Die richtige Dimensionzerung ist entscheidend

Eine betriebliche Vereinbarung mit weichem Übergang suchen

21.09.1990

7,2 Millionen Sekunden zur mindestens achtstelligen Registrierung fallen bei 50 Mitarbeitern mit 40 Stunden pro Woche an. Ein flottes Zeiterfassungssystem (ZE) schafft neben Personalzeiten auch noch Betriebs- und Maschinendaten im x-tel Takt. Dennoch - die richtige Dimensionierung ist nicht nur eine Frage der zeittechnischen Hundertstel.

Die Wahl des morgendlichen Arbeitsbeginns um Punkt sieben Uhr gilt als garantiertes Mittel zur Überdimensionierung eines jeden ZE-Systems: Mitarbeiter pflegen halt zwischen 06:59:59 und 07:00:00 den Gang an das Eingabegerät zwecks Nachweis der rein physischen Arbeitsaufnahme. Besser, so der erste Tip von Zeit-Experten, ist zur Steuerung dieses Andrangs eine betriebliche Vereinbarung mit einem weichen Übergang zu suchen. Hier gibt die Zahl der - ausgemusterten - Stempeluhren einen ersten Hinweis auf die Zahl der notwendigen Terminals. Der Stempel Check nämlich hat sich über die Jahre eingespielt.

Aber es gibt noch andere Stolperstellen, die die Einführung einer Zeiterfassung unnötig komplizieren und verteuern. Personalzeit- (PZE), Betriebsdaten- (BDE) und Mäschinendatenerfassung (MDE) stehen streng genommen als Bestandteile eines PPS parallel nebeneinander, obwohl die PZE im allgemeinen Gebrauch durchaus als Untermenge der BDE gesehen wird.

Umfassende ZEs sind, um wirkungsvoll zu sein, mit zeitlichen Sollvorgaben zumeist aus PPS-Systemen gekoppelt. So können rein technisch gesehen Zeitdimensionierungen von Hundertsteln und Tausendsteln vorgegeben werden - allerdings erhöht sich die Präzision nur scheinbar, denn die Systeme basieren auf - guten oder weniger guten - Vorgaben aus Arbeitsstudien.

Zeitprofis unterscheiden zwischen zwei Gruppen von Systemen: Online am Host mit etlicher nach außen gelagerter Intelligenz und periodischer Übergabe der Werte sowie autarken Subsystemen auf PC-Basis, die den Host vordergründig nicht mit ihren Datenmassen belasten, sondern nur zu festgelegten Zeitpunkten Daten bereinigt übergeben.

Der allgemeine Horror startet nach Expertenmeinung, wenn die Betriebsdatenerfassung auf Maschinendaten ausgeweitet wird. Hier ist die Frage nach dem Wert und Takt einer Erfassung besonders kritisch zu überdenken. Die sekündliche Übermittlung der Daten einer Fertigungsmaschine mag zwar sehr interessant sein, fraglich aber bleibt, ob dieses Wissen den Fertigungsprozeß positiv beeinflußt. Leistungsfähige Produktionsdaten-Analysesysteme helfen hier, das Soll durch Isterfassung und Korrektur anzusteuern.

Zur Dimensionierung eines Zeiterfassungsystems ist es nach Meinung von Gerd F. Müller, CIM-Bereichsleiter der Unternehmensberatung CT Coaching + Technology GmbH, München, vormals CT Controlling-Team, am sinnvollsten, prozeßrelevante Zeiten von Betriebsmitteln zu erfassen und nach ihrer Beeinflußung auf den Prozeß zu gewichten. Danach richtet sich auch die Abschätzung der notwendigen Software. Ein rein Montage-orientierter Arbeitsplatz bedarf sicherlich keiner Abfrage im Sekundentakt - die Software fällt entsprechend kleiner aus.

Eine weitere Kenngröße ist die geplante Anzahl der BDE-Terminals vor Ort. Die Entfernung des ZE-Gerätes vom Arbeitsplatz hat direkten Einfluß auf die Akzeptanz: An- oder Abstempelung eines Arbeitsganges in über 50 Metern Entfernung führen jedes System ad absurdum.

Zum Aufbau einer ganzen Systemlandschaft empfiehlt sich schon bei der Planung, zu prüfen, inwieweit beispielsweise auch das Artikelwesen/Lager miterfaßt werden kann.

Besonders wichtig ist, daß ein Zeiterfassungssystem von der elektrischen Anlage her abgesichert wird - ein vorgeschaltetes EVU ist ein Muß! Interessant auch dann die Frage, inwieweit ein gesicherter Re-Start möglich ist; und wenn ja, mit welchem Datenverlust gerechnet werden muß.

Den Systemnutzen erhöhen lokal verteilte Drucker, um geprintet - auch über die ganze BDE-Produktionslandschaft Arbeitsaufträge in Abhängigkeit von anderen Arbeitsgängen erstellen und nachvollziehen zu können.

An vielen Schräubchen ist zu drehen, wenn die passende ZE gesucht wird - der protokollierte Stunden-Split alleine bringt nicht viel: geschickte Zeiterfassung gilt nicht umsonst als Basis zum Computer Integrated Manufacturing.

*Horst Joachim Hoffmann ist freier DV-Fachjournalist in München und Wald/Ostallgäu