Wider den All-in-Tagessatz

Engagierte IT-Freiberufler gibt es nicht zum Schnäppchenpreis

23.07.2014
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All you can eat - an dieses Angebot von Fast-Food-Ketten fühlt sich ein IT-Freiberufler erinnert, wenn mit einem fixen Tagessatz alles abgegolten werden soll. Das geht gut, solange der Kunde keine Gourmet-Leistungen erwartet.

In meinem vorigen Projekt waren zwei Kollegen aus den USA. Das Highlight in dieser Zeit war der Mittwochabend. Dann wollten meine amerikanischen Freunde zur Fastfood-Kette ihres Vertrauens, die ein ein prächtiges und verlockendes All-You-Can-Eat-Buffet aufgebaut hatte. Die Amis liebten diese Art der Nahrungsaufnahme: einmal zahlen und dann so viel essen wie rein passt.

So viele Bruger essen wie man kann, die Präferenz der amerikanischen Projektkollegen kann IT-Freiberufler Oliver Knittel noch nachvollziehen. Die All you can eat-Mentalität einiger Kunden nicht.
So viele Bruger essen wie man kann, die Präferenz der amerikanischen Projektkollegen kann IT-Freiberufler Oliver Knittel noch nachvollziehen. Die All you can eat-Mentalität einiger Kunden nicht.
Foto: Marco Mayer, Fotolia.com

All You Can Eat gibt es auch in der Freiberuflerszene. Nur dort heißt es All-In-Tagessatz. Der Sündenfall fing damit an, dass der Kunde einen Tagessatz inklusive der Reisekosten haben wollte. Dies ist noch nachvollziehbar, weil sich ja bei fleißigem Hin- und Her-Jetten eine Menge Belege ansammeln, die ja nur durchgereicht und doppelt verwaltet werden. Dann wurde All In verfeinert. All In bedeutete irgendwann auch eine Deckelung der gezahlten Stunden auf eine maximale Arbeitszeit von 8 Stunden. Dies wird oft von den zwei folgenden weiteren Regelungen begleitet:

1. Montags nicht nach 9:00 Uhr kommen

2. Freitag ist ein normaler 8-Stunden-Arbeitstag

Aus Sicht des Kunden sind solche Regelungen verständlich. Besonders dann, wenn der hoch bezahlte Herr Freiberufler am Montagmittag herein schwebt, weil er ja seinen Schönheitsschlaf nicht verpassen darf. Sogleich wird er von der Projekttruppe mit einem lauten "Mahlzeit" begrüßt. Oder auch sehr nett: Der Freiberufler schwebt Donnerstagnachmittag um 14:00 Uhr von dannen, weil dann die Flüge so schön billig sind. Seine Reise ins Wochenende wird lakonisch von seinen Kollegen kommentiert: "Na wieder einen halben Gleittag genommen?" Wenn die eigene Angestelltentruppe noch schuften muss, ist das nicht immer gut für die Moral im Projekt. Neiddiskussionen bleiben da nicht aus. Andererseits lässt ein Freiberufler nach 8 Stunden nicht automatisch den Griffel oder die Maus fallen. So ist er dann auch nicht begeistert und motiviert, wenn er dafür nicht mehr bezahlt wird.

Fast food oder Gourmet-Menü?

Hier ist ein ähnlicher Interessenkonflikt wie im All You Can Eat-Lokal:

- Der Gast möchte möglichst viel futtern und ganz sicher nicht hungrig nach Hause gehen.

- Der Wirt möchte möglichst viel verdienen. Der Preis muss sich schließlich darstellen lassen.

Dies ist auch in Ordnung, da ja jeder der Beteiligten weiß, worauf er sich einlässt. Was ich mir jedoch in der Restaurant- wie in der Freiberuflerszene wünsche, ist der Erhalt der Vielfalt. Wenn ich Lust auf Fast Food oder All You Can Eat habe, um die amerikanischen Projektkollegen zu bespaßen, sollte es hierfür Angebote geben. Wenn ich aber meinen Gaumen verwöhnen will und zum Sternekoch gehen möchte, sollte auch dies möglich sein.

Genauso sollten sich Auftraggeber von Freiberuflern überlegen, ob sie Fastfood oder Gourmet-Essen wollen. Gourmet-Essen gibt es nicht zum Fast-Food Preis. Genauso wenig gibt es motivierte und engagierte Freiberufler im All In-Korsett.

Der Artikel erschien im IT-Freelancer-Magazin.

Noch mehr von Oliver Knittel über Vermittler und Freiberufler

Oliver Knittel (o.knittel@insure-it.de) schreibt für das IT-Freelancer Magazin die Kolumne "Freiberufler-Spitzen". Für die COMPUTERWOCHE wird er in einer Sommerserie das Verhältnis Freiberufler - Projektvermittler unter die Lupe nehmen.
Oliver Knittel (o.knittel@insure-it.de) schreibt für das IT-Freelancer Magazin die Kolumne "Freiberufler-Spitzen". Für die COMPUTERWOCHE wird er in einer Sommerserie das Verhältnis Freiberufler - Projektvermittler unter die Lupe nehmen.
Foto: Privat

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