Empfehlungen der Walldorfer in den Wind geschlagen Hortens Sonderweg beim Wechsel von R/2 auf R/3

27.01.1995

MUENCHEN (hv) - R/2-Kunden des Walldorfer Softwarehauses SAP AG raetseln, wie sie unbeschadet in die schoene neue Client-Server-Welt wechseln koennen. Eine mutige Strategie hat die Duesseldorfer Horten AG gewaehlt: Waehrend SAP ihren R/2-Anwendern das Release 5.0 als Basis fuer eine Migration auf die modernere R/3-Software empfiehlt, hat sich die Kaufhauskette zu einem Wechsel von R/2 4.3J aus entschieden.

"Die Migration selbst war schwieriger als erwartet", raeumt Projektleiter Wolfgang Gepp ein; letztlich habe man eine deutlich hoehere Rechnerlaufzeit benoetigt als zuvor veranschlagt. Im Gegensatz zur reinen Migrationsphase sei jedoch das viermonatige Gesamtprojekt, in dem Finanz- und Anlagenbuchhaltung (RK, RF und RA) umgestellt wurden, planmaessig verlaufen.

Horten hat den Softwarewechsel mit Hilfe eines Migrationswerkzeugs von der SRS Software- und Systemhaus Dresden GmbH bewaeltigt. Dabei handelt es sich um einen Robotron-Nachfahren mit rund 300 Mitarbeitern, der heute zu je 50 Prozent in Besitz der SAP AG und der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG ist. Die R/3-Software laeuft auf IBM-Rechnern der RS/6000-Reihe.

Der von SAP empfohlene Koenigsweg der Migration ueber das R/2- Release 5.0 wurde aus zeitlichen und finanziellen Gruenden verworfen. "Wir haetten unseren Host in jedem Fall aufruesten muessen, wenn wir Release 5.0 eingefuehrt haetten", kritisiert Gepp. Ausserdem waere eine aeusserst aufwendige Migration der stark individualisierten Module fuer Warenwirtschaft und Vertrieb faellig geworden - und daran war Horten nicht interessiert.

Diesen wettbewerbskritischen Bereich wollen die Rheinlaender erst dann mit der Client-Server-Software der SAP unterstuetzen, wenn die Walldorfer ihr angekuendigtes Spezialangebot fuer den Handel bereitstellen koennen.

Zur Zeit ist das Softwarehaus damit beschaeftigt, die Handelsloesung "Dispos II" von der mehrheitlich uebernommenen Dacos Software GmbH, St. Ingbert, als Warenwirtschaftssystem in die eigene R/3- Produktpalette zu integrieren. An dem neuen System ist der gesamte Kaufhof-Konzern interessiert.

Bis die SAP diese Anwendung fertiggestellt hat, will Horten nicht mit seinem R/2-Warenwirtschafts- und Vertriebssystem weiterarbeiten. Aus Gruenden der konzernweiten Vereinheitlichung nutzt die Kaufhauskette kuenftig die Host-basierte Individualloesung ihrer Koelner Muttergesellschaft Kaufhof. Dabei nimmt man laut Gepp voruebergehend die Erstellung "extremer Schnittstellen" zwischen dem R/3-Rechnungswesen und der Mainframe-Software in Kauf.

Solange jedoch die Anbindung an das Kaufhof-System noch nicht erfolgt ist, bleibt die komplette R/2-Software parallel zum R/3- Rechnungswesen im Einsatz. Auch am Rechnungswesen der Mainframe- Software muss Horten aus Gruenden der Datenkonsistenz erst einmal festhalten.

Die taegliche Uebertragung von Daten zwischen beiden Systemwelten ist bis auf weiteres unvermeidlich, da nur so gewaehrleistet werden kann, dass Buchungen in den verschiedenen Systemwelten jeweils in der gesamten SAP-Umgebung nachvollzogen werden.