Integration der Informatik in die Ingenieur-Studiengänge an wissenschaftlichen Hochschulen:

Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik

20.06.1986

Entwicklungen in der Informatik, und damit verbunden der technische Wandel, besitzen wachsenden Einfluß auch auf das Ingenieurwesen. Die gerade fertig ausgebildeten Ingenieure indes sind auf diese neuen Herausforderungen der Betriebspraxis nur unzureichend vorbereitet. Eine Studienreform, wie sie die Gesellschaft für Informatik in Bonn vorschlägt, sieht deshalb Informatik besonders bei der Grundausbildung als ergänzenden inhaltlichen Schwerpunkt - für die Elektrotechnik, das Bauingenieurwesen sowie den Maschinenbau.

Die gegenwärtige wirtschaftliche und technische Entwicklung in praktisch allen Ingenieur-Berufsfeldern ist gekennzeichnet durch

- steigenden internationalen Wettbewerb, gepaart mit verstärkter internationaler Zusammenarbeit und Arbeitsteilung.

- wachsende Anforderungen an Komplexität, Qualität und Preiswürdigkeit der Produkte und Lösungswege,

- kürzere Entwicklungszyklen und verstärkter Einsatz modernster Technologie,

- Automatisierung der Entwicklung und Produktion.

Eine Schlüsselstellung in der technischen Entwicklung nimmt heute der Computer ein. Nur wer mit komplexen Rechnersystemen umgehen kann und die moderne Softwaretechnologie beherrscht, wird sich längerfristig behaupten können.

Die Herausforderung an die Ingenieurwissenschaften lautet: Wie können die neuen Möglichkeiten des Computers genutzt werden, um Material, Energie und Arbeitskraft rationell einzusetzen beziehungsweise um technologisch höherwertige Problemlösungen anzubieten? Die Aufgabe ist hochrangig und muß an den ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten und unverzüglich angepackt und einer Lösung zugeführt werden.

Die Informatik hat sich in der Bundesrepublik Deutschland um 1967 als Studienfach, aber auch als eigenständige Wissenschaft etabliert.

Computer - und die damit verbundenen Technologien - beziehen ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten nicht zuletzt aus der freien Programmierbarkeit. Wo immer Computer benutzt, Daten gespeichert und verarbeitet, Vorgänge gesteuert und geregelt, Daten übertragen und umgeformt werden, ist Software, sind Programme erforderlich. Programme sind aber immer konkrete programmiersprachliche oder hardwaremäßige Realisierungen von Algorithmen. Es ist klar, daß deshalb der Begriff des "Algorithmus" die zentrale abstrakte Begriffsbildung der Informatik ist, die allen Teildisziplinen der Informatik gemeinsam ist.

Informatik und Wissenschaft - eine Ingenieurdisziplin

Die Informatik begreift sich selbst als eine Ingenieurdisziplin. Die wesentliche Aufgabe für den Informatiker ist, von einem praktischen Problem zu einem Lösungsalgorithmus zu kommen. Hierbei ist die Abstraktion besonders wichtig, das heißt das Weglassen der im Hinblick auf die angestrebte Lösung vernachlässigbaren Details: Dies liefert in der Regel auch eine Reduktion der konkreten Sachverhalte auf (abstrakte) Datenstrukturen. Wie der Begriff des Algorithmus ist deshalb auch der Begriff der "Datenstruktur" als Repräsentation algorithmisch verarbeitbarer Information von zentraler Bedeutung.

Häufig gelingt es durch Abstraktion auch einen Lösungsalgorithmus für eine Klasse von Problemen zu finden beziehungsweise ein Problem einer Klasse zuzuordnen, für die Lösungen bereits bekannt und nach ihrer Leistungsfähigkeit systematisiert sind.

Das Auffinden eines Algorithmus ist eine kreative Tätigkeit, die dem ingenieurmäßigen Entwerfen vergleichbar ist. Sie wird unterstützt von einer Vielzahl von Methoden, Techniken und Hilfsmitteln, die die Informatik heute zur Verfügung stellt. Die Realisierung eines Algorithmus als Software oder Hardware ist eine komplexe Konstruktionsmöglichkeit, bei der technische wie auch ökonomische Randbedingungen zu berücksichtigen sind. Deshalb gehört zur Tätigkeit des Informatikers nicht nur, syntheisierend Losungsalternativen zu erarbeiten, sondern auch diese analysierend nach Aufwand und Kosten zu bewerten und so Lösungen zu schaffen, die den Anforderungen des konkreten Anwendungsfalls möglichst optimal gerecht werden.

Der Informatiker hat für diese Tätigkeit ein umfangreiches Grundlagenwissen zu erwerben, das ihm speziell bei der Bewältigung der Komplexität seiner Systeme und der Sicherung der korrekten Funktionsweise helfen soll. Es macht dabei den besonderen Charakter der Informatik aus, daß sie sich bei ihren ingenieurmäßigen Vorgehensweisen weitgehend formaler Methoden bedienen kann, denn Programme sind ja wegen ihrer formalen Syntax und Semantik immer auch formale Objekte.

Die weitreichende Anwendbarkeit der Prinzipien der Informatik macht sie zu einer Grundlagenwissenschaft für alle Gebiete der Ingenieurwissenschaften.

Die "Informatikmethode", also das Lösen von Problemen durch Algorithmen und ihre Realisierung durch Hardware und Software hat als eine Basisinnovation Grundlagencharakter für unsere Zivilisation. Zur technischen Bildung wird es künftig gehören, in einem bestimmten Mindestumfang auch den Einsatz des Computers als Werkzeug beziehungsweise als Komponente technischer Systeme zu verstehen.

Der Schlüssel dazu ist die Fähigkeit zum "algorithmischen Denken", wobei es insbesondere um die Bewältigung der Komplexität des zu lösenden Problems und auch um die Beherrschung der Komplexität seiner algorithmischen Lösung geht. Dies erfordert eine intellektuelle Leistung, wie sie beim Schreiben eines kleinen Programms in der Regel nicht gefordert wird. Die Informatik vermittelt also nicht etwa leicht erlernbare Fertigkeiten für den Umgang mit Computern (der Computer als "black box"), sondern ein systematisches, ingenieurmäßiges Konzept für das Finden von Problemlösungen auf der Basis eines breiten Grundlagenwissens .

Der gegenwärtige Stand: Angebote unterschiedlich

In praktisch allen Ingenieur-Studiengängen besteht heute eine Programmierausbildung, wobei diese Lehrveranstaltungen zum Teil schon seit vielen Jahren angeboten werden. Ansonsten ist das Informatikangebot von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Es sollte hier nicht verschwiegen werden, daß solche Programmierkurse in einzelnen Ingenieurstudiengängen als Ferienkompaktkurse durchgeführt werden, also im Semesterwochenstunden-Volumen gar nicht in Erscheinung treten. Eine gewisse Sonderstellung nimmt die Elektrotechnik ein, da Mikroprozessoren, integrierte Digitalschaltungen und so weiter zu den Standardbaugruppen gehören. Das führt dazu, daß in einigen Elektrotechnikinstituten sehr informatikbezogen gearbeitet wird - mit entsprechenden Lehrangeboten auch für die Studenten.

Im Maschinenbau gibt es vereinzelt die Möglichkeit, sich intensiver zum Beispiel mit CAD/CAM, CAP, CAE zu beschäftigen. Dieser Stoff muß aber vielfach ohne die notwendige Informatikgrundausbildung angegangen werden, woraus dann leicht eine oberflächliche, nur auf Bedienungsprobleme zugeschnittene Betrachtungsweise resultiert.

Insbesondere in den Maschinenbaufakultäten scheint noch weitgehend die Meinung vorzuherrschen, daß der angehende Diplom-Ingenieur sich die benötigten Informatikgrundlagen selbst nebenbei aneignen sollte. Diese Einstellung kann heute nicht mehr gutgeheißen werden, denn sie wird der volkswirtschaftlichen Bedeutung der modernen Technologien nicht gerecht. Selbststudium der Informatik funktioniert letztendlich ebensowenig wie die autodidaktische Aneignung von Grundlagenwissen in den anderen Wissenschaften.

Im Bauingenieurbereich wurde ein Arbeitskreis "Bauinformatik" gegründet, der das Ziel verfolgt, die Informatik auf Neben- oder Wahlfachbasis stärker in das Bauingenieurstudium zu integrieren. Dieser Arbeitskreis betont insbesondere auch den Grundlagencharakter der Informatik. Ansonsten beschränkt sich das Lehrangebot auf Programmierkurse und fortgeschrittene anwendungsbezogene Spezialvorlesungen, zum Beispiel Finite-Elemente-Verfahren.

Der Fakultätentag Informatik hat sich bereits 1983 veranlaßt gesehen, Empfehlungen für das in verschiedenen Fächern benötigte Nebenfach "Informatik" auszusprechen. Die in der Sitzung vom 11. November 83 in Frankfurt verabschiedete Empfehlung besagt unter anderem:

Bei der Zusatzausbildung in Informatik an wissenschaftlichen Hochschulen können im wesentlichen drei Modelle unterschieden werden.

a) Programmierkurse

b) Anwendungsfach Informatik

c) Nebenfach Informatik

Die Programmierkurse werden oft unter der Regie der Hochschulrechenzentren durchgeführt - zum Teil mit einem recht detaillierten, auf die Bedürfnisse der Benutzer zugeschnittenen Kursprogramm. Sie beinhalten in der Regel keine Ausbildung mit wissenschaftlicher Zielsetzung und können daher nur eine propädeutische Funktion übernehmen. Das Nebenfach hat einen Anteil von 1/6 bis 1/4 des Gesamtstudiums, enthält also bis zu 40 Semesterwochenstunden an Lehrveranstaltungen. Das Anwendungsfach Informatik fällt demgegenüber stark ab und kann daher auch qualitativ nicht mit einem Nebenfach verglichen werden.

Im Nebenfach soll Grundlagenwissen der Informatik vermittelt werden mit dem Ziel, Anwendungen der Informatik im eigenen Fach entwickeln zu lernen und die wissenschaftliche Entwicklung der Informatik im Hinblick auf das eigene Fach verfolgen zu können. Die Ausbildung im Anwendungsfach konzentriert sich lediglich auf die Vermittlung von anwendungsspezifischem Informatikwissen.

Das verhältnismäßig hohe Stundenvolumen sowohl des Nebenfachs als auch des Anwendungsfachs ist gegenwärtig nur in Ausnahmefällen in Ingenieur-Studiengängen unterzubringen. Damit wird die Empfehlung des Fakultätentags Informatik erheblich zu modifizieren und speziell für die Ingenieurstudiengänge weiterzuentwickeln. Bei der Eingliederung der Informatik in Ingenieurstudiengänge müssen beide Aspekte der Informatik - ihre ingenieurmäßigen Vorgehensweisen und ihre Abstützung auf formale Methoden - Berücksichtigung finden. Der zweite Aspekt insbesondere - aber keinesfalls dieser allein - erfordert eine sorgfältige Grundlegung. Die Informatik ist eine in ihrer Bedeutung der Mathematik und der Physik vergleichbare Grundlagenwissenschaft des Ingenieurwesens geworden. Da die Grundlagenfächer in der Regel bereits im Grundstudium gelehrt werden sollten, muß auch die Informatik bereits im Grundstudium angeboten werden.

Anders als in den meisten naturwissenschaftlichen Studiengängen haben sich bei den Ingenieuren nur Studienangebote bewährt, die in den Prüfungsordnungen im Pflicht- beziehungsweise Wahlpflichtpensum verankert sind. Dies muß auch für die Informatikgrundausbildung gefordert werden. Falsch wäre es, sich damit noch viel Zeit zu lassen, denn Prüfungsordnungsänderungen erfolgen heute wegen langwieriger Verabschiedungs- und Genehmigungsverfahren sehr schleppend. Um zum Beispiel 1990 eine nennenswerte Berücksichtigung der Informatik in den Ingenieur-Studiengängen zu erreichen, müssen die Fakultäten beziehungsweise Fachbereiche bereits jetzt mit diesem Ziel tätig werden.

Ein qualitativ hochwertiges Lehrangebot erfordert insbesondere, daß die Informatik-Grundlagenvorlesungen von den Informatik-Fachbereichen angeboten werden. Dieses Prinzip wird vom Fakultätentag Informatik nachdrücklich vertreten. Erst bei fortgeschrittenen, eher auf spezifische Anwendungen in der jeweiligen Ingenieur-Disziplin zugeschnittenen Lehrveranstaltungen sollten die Ingenieurfakultäten ihre eigenen Experten einsetzen - das wird heute ja vielfach schon so gehandhabt. Die Vorteile einer soliden Grundausbildung in Informatik werden sich dabei für das Hauptfach positiv auswirken, da man sich viel stärker auf fachspezifische als auf Informatikprobleme konzentrieren kann. Bisher sind solche fortgeschrittenen, anwendungsorientierten Informatik-Lehrveranstaltungen oft an der zu geringen Vorbildung der Ingenieurstudenten gescheitert.

Die bisher schon im Rahmen des Ingenieurstudiums durchgeführte Programmierausbildung sollte homogen in die Informatikgrundausbildung integriert werden. Auch das Informatikstudium kennt ja keine separaten Programmierkurse - und diese Vorgehensweise hat sich sehr bewährt. Die Grundvorlesung in Informatik soll insbesondere soviel Informatikkompetenz vermitteln, daß die Erlernung spezifischer Programmiersprachen-Details problemlos zum Beispiel in Semesterkursen möglich ist.

Die Informatik sollte nur in fachspezifischen Fällen (zum Beispiel Robotik) das Hauptbetätigungsfeld des Ingenieurs darstellen. Der Ingenieur kann den voll ausgebildeten Diplom-Informatiker nicht ersetzen. Wichtigstes Ziel muß es sein, die Grundlagen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu legen: Der Ingenieur soll die Terminologie und Denkweise des Informatikers "verstehen".

Oft muß er selbst Informatikprobleme bearbeiten. Dabei ist eine gewisse Grundlagenkompetenz erforderlich. Der Ingenieur sollte insbesondere bei einer neuen Problemlösung stets die algorithmisierbaren Arbeitsanteile erkennen und ihre Komplexität beurteilen können. Er muß heute zunehmend komplexe Hardware-Software-Systeme - als Werkzeug oder als Bauteil - in seine Arbeit einbeziehen, was nicht nur zu vordergründigen Bedienproblemen, sondern auch zu grundsätzlichen Verständnisschwierigkeiten führen kann, die überwunden werden müssen.

Diese globalen Lernziele werden am besten durch eine gezielte Grundausbildung in Informatik erreicht. Sie soll die Fähigkeit entwickeln, Probleme auf algorithmischem Wege und unter sinnvollem Einsatz von Rechnern zu lösen.

Die wichtigsten Grundlagen der Informatik für die Ingenieure werden in einer zweisemestrigen Grundvorlesung (mit Übungen) vermittelt, die mindestens folgenden Umfang haben muß:

Grundlagen der Informatik für Ingenieure I (3V + 1Ü)

Grundlagen der Informatik für Ingenieure II (2V + 1Ü)

Eine erfolgreiche Vermittlung des empfohlenen Lehrstoffes ist ohne praktische Übungen am Rechner und eventuell in Kleinübungsgruppen unter Leitung erfahrener Tutoren nicht möglich. Daher sind die Übungen ein unverzichtbarer Teil dieser Lehrveranstaltung.

Im Mittelpunkt dieser Grundvorlesung stehen "Algorithmen und Programmkonstruktion", insbesondere

- Problemspezifikation

- Algorithmenentwurf

- Analyse der Korrektheit

- Zeit- und Speicherbedarf, Aufwandsabschätzung

- Umsetzung in eine höhere Programmiersprache (strukturierter Programmentwurf)

- Softwaresysteme und Softwaremanagement

Der inhaltliche Aufbau könnte der folgenden Gliederung entsprechen: A. Vom Problem zum Algorithmus

- Spezifikation von Problemen

- Analyse von Anforderungen

- Präzise verbale und mathematische Ausdrucks- und Beschreibungsweisen

- Sachgerechte, korrekte Programm- beziehungsweise Systemspezifikation

- Entwurf der Algorithmen aus der Spezifikation

- Entwurfsmethoden zum Beispiel Methode des schrittweisen Verfeinerns

B. Vom Algorithmus zum Programm

- Einführung in eine höhere Programmiersprache

- Syntax und Semantik der elementaren Anweisungen und Vereinbarungen

- Programme, Funktionen, Prozeduren, Dateien

- Modularisierung von Problemen und Programmen durch systematischen Programmaufbau

- Testen und Verifizieren von Programmen

- Beurteilung von Programmen, Aufwandsberechnungen und Abschätzungen für den Zeit- und Speicherbedarf

- Datenstrukturen und ihre Implementierung

- Such- und Sortierverfahren

C. Systeme

- Dateistruktur und Datenbanken

- Betriebssysteme und verteilte Systeme

- Programmierumgebung und Benutzeroberfläche

- Programmbibliotheken

- Softwaremanagement und Dokumentation

Zur Abrundung dieser Grundvorlesung können Programmierkurse dienen. Dafür müssen zusätzlich 2 SWS zur Verfügung stehen, was jedoch alternativ auch durch Kompaktkurse in der vorlesungsfreien Zeit abgedeckt werden kann. Allerdings sollte dies nach der Vorlesung erfolgen und das in der Vorlesung Gelernte voraussetzen.

In Studiengängen mit starkem Informatikbezug sind zusätzliche Lehrveranstaltungen sinnvoll, so zum Beispiel Grundlagen der technischen und/oder der theoretischen Informatik.

Das didaktische Konzept dieser auf verhältnismäßig wenige Semesterwochenstunden reduzierten Informatik-Grundausbildung muß durch Leistungskontrollen zum Beispiel in Gestalt einer schriftlichen Diplomvorprüfung, abgesichert werden. Dabei soll der Student nachweisen, daß er Probleme in Algorithmen umsetzen, Algorithmen und Datenstrukturen entwerfen und aufeinander abstimmen sowie Korrektheits- und Aufwandsaussagen herleiten kann. Das eher enzyklopädische Wissen über Details von Softwaresystemen ist zwar beim praktischen Umgang mit Rechnern ebenfalls wichtig, sollte aber bei der Leistungskontrolle zugunsten der Kerninhalte der Grundausbildung zurücktreten.

Spezifische Empfehlungen für das Hauptstudium erscheinen weit weniger dringlich als für das Grundstudium, denn in vielen Ingenierstudiengängen werden bereits heute Spezialvorlesungen mit starkem Informatikbezug angeboten, weil auf manchen Gebieten eine qualifizierte Lehre anders gar nicht mehr möglich ist. Im Hauptstudium sind oft mehrere Wahl- beziehungsweise Vertiefungsfächer wählbar, so daß die Integration der Informatik strukturell kaum Probleme aufwirft. Ganz allgemein muß im Hauptstudium zwischen fortgeschrittenen Informatikvorlesungen und Fachvorlesungen mit Informatikanwendungen unterschieden werden.

Die fortgeschrittenen Informatikvorlesungen werden in der Regel vom Fachbereich Informatik angeboten. Durch die Informatik-Grundausbildung sollen sich die Ingenieure insbesondere die notwendige Vorbildung aneignen, um auch Vorlesungen der Informatik wie zum Beispiel

- Betriebssysteme

- Datenbanken und technische Informationssysteme

- Datenfernverarbeitung

- Expertensysteme

- Maschinennahes Programmieren

- Modellierung und Simulation diskreter Systeme

- Parallele Algorithmen

- Programmkonstruktion

- Prozeßdatenverarbeitung

- Rechnernetze

- Robotik

besuchen zu können.

Die Fachvorlesungen mit Informatikanwendungen sollen aus den Ingenieurdisziplinen kommen. Beispiele für solche Lehrveranstaltungen können sein:

- Digitales Messen und Regeln im Maschinenbau

- Finite-Elemente-Methoden im Bauingenieurwesen

- Rechnerunterstütztes Entwerfen und Konstruieren im Maschinenbau

- Rechnergeführte Fertigung

Die Vorlesungsverzeichnisse mancher Ingenieurfakultät zeigen vielfach schon erhebliche Anteile solcher auf die Anwendung von Rechnern zugeschnittenen Vorlesungen.

Aufbaustudium:

Das an wenigen deutschen Universitäten angebotene Aufbaustudium in Informatik soll es jungen Hochschulabsolventen ermöglichen, sich vertieftes Wissen in Informatik anzueignen. Insbesondere dient es auch der Zusatzausbildung für wissenschaftliche Laufbahnen.

In zwei bis vier Semestern werden fortgeschrittene Themen bearbeitet mit dem Ziel, eine fundierte Zweitqualifikation in Informatik zu erwerben. Ein sinnvolles Aufbaustudium setzt ein fundiertes Grundlagenwissen voraus. Das Weitere regeln die örtlichen Ordnungen für das Aufbaustudium.

Neue Studiengänge:

Mit großem Interesse werden Diskussionen um neue Studienmodelle bei den Maschinenbauern und Bauingenieuren verfolgt. Ziel dieser Vorstellungen ist es, einen wesentlich stärkeren Informatikanteil in die klassischen Ingenieurstudiengänge zu integrieren, was aber nur durch eine nachhaltige Umgestaltung zu erreichen ist: Das heute so drängende Problem der unzureichenden Informatikgrundausbildung kann auf diese Weise zwar etwas gemildert, aber nicht gelöst werden.

Die stärkere Berücksichtigung der Informatikgrundlagen in den Ingenieurstudiengängen eröffnet neue Chancen, zum Beispiel für fächerübergreifend angelegte Diplomarbeiten und Promotionen. Wie sehr die Informatik ohnehin mit den Ingenieurwissenschaften in einer positiven Wechselbeziehung steht, erkennt man daran, daß nahezu alle größeren Technischen Universitäten bereits seit langem über eigene Fachbereiche in Informatik verfügen während die Informatik an anderen wissenschaftlichen Hochschulen nur in Ausnahmefällen mit einem Vollstudium vertreten ist.

Daher sollte die Integration der Informatik in die Ingenieurstudiengänge in enger Zusammenarbeit mit den vorhandenen Informatikfachbereichen durchgeführt werden. Insbesondere ist dabei auch zu klären, inwieweit die Berücksichtigung der Informatik mit Entlastungen im übrigen Stundenplan verbunden sein kann.