Rationalisierungsschub in der DDR, aber:

Einsatz von Robbies nicht effektiv genug

18.03.1983

Der forderte Einsatz von Industrierobotern hat in der DDR bisher nicht den erwarteten Effektivitätsgewinn gebracht. Entwicklung und Produktion der Handhabungsautomaten stehen gleichwohl offiziell im Mittelpunkt der Rationalisierungsbemühungen. Trotzdem will eine von der "Kammer der Technik der DDR" erstellte Studie herausgefunden haben, daß nur 25 Prozent der zur Zeit eingesetzten eisernen Kollegen tatsächlich wirtschaftlich arbeiten. Darüber hinaus sieht sich die DDR mit der Frage konfrontiert: Wohin mit den wegrationalisierten Arbeitskräften?

Noch in den siebziger Jahren gab es so gut wie keinen Bericht über den Stand von Entwicklung und Einsatz von Industrierobotern in der DDR. Zunächst galten die staatlichen Aktivitäten in den Jahren ab 1977/78 dem Aufbau einer eigenen Mikroelektronikindustrie. Erst auf der Grundlage der hier realisierten Ergebnisse und den daraufhin gegebenen Möglichkeiten einer Produktionsrationalisierung gab die Partei- und Wirtschaftsführung der DDR auf der elften Tagung des Zentralkomitees der SED Ende 1979 erste Vorstellungen und Ziele zur Roboterentwicklung bekannt.

Am Anfang der staatlich initierten Rationalisierungskampagne waren zu Beginn des Jahres 1980 rund 160 Roboter in der DDR installiert. Zu dieser Zeit galt noch eine relativ enggefaßte Roboter-Begriffsdefinition als Richtschnur für die Produktionsplanungen. Dementsprechend sah das Fünfjahresplanziel bis 1985 zunächst eine Soll-Bestand von insgesamt 9000 Robotern vor.

Dieses Planziel wurde jedoch auf dem zehnten Parteitag der SED im April 1981 revidiert. Man war wohl zu der Überzeugung gekommen, daß mit aufwendiger Industrierobotertechnik allein kaum die geforderte "umfassende" Automatisierung der industriellen Prozesse realisiert werden konnte, da in fast 70 Prozent der automatisierungswürdigen Produktionsprozesse bereits der Einsatz einfacherer Handhabungstechnik von ausreichend war. Zudem war man sich wohl auch im klaren darüber, daß zur Realisierung des Planziels von 9000 Robotern die notwendigen Voraussetzungen fehlten.

Die Auseinandersetzung mit den anstehenden Problemen der geplanten Produktionsautomatisierung und den Möglichkeiten ihrer Lösung führte dann schließlich zu einer Einbeziehung einfacher Handhabungsgeräte unter den Begriff "Industrieroboter" und machte daher eine völlige Änderung des ursprünglichen. Fünfjahresplanzieles notwendig. Im "Gesetz über den Fünfjahresplan 1981 - 1985" wurde das Plansoll auf 45 000 Roboter festgelegt.

Als Folge dieser Dispositionen stieg der Bestand der in der Industrie eingesetzten Roboter einschließlich einfacher Handhabungsgeräte natürlich sprunghaft von 320 Robotern Ende 1980 auf 4500 Anfang 1981 an. In der Folgezeit erhöhte sich der Bestand auf schließlich 21 900 Roboter am Ende des Jahres 1982.

Nach langer Zeit der Zurückhaltung gab es im Herbst 1982 einen Hinweis auf die Zahl der bis dahin in der DDR installierten "echten Roboter. Danach betrug der Bestand von "prozeßflexiblen Industrierobotern mit zwei und mehr Bewegungsachsen, von denen mindestens eine freiprogrammiert ist, insgesamt 370.

Industrieproduktion nur so gut wie notwendig

In der DDR ist nach dem gegenwärtigen Begriffsverständnis unter Industrierobotertechnik "die Gesamtheit von Grundmitteln zu verstehen, die der selbständigen Handhabung von Werkstücken, Werkzeugen und Materialien zur Automatisierung von Haupt- und Hilfsprozessen mit dem Hauptziel der Freisetzung von Arbeitskräften dienen und in einer oder mehreren Bewegungsachsen hinsichtlich Positionierung und Arbeitsablauf fest- oder freiprogrammierbar sind" (Zeitschrift Wirtschaftswissenschaft Nr. 1 1 / 1982, Seite 1609).

Die Mehrzahl der zum Einsatz gelangenden Roboter soll in den Anwendebereichen selbst produziert werden. Entsprechend wird der Eigenbau von Rationalisierungsmitteln wie Roboter und Handhabungsgeräte in den sogenannten "Rationalisierungsbetrieben und -abteilungen" der Industriekombinate selbst schwerpunktmäßig vorangetrieben. Entwicklung und Einsatz aller Art von Robotern vollziehen sich in der DDR weitgehend nach dem Motto "Nicht so gut wie, möglich, sondern nur so gut wie im spezifischen Einzelfall notwendig". Es geht den Anwendern in der DDR demnach also weniger um die technisch perfekteste und interessanteste Lösung, sondern mehr um Roboter und einfache Handhabungstechnik, die ihre Aufgaben mit einem Minimum an Aufwand und einem möglichst effektiven Ergebnis erfüllen. Ziel des Robotereinsatzes soll es sein, die Rationalisierung zu beschleunigen, Arbeitskräfte einzusparen und für andere Tätigkeiten freizusetzen. Als Richtschnur gilt die Freisetzung von zweieinhalb bis drei Arbeitskräften je Roboter sowie die Begrenzung der Amortisierung der Kosten je Roboter auf rund drei Jahre.

In der DDR werden verschiedene Steuerungssysteme für Industrieroboter hergestellt und eingesetzt. Es sind das:

(1) Einfache Systeme mit manueller Programmierung, bei der die Haltepunkte jeder Bewegungsachse physikalisch fixiert werden.

(2) Speicherprogrammierbare Steuerungen, die vorwiegend für Playback- und Teach-in-Programmierverfahren konzipiert sind.

Wesentlicher Bestandteil derartiger Steuerungen sind vor allem Mikrorechner aus dem Kombinat Robotron Dresden. Zu den wichtigsten Robotertypen in der DDR zählen unter anderem:

- der Industrieroboter "PHM3" (PHM = Programmierbares Handhabungsmittel ), ein hydraulisch angetriebener Einlegeautomat, ausgestattet mit dem Robotron-Mikrorechner "K 1520",

- der freiprogrammierbare Roboter "PHM 4" mit fünf rotatorischen Freiheitsgraden, gekoppelt mit einer optischen Erkennungseinheit,

- der hydraulisch angetriebene Roboter "IR 2/S II ", ausgestattet mit der Steuerung "IRS 2000",

- die elektrisch angetriebenen Beschickungsroboter "IR 5" (sechs Freiheitsgrade) und "IR 5-10" sowie

- das Roboter-Baukastensystem "ZIS 995", vorgesehen speziell für die Durchführung von Schweißarbeiten.

Kritik an Effektivität

Das Bestreben von Betrieben, durch übereifrige Aktivitäten in Verbindung mit dem Einsatz von Industrierobotern und Handhabungsgeräten einen Rationalisierungsbeitrag nachweisen zu können, führte dazu, daß in vielen Fällen der Robotereinsatz nicht die erwartete Effektivität erbrachte. In einer Mitte 1982 von der Kammer der Technik der DDR erarbeiteten Studie wurde deutlich, daß erst in 25 Prozent der untersuchten Fälle ein wirtschaftlicher Robotereinsatz realisiert werden konnte. Als Hauptursache für die unzureichende Effizienz wurden genannt:

- Schaffung von "Automatisierungsinseln", weil die dem Industrieroboter-Arbeitsplatz vor- und nachgelagerten Prozesse nicht in das Rationalisierungskonzept miteinbezogen wurden;

das "Aufpropfen" von Industrierobotertechnik auf veraltete Technologien sowie

- das Warten der Eigenhersteller von Robotern auf die Zulieferung einer maßgeschneiderten Steuerungselektronik,

Über die genannten Fehlentwicklungen hinaus ergaben sich in der Vergangenheit in einer Anzahl von Fällen ebenso Probleme bei der Roberproduktion, weil andere Betriebe beziehungsweise Kombinate nicht zu den festgelegten Terminen und in dem geplanten Umfang ihre Leistungsverpflichtungen erfüllt hatten.

Die genannten Probleme glaubt man insbesondere durch die Errichtung von sogenannten "Konsultationspunkten" für Mikroelektronik und Industrieroboter sowie durch die Gründung territorialer Interessengemeinschaft ausräumen zu können.

Um Entwicklung und Einsatz der Industrierobotertechnik zu beschleunigen und in Bahnen zu lenken, die zu dem geforderten Rationalisierungsschub führen, wurde bereits im August 1981 mit dem Erlaß einer Anordnung der "Aufbau und die Gestaltung einer Datenbank für Industrierobotertechnik" verfügt.

Die Datenbank dient "der Sammlung, Speicherung und Vermittlung von Wissen und Erfahrungen des nationalen und internationalen Standes der Industrierobotertechnik". Als ihr Kernstück gilt die Imformationssammlung über den nationalen Stand der Robotertechnik. Betriebe, Kombinate und wissenschaftliche Institutionen, die sich selbst mit der Entwicklung, Produktion und dem Einsatz von Robotern befassen, sind verpflichtet, über bestimmte Tatbestände das Forschungszentrum des Werkzeugmaschinenbaus zu informieren. Darüber hinaus müssen sich Betriebe und Kombinate vor Beginn der Entwicklung beziehungsweise vor der Produktion oder vor dem Einsatz von Robotern unter Nutzung der Datenbank über analoge Entwicklungen und Anwendungsfälle informieren und das Ermittlungsergebnis mit dem Pflichtenheft nachweisen.

Mehr Effektivität durch Robotereinsatz

Um einen unwirtschaftlichen Einsatz von Industrierobotern zu unterbinden, wurde vor der Staatlichen Plankommission im Juli 1982 eine "Methodik für die ökonomische Bewertung des Einsatzes der Industrierobotertechnik" als verbindliche Arbeitsgrundlage für Betriebe und Kombinate, die Roboter einsetzen wollen, herausgegeben. Wie es heißt, sind in dieser Methodik die Erfahrungen von Roboteranwendern aus dem Inland und ebenso sowjetische Erkenntnisse berücksichtigt worden. Die Methodik enthält unter anderem spezielle Festlegungen, wie auf der Grundlage einer "Rahmenrichtlinie für die Ermittlung, Planung, Kontrolle und Abrechnung der Effektivität der Maßnahmen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts ein möglichst effektiver Robotereinsatz gewährleistet werden kann.

Infolge des verstärkten Einsatzes von Robotertechnik und Mikroelektronik werden in zunehmendem Maße nun auch in der DDR immer mehr Arbeitsplätze wegrationalisiert. In vielen Fällen geschieht das ohne ausreichende Vorbereitung, vor allem was den künftigen Einsatz des Betroffenen angeht. Dabei ist gerade die Unterbringung der eingesparten Arbeitskräfte mit Problemen verbunden. Nach Berichten aus der DDR fällt es schwer, für einen Teil der von den Rationalisierungsmaßnahmen Betroffenen geeignete Arbeitsplätze zu finden. Zwar werden sie nicht "auf die Straße gesetzt" und erhalten ihren bisherigen Lohn weiter, bis ein sogenannter Überleitungsvertrag abgeschlossen wird. Doch nimmt hier das Unbehagen zu, weil in manchen Betrieben Arbeiter ohne Beschäftigung herumsitzen oder Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten verrichten müssen, die weder ihren Kenntnissen und Fertigkeiten noch ihren Wünschen entsprechen. Ebenso können sich Nachteile finanzieller Art ergeben. So können Rationalisierungsopfer eine ihnen zugewiesene neue Arbeit nicht deswegen ablehnen, weil das frühere Einkommen erst nach einem erfolgreichen Abschluß einer Zusatzqualifizierung erreicht werden kann. Wer das trotzdem tut, ist dann auch in der DDR ohne Arbeit.

*Klaus Krakat ist Mitarbeiter beider Forschungsstelle für gesamtdeutsche, wirtschaftliche und soziale Fragen, Berlin