Personal-Management-Systeme/Personalkosten-Management im Gesundheitswesen

Ein Steuerungsinstrument für das Unternehmen Krankenhaus

09.04.1999
Personalkosten machen in deutschen Krankenhäusern über 70 Prozent der Gesamtkosten aus. Ein Personal-Management-System mit integrierter Kostensimulation auf tagesaktueller Basis wird daher zum strategischen Steuerungsinstrument für die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses. Hans A. Dericks* beschreibt Probleme und Lösungen am Beispiel einer Implementierung im Klinikum Bautzen-Bischofswerda.

Jedes Krankenhaus hat heute mit steigenden Personalkosten zu kämpfen. Anders als in der Industrie erhalten sie ein fest ausgehandeltes, sogenanntes "gedeckeltes" Budget, mit dem die Personalkosten zu tragen sind. Die Tatsache, daß im Krankenhaus an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr die medizinische Versorgung personell gesichert sein muß, macht die Notwendigkeit eines Systems zum Management der Personalressourcen und der daraus resultierenden Kosten sehr deutlich.

Eines der größten Probleme beim Personalkosten-Management im Krankenhaus liegt darin, reale Personalkosten für zukünftige Perioden zu planen. Denn nur mit realistischen betriebswirtschaftlichen Prognosen läßt sich das bisher meist reaktive und verwaltungsorientierte Handeln der Krankenhausleitung durch proaktives Kosten-Management ablösen. Dazu gehören Wenn-dann-Szenarien bei kostenwirksamen Maßnahmen, zum Beispiel Veränderungen der Zahl der Mitarbeiter oder Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst, und Kostensimulationen bei der Planung neuer Stellen.

Der entscheidende Vorteil solcher Simulationen liegt in der Frühwarnung des Krankenhaus-Managements hinsichtlich personalwirtschaftlicher Kennzahlen. Wer Trends zum Beispiel bei den Ausfallzeiten, Fluktuationen, Leistungsmengen und Überstunden frühzeitig erkennt, kann rechtzeitig gegensteuern und so die Kosten unter Kontrolle halten.

Alle bisherigen Installationen von Personalkosten-Management-Systemen in deutschen Krankenhäusern arbeiten mit Simulationen auf der Basis der Ist-Daten des letzten Jahres. Dadurch ergeben sich aber Probleme bezüglich der Aussagekraft der Prognosen, denn aktuelle Entwicklungen lassen sich damit nicht erfassen. Ein Krankenhaus mit 1500 Angestellten, das zum Beispiel Plankosten nur auf der Basis des Tarifabschlusses des vergangenen Jahres berechnet hat, läuft Gefahr, sein Budget schnell um 100000 Mark zu überziehen.

Wenn-dann-Szenarien, die es ermöglichen, verschiedene Tariferhöhungen mit aktuellen Bestandszahlen durchzuspielen, helfen dem Personalplaner, bereits im Vorfeld eine Strategie zur Budgeteinhaltung zu entwickeln.

Ein weiteres Beispiel: Das Weihnachtsgeld wird im öffentlichen Dienst im November auf der Basis des Septembergehalts bezahlt. Wer dabei mit den Gehältern des Vorjahrs rechnen muß, vernachlässigt neben aktuellen Tarifabschlüssen auch Neueinstellungen, Entlassungen und Änderungen von Familienverhältnissen, die sich maßgeblich auf die Gehaltsstruktur auswirken. Eine realistische Planung erfordert deshalb, sowohl kostenerhöhende als auch -reduzierende Wirkungen einzubeziehen.

Das erste Krankenhaus in Deutschland, das seit Ende letzen Jahrs mit einer Simulationsrechnung auf tagesaktueller Basis arbeitet, ist das Klinikum Bautzen-Bischofswerda. Das Personalkostenplanungs- und Budgetierungsmodul basiert dort auf dem Personalinformationssystem "HR/ Infoplan"der H.R. Management Software,

Bei dieser Installation wurde die Personalkostenplanung als unabhängige Applikation zur tagesaktuellen Berechnung komplett aus der Hauptdatenbank gelöst (siehe Abbildung 2). Alle kostenrelevanten Daten werden im laufenden Betrieb im Modul Personalkosten-Management verarbeitet und anschließend zu personengebundenen Werten zusammengefaßt. Danach erfolgen Berechnung und Hochrechnung der personenbezogenen Kosten, die das Krankenhaus für die jeweilige Periode zu tragen hat. Dazu gehören Grundvergütung, Ortszuschläge, Kinderanteile im Ortszuschlag, persönliche Zulagen und Zuschläge sowie Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung.

Das System speichert die berechneten Werte in Verbindung mit der Personalnummer, der Lohnart und dem Abrechnungsmonat. Anschließend verteilt es diese wahlweise wieder auf die Organisa- tionseinheiten, Kostenstellen und Dienstarten. Ein weiterer kostenplanungsrelevanter Faktor, der in die Hochrechnung einbezogen wird, sind Stellen, die erst in Zukunft besetzt werden sollen. Sie können die Organisations- und Kostenstrukturen maßgeblich beeinflussen und müssen daher ebenfalls einbezogen werden. So lassen sich Kostenszenarien einer zukünftigen Organisationsstruktur personen-, datums-, kostenstellen- und dienstartbezogen inklusive kostenreduzierender und -erhöhender Maßnahmen berechnen.

Kontrolle über das Budget

Eine besondere Bedeutung bekommt die Planung mit solchen Stellen im Rahmen der Altersteilzeitregelung. Da sich im allgemeinen nicht voraussagen läßt, welcher Mitarbeiter vorzeitig in den Ruhestand gehen wird, ist eine Wenn-dann-Simulation mit verschiedenen Szenarien besonders wichtig.

Mit der implementierten Software im Klinikum lassen sich aktuelle Soll-ist-Szenarien zur Budgetauslastung in den einzelnen Organisationsstrukturen ermitteln. Ein mögliches Überziehen des Budgets ist dadurch frühzeitig zu erkennen und kann durch entsprechendes Gegensteuern verhindert werden.

Die Softwarelösung umfaßt neben dem Personalkosten-Management-Modul die Personalstammdatenverwaltung sowie die Stellenplanung einschließlich eines umfangreichen Berichtswesens. Bei der Implementierung des Systems konnte die bestehende DV-Ausstattung des Krankenhauses integriert werden. Die eingesetzte Personal-Management-Lösung basiert auf der Microsoft-Back-Office-Technologie.

Mit einer Thin-Client-Architektur, die auf Citrix-Metaframe und dem Microsoft-Terminal-Server aufbaut (siehe Abbildung 2), lassen sich Antwortzeiten im Datenaufruf von zirka drei Sekunden auch bei großen Datenmengen erreichen. Die Berechnung einer kompletten Jahreskostenplanung mit 7000 Stellen dauert weniger als zwei Stunden.

Im Rahmen der EDV-Umstellung wird das Klinikum Bautzen-Bischofswerda auf MS-SQL-Server 7.0 im Back-end und Access im Front-end umsteigen. Damit soll sich die Datensicherheit erhöhen, und die Möglichkeiten des Datenaustauschs mit anderen Datenbank-Management-Systemen sollen gewährleistet werden. Denn ein entscheidender Faktor bei der Implementierung eines Personal-Management-Systems sind die Schnittstellen zu anderen betriebswirtschaftlichen Anwendungen. Das gilt für das Gesundheitswesen genauso wie für alle anderen Bereiche.

Wichtig ist zum Beispiel die Anbindung an die Kostenrechnung und die Finanzbuchhaltung. Schnittstellen zum SAP-R/3-Modul Controlling sind heute unabdingbar. Über diese Schnittstelle können nicht nur nach Kostenarten aufgeschlüsselte Ist-Kosten, sondern auch Plankosten übergeben werden. Durch die beschriebene tagesaktuelle Hochrechnung der Personalkosten ergeben sich somit ganz neue Möglichkeiten für die Planung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des "Unternehmens Krankenhaus".

Angeklickt

Krankenhäuser sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Im Jahr 1995 waren in Deutschland mehr als eine Million Menschen in Krankenhäusern angestellt. Sie erwirtschafteten einen Jahresumsatz von ungefähr 110 Milliarden Mark. Entsprechendes Gewicht haben sie im Haushalt der Krankenkassen: Etwa jede dritte Beitragsmark der Versicherten fließt in die Krankenhäuser. Bei der AOK waren es 1996 sogar 36,2 Prozent der gesamten Leistungsausgaben.

Da die Personalkosten mit ungefähr 70 Prozent der Gesamtausgaben den größten Kostenblock darstellen, wirkt sich eine konsequente Personalkostensteuerung unmittelbar auf die angespannten Budgets der Krankenhäuser aus. Eine Schwierigkeit beim Personalkosten-Management im Krankenhaus liegt darin, Personalkosten für die Zukunft zu planen. Denn nur mit realistischen betriebswirtschaftlichen Prognosen läßt sich das bisher meist reaktive Handeln vieler Krankenhausleitungen durch proaktives Kosten-Management ablösen.

*Hans A. Dericks ist Leiter des Geschäftsbereichs Öffentlicher Dienst und Gesundheitswesen bei der H.R. Management Software in Düsseldorf.