Kleinere Budgets zwingen Anwender zum Umdenken, doch

Eine effizientere Weiterbildung bleibt immer noch Wunschtraum

14.05.1993

Zu folgendem Dialog soll es bei einem Automobilbauer gekommen sein. Der Controller fragt den Weiterbildungsverantwortlichen: "Wenn ich Ihr Budget um zwei Millionen Mark streiche, wieviel Autos bauen wir weniger?" Trockene Antwort: "Vielleicht in fuenf Jahren keine mehr."

Kleineres Budget bei hoeherem Trainingsaufwand - so stellt sich die momentane Situation in der DV-Schulung beim Anwender dar. Landauf, landab klagen die Bildungsexperten in den Unternehmen darueber, dass sie mit weniger Geld mehr Mitarbeiter schulen muessen. Eine HMT-Tagung diskutierte jetzt mit DV-Weiterbildungsprofis, wie Schulung in Zukunft aussehen muss, um qualitativen Gesichtspunkten in diesen schwierigen Zeiten zu genuegen.

Burkhard Tenbusch, zustaendig fuer Grundsatzfragen der Aus- und Weiterbildung in der BMW-Zentrale, geht davon aus, dass die Bildungsexperten in Zukunft nicht mehr mit der Erhoehung ihrer Budgets rechnen

koennen. Zwar wurden beim bayerischen Automobilhersteller die Mittel fuer Bildung nicht gekuerzt, allerdings lautet die Vorgabe von oben, die Gelder effizienter einzusetzen. "Wir muessen weg vom Giesskannenprinzip, hin zu einer genauen Bedarfsermittlung", doziert der BMW-Manager. Hier sieht auch Johannes Groha grosse Schulungsdefizite. "Ein Sachbearbeiter soll nicht den PC beherrschen, sondern seinen Job gut machen", meint der HMT- Geschaeftsfuehrer.

Die Konsequenz muesste sein, das Lernen am Arbeitsplatz staerker zu foerdern. Doch selbst das beste Training nuetzt wenig, so Tenbusch, wenn die Organisation nicht funktioniert. BB-Data-Geschaeftsfuehrer Thomas Schumann weiss ein Lied davon zu singen: "Haeufig passiert es, dass der Teilnehmer vom Kurs zuruecckehrt, und weil er mit Arbeit zugeschuettet wird, kommt er erst gar nicht dazu, das Neue umzusetzen." Und nach einem Monat, wenn dann endlich Zeit waere, habe der Seminarbesucher das Gelernte wieder vergessen.

Das Dilemma der Weiterbildung, bei steigender Qualitaet Kosten zu senken und in kuerzerer Zeit zu schulen, erfordert laut Heinz Arzberger ein neues Trainingskonzept. Dies beginne bereits beim Erstellen von qualitativ hochwertigen Handbuechern. "Ich kenne kein gutes Handbuch auf dem Markt", so der Siemens-Ausbildungs-Manager.

Als Konsequenz hat BMW vor einigen Jahren eigene Schulungsanleitungen entwickelt. Dieses Projekt ist jedoch eingeschlafen, weiss Tenbusch zu berichten, "weil es keinen Promotor mehr gibt". Diese Foerderer von Projekten seien in Zukunft wichtiger denn je. "Die beste Idee nuetzt wenig, wenn sie nicht von einer Fuehrungskraft kraeftig unterstuetzt wird."

Dabei wird der Trainer zu einer Schluesselfunktion im Unternehmen, ist Arzberger ueberzeugt. Er sieht die Aufgabe des Dozenten unter anderem darin, Fachexperten zu Trainern zu qualifizieren, bei der Auswahl der Weiterbildungsmedien mitzuwirken, aber auch als Initiator von Lernprozessen und Kommunikationsglied zwischen Entwickler und Anwender. "Wir koennen es uns nicht mehr leisten, Trainer fuer Grundlagenkurse zu verschleissen", ergaenzt der BMW- Bildungsprofi. Sein Heil sucht er im Outsourcing, das heisst, die internen Trainer sollen als Berater taetig sein und das Schulungsgeschaeft Externen ueberlassen.