Eine Lanze fuer den Softwareverband Dieter Eckbauer

15.10.1993

Im Vereins- und Verbandswesen sind wir Weltmeister, inoffiziell. Das Statutenhafte hat Tradition. Das erklaert, warum es in der wohl nur fuer deutsche (Industrie-)Verhaeltnisse noch jungen Computer- branche hierzulande keine Lobby, keine Wirtschaftsorganisation gibt, die sich ausschliesslich der Vertretung deutscher DV-Firmen widmet. Was die Hardwarehersteller betrifft, machte das mangels Masse auch keinen Sinn. Zu einer "German Computer Manufacturers Association" fielen einem nur Siemensianer-Witze ein. Der Verband Deutscher Rechenzentren existiert nicht mehr. Weniger nachvollziehbar und bekannt ist, weshalb es von den Arbeitsgebieten her fremden Verbaenden wie dem VDMA oder dem ZVEI sowie einem Bueroimportverein wie dem BVB bisher gelang, zumindest Teile der deutschen Softwarebranche bei sich zu organisieren.

Die alte Leier ueber mangelndes Vertriebs- und Marketing-Know-how bei den zumeist mittelstaendischen Software-Unternehmen kann man schon nicht mehr hoeren. In Wahrheit fehlt weitgehend das Verstaendnis fuer das, was den Erfolg im Softwaremarkt ausmacht: Produkte, Produkte, Produkte - Ausnahmen (SAP, Software AG) bestaetigen die Regel. Man verlaesst sich hierzulande darauf, mit branchen- und kundenspezifischen Einzelloesungen auf herstellerspezifischen Systemen (proprietaere IBM-370-Mainframes, MDT) der Hardwaregroessen mitzuschwimmen. Davon leben Tausende von Software-Handwerksbetrieben mehr schlecht als recht.

Nun ringen sie um ein eigenes Profil (Seite 1: "Deutsche Softwarebranche gibt sich ein eigenes Verbandsprofil"). Der erste BVIT-Praesident Guenter Stuebel spricht von einem "Unbundling" in der Branchenlandschaft. Die Softwarehaeuser wollen sich nicht laenger unterbuttern lassen. Aber kommt die BVIT-Gruendung nicht zu spaet?

Die Initiatoren sehen das Problem. Dass sie den BDU verlassen, ist nicht ohne Risiko. Sie laufen Gefahr, zu einer weiteren Spaltung der Beraterschaft beizutragen, zu der sie sich ja nach wie vor zaehlen und aus der sie Mitgliederzulauf erwarten. Noch gibt sich der Rest-BDU gelassen. Man beschwoert die Zusammengehoerigkeit ("Schwesterverband"), doch ganz ohne Knatsch wird es bei der Trennung kaum abgegangen sein. Was ist zum Beispiel von der gemeinsam verfassten Erklaerung zu halten, der BDU konzentriere sich auf beraterische Kernaufgaben, wenn sich diese doch auch aendern, insbesondere durch das Vordringen der Informationstechnik? Und betonen die DV-Anbieter nicht neuerdings gerade den Beratungsaspekt im Softwaregeschaeft?

Es gehoert zum Wesen von Verbandsaffaeren, dass sie sich nie vollstaendig aufklaeren lassen. Doch genug gekrittelt. Der BVIT verdient Beachtung und Wohlwollen. Es geht - grosses Wort, wahres Wort, und doch nur ein Wort - um die Zukunft des IT-Standortes Deutschland, die ohne eine starke heimische Software-Industrie unsicherer denn je erscheint. Es ist nie zu spaet. Aber einen missglueckten Anlauf kann sich die deutsche IT-Branche nicht mehr leisten.