Engagement fuer Hyperwork aufgegeben Der Rueckzug von IBM treibt den OO-Anbieter PBS in den Konkurs

15.07.1994

MUENCHEN (ciw) - Die 51prozentige IBM-Tochter Professional Business Software GmbH (PBS), Kiel, hat am Freitag vergangener Woche Konkurs angemeldet. Weil die Mehrheitseignerin ein weiteres Engagement ablehnt, duerfte auch die objektorientierte Entwicklungsumgebung "Hyperwork", die die Kieler entwickelt haben und zusammen mit der IBM zu vertreiben suchten, den Weg alles Irdischen gehen. Die Stelle von Hyperwork wird wahrscheinlich das IBM-eigene OO-Tool "Visual Age" einnehmen.

"Die IBM wird sich nicht weiter fuer die PBS und fuer Hyperwork engagieren", erklaert ein Mitarbeiter des Softwarehauses, an dem sich die IBM im Dezember 1993 mit 51 Prozent beteiligt hatte. Mit der fehlenden Unterstuetzung der Stuttgarter seien die Umsatzplaene Makulatur und die finanziellen Schwierigkeiten so gross, dass "wir aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen. Unsere Kapitaldecke ist zu duenn, um weiterzumachen. Ausserdem sind wir nicht mehr liquide", begruendet der die Oeffentlichkeit scheuende PBS-Mann den Gang zum Konkursrichter. Fuenf Millionen Mark Schulden sollen sich aufgehaeuft haben. Eine erneute Sanierung lehnt die IBM ab.

IBM-Beteiligung half der PBS aus der Krise

Noch Ende letzten Jahres schien den Stuttgartern die objektorientierte Datenbank Hyperwork so zukunftstraechtig, dass sie dem in Liquiditaetsprobleme geratenen Vertriebspartner PBS mit einer Mehrheitsbeteiligung (51 Prozent) aus der Bredouille halfen. Gemeinsam entwickelten die Partner einen Business-Plan fuer 1994, der einen Umsatz von 6,5 Millionen Mark vorsah. Dabei, so die Quelle, sollte die eine Haelfte aus Lizenzeinnahmen kommen, die andere aus dem Projektgeschaeft mit Hyperwork.

IBM verpflichtete sich, den Logo-Partner durch Vertriebsaktionen, Messeveranstaltungen und andere Marketing-Massnahmen zu unterstuetzen. Die PBS sollte sich auf die Weiterentwicklung des Produktes und das Projektgeschaeft konzentrieren. Das Lizenzgeschaeft wollte nach Darstellung des PBS-Mitarbeiters in erster Linie die IBM besorgen. "Man hat uns gesagt, dass wir keine eigene Vertriebsmannschaft aufzubauen brauchen, weil es ja bei der IBM eine Vertriebsorganisation gebe."

Der Hyperwork-Verkauf lief sehr schleppend

Im Mai 1994 war nach Darstellung der IBM eine Korrektur des Business-Plans nach unten unausweichlich. "Die Geschaeftsfuehrung der PBS hatte nach der CeBIT '94 den Eindruck, Hyperwork habe den Durchbruch geschafft. Diese Annahme war jedoch leider falsch", erklaerte Joachim Langmack, Leiter Beratung Informationssysteme bei der IBM und verantwortlich fuer die Partnerschaft mit der PBS. Hyperwork-Lizenzen seien auch nach der intensiven Praesentation in Hannover, die von der IBM unterstuetzt worden waren, nur schleppend verkauft worden. Dabei, so Langmack weiter, sei die IBM nur einer von mehreren Partnern fuer den Lizenzvertrieb gewesen, PBS- Vertriebspartner haetten in diesem Geschaeft ebenfalls taetig werden sollen.

Der IBM-Mann sieht die Gruende fuer das schlechte Abschneiden von Hyperwork in seiner proprietaeren Struktur. Deshalb sei das Produkt im eigenen Vertrieb auch "nicht sehr gepusht" worden. Allein mit Einnahmen aus dem Service- und Projektgeschaeft liesse sich ein weiteres PBS-Engagement nicht finanzieren. Zudem verfuege die IBM ab Herbst mit Visual Age ueber eine in Smalltalk geschriebene Entwicklungsumgebung, die offene Standards unterstuetze.

Martin Roesch, Chef der Roesch Consulting, wirft der PBS vor, die Objektstandards nur halbherzig implementiert zu haben: "Der Markt kotzt diese inkonsequenten Hersteller wieder aus." Nur durch das Engagement der IBM habe Hyperwork eine gewisse Bedeutung erlangt.

Die fehlenden Lizenzeinnahmen bestaetigt auch der PBS-Mann. Seinen Ausfuehrungen zufolge haben die Stuttgarter in diesem Jahr null bis eine Hyperwork-Lizenz verkauft. "Mit dem Projektumsatz den wir zwischen Januar und Juni realisierten, liegen wir im Plan. Zusammen mit den Projekten, die bei der IBM laufen, haetten wir das Jahressoll erreicht." Durch den Rueckzug der Stuttgarter seien diese allerdings auch gestorben.

Fuer den ausbleibenden Lizenzverkauf sieht der Softwerker indes andere Gruende. Der Vertrieb sei nicht engagiert genug betrieben worden, ausserdem habe Hyperwork immer weniger in die OO-Strategie der IBM gepasst. Diese habe mit Visual Age Ende Mai ein Produkt angekuendigt, das mit Hyperwork konkurriere: "Das war wohl intern frueher bekannt, und da hatte der Vertrieb wahrscheinlich Schwierigkeiten, Hyperwork und Visual Age im Markt zu positionieren."

IBM garantiert die langfristige Wartung

Hyperwork-Anwender, beispielsweise Radio Bremen, die DVG-Hannover oder das Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen fragen sich, wie es weitergeht. In einem internen Memo der IBM ist lediglich zu lesen: "Es wird sichergestellt, dass IBM die Wartungsverpflichtungen gegenueber den Hyperwork-Kunden erfuellen kann."

Wie Big Blue diese Aufgabe loesen will, ist noch nicht bekannt. Insider schliessen nicht aus, dass einer der bisherigen PBS- Vertriebspartner in die Vertraege einsteigt.