Seminar "Öffentliche Verwaltung":

Ein bunter Strauß trockener Themen

28.10.1977

MÜNCHEN (hz) - "Für die öffentliche Verwaltung dürfen keine externen Datenschutzbeauftragten bestellt werden", fordert Günther Fiselius vom Bundesrechnungshof. Er setzte sich im Seminar "Öffentliche Verwaltung" hauptsächlich mit "Datenschutz und Datensicherung in der öffentlichen Verwaltung aus der Sicht des Bundesrechnungshofs" auseinander. Eingehend beschäftigte er sich mit den "Zehn Geboten des Datenschutzes", dem BDSG-Paragraphen 6, Absatz 1.

Den Begriff "Distributed Processing" bezeichnete Manfred Bollerhoff, EDV-Referent beim Finanzministerium Baden- Württemberg, als "das Phänomen der 80er Jahre". In seinem Referat zeigte er am Beispiel der Steuerverwaltung die Möglichkeiten einer "arbeitsteiligen Datenverarbeitung" in der öffentlichen Verwaltung. Die dezentrale DV sei - so Bollerhoff - wegen der bekannten technischen Entwicklung breit und sehr geeignet für eine euphorische Betrachtung und die Verwendung von Schlag- und Modeworten. Es bestehe die Gefahr, daß bei der Forderung nach Realisierung eine arbeitsteilige Datenverarbeitung zu stark auf das technische Angebot und zu wenig auf die Anwendungen, die Software und die Organisationssysteme abgestellt wird. Bollerhoff stellte am Beispiel Baden- Württemberg realisierte und geplante EDV-Lösungen vor: Die Berechnung und Festsetzung der Hauptsteuerarten, der Lohnsteuerausgleich sowie die Einheitsbewertung des Grundbesitzers werden dort seit Jahren mit Hilfe der EDV "erledigt". Dazu wurde eine dezentrale Datenerfassung mit Belegverkehr eingerichtet, bei drei Oberfinanzdirektionen wurden Rechenzentren geschaffen. Seit 1975 wird das integrierte automatisierte Besteuerungsverfahren eingeführt. In den Rechenzentren werden in diesem Verfahren statt der Sollkarten bei den Finanzkassen zentral Speicherkonten mit allen Daten der Steuerpflichtigen geführt. Heute seien von dem Gesamtkontenbestand von 1,5 Millionen Fällen bereits etwa ein Drittel auf Speicherkonten übernommen worden. Dipl.- Math. Paul Winkler vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung beschäftigte sich in seinem Beitrag mit dem "Einsatz moderner Datenerfassungsmethoden in der Sozialversicherung". Er berichtet unter anderem über die Erfassungsprobleme in der Leistungsabrechnung der gesetzlichen Krankenversicherung, insgesamt würden in diesem Bereich etwa eine Milliarde Belege im Jahr anfallen. Es werden daher angestrebt, daß alle Kassen über betriebsorientierte, elektronisch geführte Mitgliederdaten verfügen, um die ständig steigenden Kosten: besser in den Griff zu bekommen.