Vertrag mit Sita-RZ schützt Amadeus-Gruppe vor Panne mit System One, aber:

Eastern-Air-Software fällt bei Pan Am durch

04.09.1987

FRANKFURT/FRAMINGHAM (CW) - Als im wahrsten Sinne des Wortes "unberechenbar" erwiesen sich die Preise für internationale Tickets, als die Fluggesellschaft Pan Am die Kalkulationssoftware des DV-Serviceuntemehmens Sabre testete. Das Delikate an der Sache: Entwickler des Programms war ursprünglich Eastern Airlines, über die Tochter System One Partner der Amadeus-Gruppe. Die Lufthanseaten haben allerdings vorgesorgt.

Mit dem Abbruch ihrer Geschäftsvereinbarungen beendeten Pan Am und American Airlines (AA) kürzlich einen bis vor den Kadi getragenen Streit, in dessen Mittelpunkt eine strategisch wichtige Software stand. Weil es den Softwerkern von American Airlines' Ableger Sabre nicht gelang, eine funktionierende Schnittstelle zwischen dem Pan-Am-Reservierungssystem "Panamac" und dem Sabre-Netz herzustellen, ist nun die 14monatige Kooperation der beiden Groß-Carrier zusammengebrochen.

Letzten Endes scheiterte der Versuch, Pan Am an Sabre anzuschließen, an der fehlerhaften Kalkulation der Auslandsverbindungen. Das Know-how der Sabre-Ingenieure reichte dafür offenbar nicht aus erklärlich, denn American Airlines ist zu 70 Prozent im Inlandsgeschäft tätig und bedient nur wenige internationale Destinationen. Die Stärke von Pan Am hingegen liegt im Europa-Verkehr; 70 Prozent des Umsatzes werden mit grenzüberschreitenden Flügen erwirtschaftet.

So kam es, daß der Computer im Testlauf sowohl "exzessiv hohe" Preise auswarf als auch dermaßen billige Tickets, daß die Buchungen in der Praxis ein Verlustgeschäft für Pan Am bedeutet hätten. Schimpft deren Marketing Information Systems Manager, Robert Mann: "Was man uns angeboten hat, war nicht einmal annähernd vergleichbar mit unserer bisherigen eigenen Software." Dieses Programm, Panafare genannt, ist laut Mann in der Lage, bei 90 bis 95 Prozent der Kundenwünsche korrekt zu rechnen. In den übrigen Fällen, in denen es um komplizierte Sondertarife auf Fernreisestrecken geht, muß ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft eingreifen und die Kalkulation ergänzen. Läuft die Buchung vom Reisebüro aus, ist ein zusätzlicher Arbeitsgang, etwa ein Anruf des Expedienten bei der Gesellschaft, unvermeidlich.

American Airlines kaufte Domestic-Programm

Mann führt die Probleme der Sabre-Leute bei der Softwareentwicklung darauf zurück, daß sie die derzeitigen Tarifkalkulationsroutinen des AA-Systems mit "Panamac" zusammenzubringen versucht hätten. Diese AA-Software wiederum basiere auf dem vom Konkurrenten Eastern Airlines entwickelten Automated Tariff and Fare Determination System (ATFDS), das auf den "Domestic"-Bereich ausgerichtet ist.

Die Firmengruppe Eastern Airlines/Texas Air ist nun aber über ihre DV-Tochter System One Softwarepartner des Generalunternehmers IBM beim Amadeus-Projekt von Lufthansa und Air France. Eine neue Software nach Spezifikationen des Amadeus-Konsortiums ist derzeit bei System One in der Entwicklung, weil die ATFDS-Software sich für den hiesigen Markt nicht eignet.

Nach Angaben von Wolfgang John, Manager für automatisiert Reisevertriebssysteme in der Frankfurter LH-Basis, müssen die Vorgaben der Europäer bis Juli 1989 in lauffähige Programme für das Münchner Amadeus-RZ umgesetzt sein. Sollte System One bis dahin die Aufgabe nicht bewältigt haben, könne sich die Amadeus-Gruppe - wie bisher schon Lufthansa, SAS oder Iberia - auf die Société Internationale des Télécommunications Aéronautiques (SITA) stützen. Die SITA eine Unterorganisation der IATA, unterhalte ein Rechenzentrum in Atlanta/Georgia, das in wesentlichen Punkten nach den Spezifikationen der Lufthansa arbeite, die bei dem Projekt als "Launching Carrier" von Anfang an dabei gewesen sei; die Hardware stamme von Sperry/Unisys.

John verweist darauf, daß sich die Lufthansa die Rechte an den SITA Programmen gesichert habe und von daher keine Probleme bei der Umstellung der Reisevertriebssysteme auf das Amadeus-Rechenzentrum zu erwarten seien. Notfalls könne de Unisys-Rechner dem Münchner IBM-Zentralsystem zuarbeiten.