Gastkommentar

E-Business braucht ERP

01.12.2000
Günter Wiskot, Vorstand Command AG, Ettlingen

Die Marketing-Abteilungen laufen auf Hochtouren und präsentieren quasi im Monatsrhythmus neue Begriffe und Three-Letter-Words, die die Epoche "nach ERP" kennzeichnen sollen: SCM, EAI, E-Business und neuerdings Collaborative Commerce.

Die zugrunde liegende Analyse trifft im Kern zu: Mit der zunehmenden Vernetzung wird das Einzelunternehmen mehr und mehr zu einem Glied einer Kette. Während das Ziel von ERP-Systemen die Integration der Abläufe eines Unternehmens in einer einheitlichen Datenbank ist, geht es in Zukunft um die Integration verschiedener Einzelunternehmen zu einem Lieferverbund. Monolithische ERP-Systeme werden zu einem Anachronismus. Motor dieses Prozesses ist unter anderem das Internet.

Also "E-Business statt ERP", wie neuerdings zu hören ist? Man sollte sich darauf besinnen, was das Internet eigentlich ist: Nämlich kein selbstgenügsames Medium, sondern ein Kanal für den Transport von Informationen. Diese müssen aber irgendwo erzeugt werden. E-Business braucht ERP. Was zu tun bleibt, ist die Einigung auf Standards in der Datenübertragung. Das ist keineswegs revolutionär: In der Automobilbranche arbeitet man seit Jahren hocheffizient mit dem VDA-EDI-Standard.

Die Automobilzulieferer praktizieren SCM auf höchstem Niveau, verzichten aber keineswegs auf den Einsatz von ERP-Systemen. Im Gegenteil: Die Just-in-Time-Lieferung stellt enorme Anforderungen an Produktionsplanung und Warenwirtschaft, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Man sollte auch einmal einen Blick in die mittelständische Realität werfen. Hier findet man noch massenhaft heterogene Systemumgebungen. Wer das Ende der ERP-Epoche ankündigt, tut dies, bevor sie richtig begonnen hat.