Fachexperten hängen beim Gehaltszuwachs Org.DV-Leiter ab:

DV-Spezialisierung zahlt sich verstärkt aus

27.02.1987

MÜNCHEN - Überrundet haben DV-Spezialisten beim Gehaltszuwachs im vergangenen Jahr ihre Vorgesetzten, die Org./DV-Leiter und Informationsmanager. Auch beziehen sie häufiger als diese die in der Computer-Branche noch seltenen finanziellen "Extras", fanden die Analytiker der Hay Associates in Frankfurt heraus. Als Motivation bei anspruchsvollen Fach- und Führungsaufgaben gilt indes wie bisher: "Geld ist eben nicht alles".

In dem Feld der Spitzenreiter auf dem Gehaltsmarkt führen nach Meinung von Norbert Schneider, Gehaltsanalytiker der Hay Associates, Mitglied der Hay-Gruppe, in Frankfurt, besonders DV-Funktionen mit Führungsverantwortung wie etwa der DV-Leiter. Seinen finanziellen Vorsprung machte auch die Kienbaum Vergütungsberatung in Gummersbach 1986 mit Blick auf alle Branchen aus. Bereichs- und Abteilungsleiter verdienen im Schnitt einen gemittelten Jahresbezug von "nur" 100 000 Mark.

Selbst wenn DV-Spezialisten über den jährlichen Cash hinaus in aller Regel kaum variable Gehaltsbestandteile wie etwa Boni, Prämien, Erfolgsbeteiligungen oder auch den Dienstwagen gewährt bekommen, so rangieren sie immer noch mit bis zu sieben Prozent Gehaltszuwachs über dem allgemeinen Marktniveau, ergaben Hay-Berechnungen.

Hochqualifizierte DV-Spezialisten, die eine mehrjährige Berufserfahrung aufweisen, verdienten 1986 durchschnittlich zwischen 90 000 und 110 000 Mark an Grundgehalt. Dies schließt bare Bezüge, so das Urlaubsgeld, ein. Damit liegt beispielsweise der Systemanalytiker oder Datenbankexperte mit acht bis zwölf Prozent deutlich vor dem Key-Account-Manager in der Großkundenbetreuung anderer Branchen und über dem vergeichbaren Marktmittel, meint Hay-Gehaltsexperte Schneider.

Für den DV-Praktiker zahlt sich der Faktor "Ausbildung" ebenso aus wie für den Führungsnachwuchs. Vor allem das akademische Studium erhöht die Chance, innerhalb der Unternehmenshierarchie in höhere Leitungsebenen aufzusteigen, stellen die Gummersbacher Berater fest. Beim Nachwuchs aus Hochschulen beziffern sie für Ingenieurwissenschaftler Startgehälter um 55 000 Mark, für Fachhochschulabsolventen um 44 000 Mark.

Wie die Vergütung für eine Fach- und Führungskraft geregelt wird, bemißt sich vor allem danach, in welcher Ebene sie innerhalb der Unternehmenshierarchie ihren Platz findet: Es gilt Volumen proportional zur Höhe. Für Gesamtbezüge per anno mag dies auch weiterhin zutreffen. Zumindest im vergangenen Jahr jedoch konnten die Frankfurter hierzulande eine Verlagerung bei Zuwachsraten feststellen. Mit kräftigen Sprüngen setzten sich mittlere Fach- und Führungskräfte beim prozentualen Verdienstzuwachs weit vor jene DV-Entscheider direkt unter der Top-Etage.

Deren monetärer Aufwind nimmt sich flau aus - sowohl gegenüber unmittelbar unterstellten Mitarbeitern wie ihren Weisungsbefugten, etwa den Geschäftsführern. Diese verzeichneten ein Einkommensplus von etwa zehn Prozent, beobachtete Unternehmensberater Frank Grätz aus Bergisch Gladbach, und strichen im Schnitt 276 000 Mark ein - deutlich mehr als der Gesamtdurchschnitt bei Branchenkollegen.

Überwiegend ebenfalls mit Managementaufgaben betraut, zahlt sich indes das erhöhte Maß an Leistungsstandards und Führungsverantwortung beispielsweise des Org./DV-Leiters nicht unbedingt bar aus. Ein solcher Hauptabteilungs- oder Bereichsleiter etwa kann zwar ein durchschnittliches Gehalt von bis zu 140 000 Mark aufweisen. Er muß sich aber lediglich mit einem Zuwachs per anno zwischen einem und drei Prozent, verglichen mit dem Marktmittel, begnügen. Immerhin liegen die hochkarätigen DVer nach Kienbaum-Werten aber noch vor den meisten Branchen-Kollegen. Im Schnitt betragen dort die Gesamtbezüge 130 000 Mark.

Eher unterentwickelt scheint den Frankfurter Hay-Analytikern die Bezahlungspraxis für variable Gehaltsbestandteile, die dieser hochangesiedelten Berufsgruppe wenig oder gar nicht gewährt werden. Dies ist ein weiteres Ergebnis aus Arbeiten an einer Gehaltsanalyse über das gesamte Spektrum der Informations- und Datenverarbeitung, die neue Tätigkeitsfelder wie den PC-Betreuer erfassen wird.

Auch Unternehmensberater Frank Grätz sieht bei betrieblichen Zusatzleistungen ein Manko in der DV-Branche. Aufgeteilt über das gesamte Marktsegment machten Boni-Zahlungen nach Erkenntnissen des Beraters aus Bergisch Gladbach etwa ein Fünftel, nach Kienbaum-Werten sogar nur 15 Prozent des Jahresgehaltes aus.

Wird allerdings im Einzelfall ein solches "Bonbon" gewährt, läßt sich diese Motivationsspritze, so Grätz, durchaus als "vollmundig" bezeichnen. Diesen Anreiz nutzen seiner Meinung nach bei weitem nicht alle High-Tech-Unternehmen. Denn für die meisten der qualifizierten Positionen bei DV-Führungs- und Fachmännern gilt, meint Frank Grätz, daß der Inhalt der Arbeit motiviere: "Geld ist eben nicht alles".