Der Markt für qualifizierte Mitarbeiter ist leergefegt:

EDV-Branche stöhnt unter Personalmangel

10.11.1978

BASEL (sg) - An der EDV-Branche sind bislang alle konjunkturellen Tiefs mehr oder weniger spurlos vorübergegangen. Der Aufschwung der Branche hält unvermindert an, beschert jedoch den einzelnen Unternehmen ein ständig größer werdendes Problem: qualifiziertes Personal wird immer mehr zur Mangelware.

Besonders betroffen von der prekären Situation auf dem Markt für EDV-Personal sind die im Hard- oder Software-Bereich tätigen Unternehmen. Und hier sind es wiederum gerade die Software-Unternehmen, denen die Rezession in ihrer Spätphase zwar einen ungeahnten Boom brachte, die aber besonders unter der Personalknappheit stöhnen. Fachleute fehlen - vom einfachen Programmierer bis hin zum hochdotierten Datenbankspezialisten - an allen Ecken und Enden. Lediglich für Tätigkeiten mit verhältnismäßig kurzer Anlernzeit, wie Operator oder Datentypistin, lassen sich noch einigermaßen problemlos Mitarbeiter finden. Eine der Hauptursachen für die kritische Lage am Arbeitsmarkt für DV-Personal ist wohl hauptsächlich in den während der einstigen Hochkonjunktur gemachten Versäumnissen zu suchen. Mit einer gezielten und qualifizierten Ausbildung wollte oder konnte sich damals keiner mehr abgeben. Und heute hat die gesamte Branche unter den Konsequenzen zu leiden.

Dabei sind die in letzter Zeit bekannt gewordenen Selbsthilfe-Aktionen - auch im Anwenderbereich - nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Um wieder zu einem einigermaßen ausgewogenen Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zu kommen, muß jedoch etwas mehr unternommen werden. Vor allem gilt es, sich klar darüber zu werden, daß die Vernachlässigung der Ausbildung auf Dauer nur noch tiefer in die Schwierigkeiten hineinführt. Dies wird besonders dann deutlich, wenn man sich einmal eine überschlägige Aufstellung über die Kosten macht, die allein bei Stellenwechsel eines Programmierers anfallen können.

Am Beispiel eines qualifizierten Mitarbeiters mit einem jährlichen Salär von 45 000 Franken würden die Kosten für einen Ersatz des ausgeschiedenen Mitarbeiters etwa folgendermaßen aussehen:

- Anwerbungskosten: Entwurf, Disposition und Aufgabe von Stelleninseraten

1800 Franken

- Einstellungskosten: Einstellungsgespräch, Einholen von Referenzen und weitere Abklärungen 1600 Franken

- Einführungskosten: Einführung in alle Betriebsabläufe, Anlernzeit und interne Verwaltungsorganisation 3500 Franken

Einarbeitungskosten: Minderleistungen während der ersten 2 Monate der Einarbeitung sowie Unterstützung durch andere Mitarbeiter 13 500 Franken

- Abgangskosten: Minderleistungen des ausscheidenden Mitarbeiters während seiner dreimonatigen Kündigungszeit 8100 Franken:

- Entlassungskosten: Verwaltungstechnische Änderungen bedingt durch das

Ausscheiden eines Mitarbeiters 500 Franken

Alles zusammen genommen, ergibt sich ein Betrag von 29 000 Franken. Ob man jedoch einen Mitarbeiter findet, und ob sich das Spiel nach einiger Zeit vielleicht schon innerhalb der Probezeit

- nicht wiederholt, ist noch lange nicht garantiert.

Auf längere Sicht dürfte es sicher rentabler sein, erst einmal zu versuchen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den zum Weggang bereiten Mitarbeiter zu halten. Und dazu gehört nicht zuletzt auch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung.