DV-Geschichte(n) von 1974 bis 1999

Eine Bürovision wird zum IBM-Alptraum

25.06.1999
4000 Jahre Arbeit

und rund eine Milliarde Dollar habe man schon in das Projekt gesteckt, so die stolze Kunde, als IBM im Juni 1989 das Bürokonzept Officevision der Öffentlichkeit vorstellte. Keine drei Jahre später stand fest, daß diese Investitionen in den Sand gesetzt waren. Auch IBM-Gläubige befielen seither Zweifel an den Fähigkeiten des Hauses.

Mit Officevision wollte der DV-Branchenkrösus die zahlreichen Büroprogramme für seine Systeme /390, VM, AS/400 und OS/2 durch eine konsistente Anwendungsumgebung ersetzen. In einem zweiten Großprojekt sollte die einheitliche Entwicklungsumgebung AD/Cycle entstehen. Als übergeordneten Rahmen arbeitete Big Blue an seiner Systems Application Architecture (SAA), die Unverträglichkeiten zwischen den Betriebssystemen beseitigen sollte. Diese Inkompatibilitäten hatte endlich auch IBM als ihr größtes Problem erkannt, und sie sollten ein noch größeres werden: Alle drei Projekte scheiterten schon an grundlegenden Zwischenzielen wie der einheitlichen Benutzeroberfläche Common User Access, dem verteilten Datenbank-Management, dem Repository-Manager und der Kommunikation zwischen den Anwendungen.

Prompt zeigten die ersten Officevision-Produkte kaum Verbesserungen gegenüber bekannten Versionen. "Alter Wein in neuen Schläuchen", befand die COMPUTERWOCHE. Angesichts nachlassenden Interesses der Kunden an Bürosoftware für Mainframes und Midrange-Systeme zog IBM 1992 die Notbremse: Anwendungen aus der PC-Ecke wie Notes, cc:Mail und Wordperfect wurden zu strategischen Produkten erklärt.