2980 für Verbundnetz der Europäischen Gemeinschaft:

EG-Prestige-Auftrag geht an ICL

05.11.1976

BRÜSSEL - Eine bis zuletzt heftig umstrittene Entscheidung ist gefallen: Für das EG-Rechenzentrum in Luxemburg bestellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaft ein ICL-System 2980. Siemens und CII-HB haben bei diesem "Prestige-Auftrag" das Nachsehen. Der ICL-Großrechner wird als Zentralsystem des geplanten EG-Verbundnetzes (100 Terminals in Brüssel und Luxemburg) die derzeit für reine Batch-Aufgaben eingesetzten Systeme IBM 370/145 und CII 10070 (französische Xerox-Sigma 7-Version) ablösen.

Wie aus Brüssel verlautet, hat der Gesamtauftrag (Generalunternehmer: ICL), der auch Netzwerk-Hardware der "Subunternehmer" France-Communication-MTI, Saget (französische Nixdorf-Lieferfirma) sowie Olivetti einschließt, einen Wert von rund 7 Millionen Pfund, von denen die Hälfte ICL vereinnahmen wird.

Throughput vor Inkompatibilität

Die britischen Verkäufer profitieren von einem EG-Beschluß, bei der Auftragsvergabe nur "reine" Europäer zu berücksichtigen. So kam IBM, für deren Angebot einer 370/168-3-Lösung die 100prozentige Kompatibilität mit den bestehenden Programmen gesprochen hätte, aus rein "politischen" Gründen nicht einmal ins "Semifinale". Es lief dann zuletzt auf ein "Kopf-an-Kopf-Rennen" zwischen dem britischen Computer-Konzern und Siemens hinaus - CII/Honeywell Bull, heute ein Unternehmen mit mehrheitlich französischen Anteilseignern, konnte "nur" eine 66/80 oder alternativ zwei 66/60 anbieten: Bei der EG war man nicht geneigt, über die US-Abstammung des Serie 60-Spitzenmodells hinwegzusehen.

Siemens mußte schließlich passen, weil das Modell 7755 - ein größeres System konnte seinerzeit nicht angeboten werden - den geforderten Spezifikationen hinsichtlich der Hardware-Leistung nicht entsprach. Und das, obwohl die Siemens-Compiler für Cobol, Fortran und PL/I mit denen der IBM nahezu identisch sind, so daß fast eine 1:1-Umstellung der vorhandenen Programme möglich gewesen wäre. ICL bekam trotz des "Inkompatibilitäts-Handikaps" den Zuschlag. "Dieser Auftrag hat für unser Unternehmen eine enorme Bedeutung", kommentierte Peter Ellis, Marketing-Direktor, beim Gewinner.