nutzen sowie die generelle Machbarkeit von Aufgaben bewertet. Beginnen sollte man mit den Vorhaben im rechten oberen Quadranten. Quelle: CSC Ploenzke

Abb.2: Organisation

Ein Data-Warehouse-Projekt bringt IT und Fachabteilung zusammen. Quelle: CSC Ploenzke