Ein Apfel ist keine Insel

24.08.1990

Hätte er gehörte wie seine Softwarepartner gegen Apple wetterten, hätten John Sculley vermutlich die Ohren geklungen (Seite 23). Doch er zog es vor, nichts zu hören. Recht so! Apple braucht sich von keinem etwas sagen zu lassen, schon gar nicht in diesem Ton! Als der Macintosh auf den Markt kam, befand sich das Unternehmen in einer ganz ähnlichen Lage wie heute. Die Entwicklung hatte den einst revolutionären Apple II eingeholt - und ganz allein gegen den Rest der Welt hatte er keine Chance. Damals wie heute war das untere Ende der Produktpalette, mit dem das Geld verdient wurde, lange Zeit zugunsten ehrgeiziger Prestigeprojekte vernachlässigt worden.

Etwas allerdings war 1982 anders: Apple hatte eine Vision, ein revolutionäres neues Produkt und tausende Fans, die in die Welt zogen und den Unwissenden das Macintosh-Evangelium predigten. Heute hat der PC-Pionier eine ruhmreiche Vergangenheit, ein gutes Produkt und immer häufiger hört man: "Ich liebe den Mac, aber ich hasse Apple." Der Erfolg des Macintosh hat mehrere Väter, auch wenn man das in Cupertino nur ungern zugibt. Daran ist absolut nichts Ehrenrühriges, und es schmälert nicht das Verdienst Apples. Etwas anderes ist es, auf die eigene Arroganz hereinzufallen und zu glauben, man habe tatsächlich alles selbst erfunden und könne deshalb auf den Rest der Welt verzichten.

Mit dem Verbot einer unabhängigen Weiterentwicklung des Mac-Konzeptes schadete Apple vor allem sich selbst. Ohne die Inspiration und den Ansporn von außen verkümmerte das eigene innovative Potential. Zugleich wurde der Mac für viele Entwickler und Kunden zu einer riskanten Angelegenheit - wer liefert sich schon gerne einem einzigen Hersteller aus?

Solange Apple keine Lizenzen für die Mac-Technologie vergibt und mit einem Heer von Anwälten seine Pfründe verteidigt, wird sich daran nichts ändern. Ohne fremde Hilfe jedoch könnte der Macintosh schon bald nicht nur zu teuer, sondern auch nicht mehr state-of-the-art sein. Und was dann?