Erfahrungen mit Mietsoftware

12.04.2006
Von Hadi Stiel
Anwender empfehlen, Software-as-a-Service (SaaS) nicht überstürzt anzugehen. Dann kann es sich lohnen.

Die Marktforscher von IDC veranschlagen bis 2009 für die Auslagerung von Anwendungen und Prozessen ein durchschnittliches Wachstumspotenzial von 17 Prozent. Nachdem spezialisierte Anbieter wie Salesforce .com und Rightnow Technologies bereits in dieses Marktsegment vorgeprescht sind und Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM) zur Miete offerieren, motivieren die guten Aussichten mittlerweile auch Größen wie IBM, Hewlett-Packard und SAP. Die Walldorfer bieten seit kurzem CRM-on-Demand über die Hosting-Infrastruktur von IBM. Das größte deutsche Softwareunternehmen verdient zwar sehr gut am herkömmlichen Lizenzgeschäft, kann sich dem Trend aber nicht verschließen. Zumal neben IBM auch Marktgrößen wie Hewlett-Packard, Siemens Business Service (SBS) und T-Systems mit SAP-Hosting und als Full-Service-Provider auf der Welle mitschwimmen wollen.

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Anwendungen müssen reifen

"Das Auslagern von Anwendungen will überlegt sein", dämpft indes Götz Ulbrich, Senior Manager IT-Strategie beim Beratungshaus Unilog Management, überzogene Erwartungen. Viele Anbieter hätten in puncto Marktreife ihrer Anwendungsofferten noch Nachholbedarf, resümiert er seine Projektpraxis. CRM gehöre allerdings zu den Outsourcing-Sparten, in denen die Unternehmen auf professionellere Angebote und Leistungen zählen könnten.

Das tun die Verantwortlichen von Leica Microsystems, Produzent und Anbieter von optischen Hightech-Präzisionssystemen für die Analyse von Mikrostrukturen aus Wetzlar, schon seit Ende 2003. Zum umfassenden Hosting von SAP-Software beim Dienstleister SBS gehört auch CRM-on-Demand. "Wenn wir Geld ausgeben müssen, tun wir das. Aber wir überlegen uns gut, wie und wofür", sagt Anthony Claridge, Corporate IT-Director von Leica Microsystems. Er hat die Entscheidung, SBS ins Boot zu nehmen, nicht bereut, auch mit Blick auf die IT-Kosten. Sie machen Claridge zufolge nur 2,6 Prozent vom Gesamtumsatz des Unternehmens aus. Der Branchendurchschnitt liegt laut Gartner bei rund 3,8 Prozent. Dennoch sei es nicht angebracht, im ersten Schritt gleich das gesamte Know-how abzugeben, warnt der IT-Manager. Denn dies sei ein Fehler, der häufig ein Scheitern nach sich zieht.

Unilog-Manager Ulbrich plädiert dafür, bei der Auslagerung von unternehmenskritischen Anwendungen ein mögliches Misslingen vorauszubedenken und in die vertraglichen Regelungen einzubeziehen. "Mit den Anwendungen wechselt in der Regel das dafür zuständige Personal die Seite. Deshalb ist es für das Unternehmen bei Software-on-Demand wichtig, im Fall eines Scheiterns die Know-how-Träger zu reintegrieren." Andernfalls sei es äußerst schwierig, die Verantwortung für die Applikationen wieder zu übernehmen oder kontrolliert an einen anderen Hosting-Anbieter zu übergeben.

"Außerdem läuft das Unternehmen mit genügend Fachkompetenz im eigenen Haus nicht Gefahr, dass ihm der Hosting-Anbieter zum Ende der Geschäftsbeziehung besonders hohe Rückführungskosten für seine Dienste in Rechnung stellt", plaudert Insider Ulbrich aus dem Nähkästchen. Auch mit Blick auf den laufenden Betrieb sei es ungeschickt, zu viel Personal-Know-how abzugeben. "Denn dann können die Anwendungsdienste und ihr Kosten-Leistungs-Verhältnis nicht hinreichend vom Kunden überwacht und gesteuert werden."

Mit derartigen Überlegungen sah sich die Unternehmensgruppe Schneidersöhne aus Ettlingen bislang nicht konfrontiert. Der europaweit aufgestellte Papiergroßhändler hat den Betrieb seiner SAP-Software für Lagerwirtschaft und Logistik an T-Systems ausgelagert. Mehr als 8000 verschiedene Artikel pflegt Schneidersöhne im Angebot und beliefert damit allein in Deutschland über 10000 Kunden im grafischen und werblichen Bereich.

Wichtig war dem Papierhersteller zweierlei: die Betriebskosten zu senken, ohne jedoch Abstriche an der Sicherheit und Verfügbarkeit der unternehmenskritischen Anwendungen machen zu müssen. Beide Ziele hat der Papiergrossist erreicht. So konnten die Kosten um bis zu 30 Prozent gesenkt werden.

Die Einsparungen führt Dieter Lutz, CIO und Prokurist von Schneidersöhne, unter anderem auf das dynamische Prinzip der bei T-Systems abgerufenen SAP-Services zurück. "Die im Rechenzentrum des Dienstleisters georderten Kapazitäten orientieren sich nicht an unserem Maximal-, sondern dem realen Bedarf", freut sich Lutz. "Ändert sich der Nutzungsgrad einzelner Anwendungen, können wir kurzfristig bereitzustellende Kapazitäten anpassen."

Der Wettbewerb um die On-Demand-Kunden wird schärfer. Hewlett-Packard verspricht durch Bündelung aller SAP-Einheiten im HP Powerhouse "geldwerte Synergieeffekte, umgesetzt über eine vernetzte, virtuelle Organisation". IBM verweist auf sein speziell für das SaaS-Modell ausgelegtes Partnerportal und seine virtualisierten Hosting-Kapazitäten. Zudem informiert IBM seine Partner, wie sie ihre Anwendungen auf On-Demand umstellen können. Auch Oracle steigt, gestärkt durch die kürzlich abgeschlossene Übernahme von Siebel, massiv ins Hosting-Geschäft ein. Die komplette Software-Infrastruktur von der Datenbank über die Middleware bis zu den Applikationen soll es on Demand geben.

Die Anwenderunternehmen werden von dem Konkurrenzkampf profitieren und durch den dynamischen Softwareabruf ihre Betriebskosten reduzieren können. Für Peter Steidl, Geschäftsführer von Salesforce.com für den deutschsprachigen Raum, steht außer Frage: "CRM-on-Demand hat den Softwaremarkt revolutioniert." (ba)