Gentleman bat zur Kasse:

EDV-Leiter erpreßt eigene Firma

28.01.1977

ROTTERDAM - Neue Variante der Computerkriminalität: Der 25järige Rodney C., EDV-Leiter der ICI (Industrial Chemical Industries)in Rotterdam, stahl zahlreiche Magnetplatten und -bänder und verschwand spurlos. Für die Rückgabe des Materials verlangte er telefonisch etwa 1,25 Millionen Mark "Lösegeld".

Für seinen Arbeitgeber, die ICI, eine peinliche Angelegenheit: Stand doch die Jahresbilanz an, zu deren Erstellung die geraubten Daten ausgewertet werden mußten.

Rodney C., der in zwei Jahren eine Blitzkarriere in der ICI-Hauptverwaltung in Rozenburg gemacht hatte, fuhr am Wochenende des 7. bis 9. Januar 1977 mit seinem Privatwagen in den Hof des ICI-Verwaltungsgebäudes. Die vielgerühmten Sicherheitsmaßnahmen überwand er auf denkbar einfache Weise: Er nahm nicht den streng gesicherten Haupteingang, sondern schlüpfte durch einen unbewachten Hintereingang. In der EDV-Abteilung öffnete er die Tresore und entnahm Dutzende von Plattenstapeln mit wichtigen Bilanzdaten, die er im Kofferraum seines Wagens verstaute. Beim Hinausfahren winkte er dem Pförtner des Haupteingangs noch freundlich zu. Anschließend plünderte Rodney C. das abseits gelegene Archiv der Firma und ließ etliche Bänder "mitgehen", so daß von den wichtigen Daten weder Original noch Kopie vorhanden war. In einem anonymen Telefonanruf setzte er dann die Direktoren der ICI von seinem Coup in Kenntnis und bat zur Kasse.

Von den Ereignissen überrumpelt, zeigte sich die Firma "einsichtig" - man einigte sich auf eine Summe von 850000 Mark. In einem Koffer deponiert, gelangte das Geld unter der Obhut eines ICI-Direktors nach London, wo vor einer Boutique in der Oxford-Street die Übergabe verabredet war. Doch als die Diebe - wie sich später herausstellte, hatte Rodney C. einen Komplicen - nach dem ; Aktenkoffer mit den Banknoten griffen, nahm der Spuk ein jähes Ende: Beamte von Scotland Yard waren auf dem Posten und nahmen die beiden Gangster fest. ob