Lufthansa Systems aus dem Rennen

EDS kauft IT-Tochter der bankrotten Swissair

16.11.2001
ZÜRICH (CW) - Die Atraxis Group, IT-Tochter der bankrotten Fluglinie Swissair, ist für einen ungenannten Preis an EDS verkauft worden. Ärgerlich dürfte dies vor allem für die Lufthansa Systems Group sein, die seit Juli 2001 Fusionsverhandlungen mit Atraxis geführt hatte.

Atraxis wurde von der zahlungsunfähigen Mutter in die Tiefe gerissen. Rund 25 Prozent des Jahresumsatzes von 639 Millionen Schweizer Franken (852 Millionen Mark) entfielen Angaben des Unternehmens zufolge auf Geschäfte mit der Swissair. Andere Quellen sprechen von 60 Prozent Umsatz, die aus dem gesamten Swissair-Konzern stammen. Sicher ist, dass die Mutter keine Zahlungen mehr leisten konnte, so dass auch die Atraxis Group in Schwierigkeiten geriet. Finanzhilfen der Kantone Zürich und Basel sicherten schließlich den vorübergehenden Betrieb des IT-Dienstleisters. Letztlich war es ausgemachte Sache, Atraxis aus dem Swissair-Konzern zu lösen und zu verkaufen.

Die Schweizer wechseln nun unter das Dach von EDS, sofern die Kartellbehörden keinen Einwand erheben. Das texanische Serviceunternehmen baut mit Atraxis seine ohnehin führende Position im Bereich der IT-Dienstleistungen für die Luftfahrtbranche aus. EDS betreibt im Rahmen von Outsourcing-Verträgen bereits die Rechenzentren von Fluglinien wie American Airlines, US Airways, British Airways und Continental Airlines. Zudem übernahm der Konzern im vergangenen März die weltweiten IT-Aktivitäten von Sabre für rund 670 Millionen Dollar. Laut Einschätzung der Investmentbanker von Merrill Lynch ist EDS im Luftfahrtsektor doppelt so groß wie die Nummer zwei in diesem Markt, IBM Global Services. Allerdings ist der Markt stark fragmentiert. EDS-CEO Dick Brown schätzt den eigenen Anteil auf zehn Prozent.

An einer Akquistion von Atraxis war auch ein Bündnis aus Lufthansa Systems und IBM Global Services interessiert. Allerdings hat das Duo am Ende doch kein Angebot abgegeben. Aufgrund der derzeitigen Unsicherheiten in der Schweizer Luftfahrtindustrie sei der Lufthansa das Risiko zu groß gewesen, erklärte ein Unternehmenssprecher. Dennoch dürfte die IT-Tochter der Kranich-Linie der entgangenen Möglichkeit nachtrauern, denn bereits seit Juli hatten gemeinsame Arbeitsgruppen Synergieeffekte einer Fusion erörtert. Erst das Desaster der Swissair bereitete den Plänen, zum Jahreswechsel als gemeinsames Unternehmen zu starten, ein Ende.

Atraxis offeriert Systeme für den Flugscheinverkauf und die -reservierung und bietet außerdem Beratungs-, Integrations- und Betriebsdienste an. Insgesamt versorgte der Anbieter mit seinen zirka 2100 Mitarbeitern 60 Fluglinien und 40 Flughäfen mit IT-Services. Der Jahresgewinn 2000 belief sich auf 15,3 Millionen Schweizer Franken (20,4 Millionen Mark). (jha)