Optische Speicher werden Magnetplatten vorerst nicht gefährlich:

Eine Lösung auf der Suche nach Problemen

05.09.1986

Jahrelang kaum mehr als eine Laborkuriosität, drängen optische Plattenspeicher seit kurzem mit wachsender Intensität auf den Markt. Und da es von ihnen nicht weniger als drei Grundtypen mit zahllosen Varianten gibt, kann, wie schon ein kurzer Blick auf dieses Gebiet zeigt, die Gilde der einschlägigen Hersteller mit ihnen einmal mehr das Lieblingsspiel der DV-Branche spielen: das Verwirrspiel.

Optische Platten ähneln insofern den bekannten Bildplatten und "Compact-Discs", als hier die Information mit Hilfe eines Laserstrahls abgegriffen und teils auch geschrieben wird. Doch während die genannten Bild- und Tonträger, ähnlich wie Schallplatten, in Massenserien gepreßt und so mit jeweils den gleichen Inhalten versehen werden, findet man im Bereich der optischen Datenspeicher solch ein Produktionsverfahren nur bei den sogenannten "CD-ROM"-Platten. Es werden dabei Nur-Lese-Speicherscheiben erzeugt, die sich gut zum Verbreiten nicht mehr zu ändernder Daten eignen: von Software beispielsweise oder auch von umfangreichen Katalog- oder auch Lexikoninformationen.

Eine zweite Gruppe der optischen Speicher wird heute allgemein als "WORM" bezeichnet; es sind dies die im Hause des Anwenders bloß einmal beschreib- und fortan nur noch les- und lösch-, aber nicht mehr änderbaren "Write-Once-Read-Mostly"-Platten. Und eine dritte, bislang aber noch nicht marktreife Sorte Platten schließlich firmiert als "magnetooptische" Speicher: Sie können auch wieder gelöscht werden und vereinen in sich auf faszinierende Weise die Vorzüge der magnetischen Datenaufzeichnung mit jenen der optischen - die Nachteile aber natürlich auch.

Kein Headcrash in der Optik möglich

Diese magnetooptischen Platten haben zunächst einmal für sich, daß keiner der gefürchteten "Headcrashs" möglich ist; daß also ein höheres Maß an Datensicherheit erwartet werden kann. Denn bei ihnen, die nach Angaben der BASF allerdings nur etwa floppytypische Zugriffszeiten erlauben, hält das Schreib-Lese-System ja gebührenden Abstand von der Plattenoberfläche.

Mit Kosten pro Bit, die laut BASF um etwa sechs Zehnerpotenzen günstiger liegen sollen als bei Festplatten-Laufwerken, könnten die magnetooptischen Platten durchaus interessant sein, wäre da nicht das Problem, daß die Lebensdauer der - auswechselbaren - Platten recht begrenzt sein soll, wie Kritiker monieren. Und auch die Zahl der Ummagnetisierungen, die das Medium verträgt, soll limitiert sein.

Eine dieser löschbaren Laserplatten stammt von 3M und faßt pro Flächeneinheit rund hundertmal mehr Daten als eine Magnetplatte; damit bietet so eine 5?-Zoll-Platte bis zu 500 Megabyte an Kapazität. Diese große Speicherdichte ist dadurch erklärbar, daß die Information zwar auch hier durch Ummagnetisierungs-Effekte gespeichert wird, daß nun aber pro Bit nur noch ganz winzige Punkte ummagnetisiert werden. Denn das Abtasten erfolgt ja, wie übrigens auch das Schreiben der Daten, mit Hilfe sehr feiner Laserstrahlen, die beim Lesen magnetisierungsabhängige Licht-Umpolarisierungs-Effekte der einzelnen Bit-Punkte erkennbar machen. Beziehungsweise die, die beim Schreiben exakt jenen winzigen, etwa 1,3 Mikrometer messenden Fleck Plattenoberfläche erwärmen, der mit Hilfe eines angelegten Magnetfelds ummagnetisiert werden soll.

Im Zusammenhang mit der Vorstellung eines 40-MB-magnetooptischen 3?-Zoll-Systems der Firma Verbatim wurde bekannt, daß im Labor pro Bit immerhin schon 10 Millionen Ummagnetisierungen gelungen sein sollen. Und die Zugriffszeit soll hier, mit weniger als 20 Millisekunden, schon im Bereich von Winchester-Laufwerken liegen. Für die einzelnen auswechselbaren Platten wird als Preis etwa 50 Cent pro MB Kapazität angepeilt.

Bis einsatzreife magnetooptische Systeme endlich auf dem Markt erscheinen werden, dürften noch ein bis zwei Jahre vergehen. Realität hingegen sind schon heute WORM-Laufwerke und -Platten, die teils im 5?- und teils im 12-Zoll-Format angeboten werden. Hier wird die Plattenoberfläche beim Beschreiben durch den Laserstrahl bleibend verändert, indem beispielsweise Löcher in sie geschmolzen werden: Will man so eine Platte löschen, werden dann einfach im gesamten zu löschenden Bereich Löcher (oder "Blasen" etc.) erzeugt.

WORM-Platten kennen ebenfalls keinen Headcrash und sind auswechselbar; sie dürften die Information mindestens zehn Jahre lang bewahren können. Sie scheinen vor allem dort sinnvoll, wo Daten über längere Zeit abgelegt werden sollen; immerhin schätzen Fachleute ja, daß acht bis neun Zehntel aller gespeicherten Daten sich heute auf Papier oder Mikrofilm befinden. Doch auch als Konkurrenten herkömmlicher Magnetband-Archive werden sie ihren Platz finden.

Typische 12-Zoll-Wechselplatten-WORMs bieten heute etwa ein Gigabyte Kapazität pro Plattenseite. Sie scheinen damit vor allem für das Führen von Archivdateien geeignet zu sein, bei denen nie oder nur noch selten Änderungen anfallen. Und vor allem für solche, bei denen die Änderung dann einfach im Anfügen neuer Sätze an den bisherigen Platteninhalt besteht.

Erscheint die Nicht-Löschbarkeit der WORMs auf den ersten Blick als Nachteil, so kann man umgekehrt hierin auch einen Vorteil erkennen: Die Gefahr des Datenverlustes reduziert sich. Und verzichtet man darauf, bei Änderungen, also etwa beim Neuschreiben eines Satzes, den alten Satz zu löschen, so kann man, bei entsprechender Organisation, sogar die gesamte frühere Entwicklung des Datenbestands rekonstruieren.

Typische Einsatzgebiete moderner WORM-Laserplatten hoher Kapazität sind beispielsweise das Abspeichern umfangreicher Mengen Bilddaten, wie sie etwa in der Wetterkunde, in der Astronomie, bei Radarmessungen und im Röntgenbildwesen anfallen. Und auch zum Aufbewahren umfangreicher Datenreihen aus physikalischen oder auch seismologischen Messungen scheinen "große" Gigabyte-Laserplatten gut geeignet. Wobei natürlich auch Anwendungen wie die Sicherung des Inhalts umfangreicher Datenbanken sowie die Archivierung von Texten aller Art - vom Telefonbuch bis zur Bibliotheksliste - nicht vergessen werden dürfen. Dabei wird übrigens teilweise schon jenes Gebiet berührt, auf dem vor allem die Nur-Lese-"CD-ROMs" ihre Domäne haben werden.

Neben den bisher behandelten 12-Zoll-Gigabyte-Platten machen sich zusehends auch kleine 5?-Zoll-Platten bemerkbar, die vor allem auf den Einsatz in PC- und kleinen Mehrbenutzersystemen abzielen und die von ihren Herstellern als Konkurrenten beziehungsweise Ergänzungen sowohl von Platten- als auch von Bandspeichern angesehen werden; sie werden ihren Platz irgendwo dazwischen finden und ein neues Element der berühmten "Speicherhierarchie" - vom superschnellen CPU-Register einerseits bis zum langsamen Bandlaufwerk andererseits - darstellen.

Ein typisches dieser WORM-Laufwerke besitzt auswechselbare Platten mit je 200 Megabyte Kapazität pro Seite, und die einzelne Platte kostet nach Angaben des Herstellers Optotech voraussichtlich rund dreimal weniger als eine vergleichbare magnetooptische, also mehrfach beschreibbare Platte; dieser Preisabstand soll sich laut Optotech übrigens auch in Zukunft nicht ändern.

Nach Angaben dieses Herstellers kann man bei WORMs heute mit 200 Millisekunden durchschnittlicher Zugriffszeit und einer Datenübertragungsrate von 2,2 Megabit pro Sekunde rechnen. Die vergleichbaren Zahlen für einen guten Magnetplattenspeicher lauten auf 25 Millisekunden und 10 Megabit pro Sekunde.

Ein wichtiger Aspekt der Technik optischer Platten ist der der Normung. Optotech und 3M beispielsweise haben zusammen eine 130-Millimeter-Platte und eine Kassette entwickelt, die von der US-Normungsinstitution ANSI - mit kleinen Veränderungen - "angenommen" worden sein soll. Und weitere Arbeiten, die sich aber gewiß noch eine Zeit lang hinziehen dürften, gelten der Vereinheitlichung der Datenformate und der Formatierung der Medien selber.

Je rascher die Normung voranschreiten wird, desto eher dürften die optischen Platten der Typen "WORM" und "magnetooptisch" den Vorreitern "CD-ROM" folgen und in konkrete Anwendungen eindringen. So beispielsweise in der Archivierung, wo sie schon bald gegen die herkömmlichen 9-Spur-Magnetbänder antreten dürften; denn sie sollen in den Kosten pro Megabyte gleichauf liegen und außerdem ein leichteres Handling und eine größere Lebensdauer des Speichermediums versprechen. Und was kleinere Archiv-Systeme betrifft, so erscheinen bereits die ersten Konstruktionen, bei denen zum Ersatz der lästigen Datenauslagerung auf Dutzende von Disketten einfach eine Kombination von 20- bis 75-MB-Festplatte mit 200-MB-Optikplatten (WORM) vorgesehen wird. Sie dürften außerdem teilweise auch herkömmliche Winchester-Streamer-Kombinationen ersetzen.

Noch keine Konkurrenz für kleine Backup-Systeme

Phil Shires, der Präsident der Firma Optotech, sieht in seinen WORMs vorerst noch keine Konkurrenz für kleine und einfache Backup-Systeme auf der Basis herkömmlicher Floppies oder billiger Streamer-Bandlaufwerke. Doch bei anspruchsvolleren Installationen mit Bandspeichern in der 8000-Dollar-Klasse und höher sieht es gleich wieder anders aus. Denn wie bei den Datenbanken, so könne das WORM-System dann ja auch hier, beim Backup, seinen Vorteil des raschen Zugriffs ausspielen.

Generell ist kaum anzunehmen, daß optische Platten die herkömmlichen Festplatten, Bänder und anderen Speichermedien je voll verdrängen werden. Vielmehr werden sie sich als neue Elemente in das breite Spektrum der verfügbaren Speichermedien einfügen und dann, meist wohl in Verbindung mit schnellen Festplatten, ihre spezifischen Vorteile optimal ausspielen können.