Nachträgliche Kontrolle ist unwirtschaftlich:

DV-Revision muß projektbegleitend erfolgen

31.07.1987

Der Anteil der SW-Entwicklungskosten am gesamten DV-Budget nimmt ständig zu. Ist der Einsatz geeigneter Standardsoftware nicht kostengünstig möglich, so muß zumindest die firmeneigene Erstellung von Softwareprojekten effizient erfolgen. Sofern bereits eine DV-Revision vorhanden ist, sollte diese bei wichtigen Projekten begleitend tätig werden, denn die nachträgliche Berücksichtigung der Revisionsanforderungen ist unwirtschaftlich.

Die Aufgabe einer DV-Revision ist neben der Rechenzentrumsbetriebsprüfung die Überprüfung der Softwareerstellung und -pflege mit gleichzeitiger Beratung im Sinne einer konstruktiven Kritik. Die Prüfungskriterien hierzu sind Funktionsfähigkeit beziehungsweise organisatorische Zweckmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Vor allem zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit von Softwareprojekten kann die DV-Revision wesentlich beitragen; sie bekommt dadurch immer größere Bedeutung.

Erfolgt die Überprüfung einer Anwendung jedoch erst nach Abschluß des betreffenden DV-Projektes, also ex-post, dann kann die DV-Revision keine Einfluß mehr auf die Einhaltung der Softwareerstellungs- und Dokumentationsrichtlinien nehmen. Bei einer projektbegleitenden Überprüfung - also ex-ante - entsprechend eines Phasenkonzeptes hingegen können vor allem Kosten gespart werden, weil die von der DV-Revision geforderten Maßnahmen noch während der Softwareerstellung berücksichtigt werden.

Allerdings verlangt die projektbegleitende Prüfungsmethode die Erfüllung der folgenden drei wichtigen Voraussetzungen: Die DV-Revision muß über die erforderliche Anzahl an Mitarbeitern mit entsprechender Qualifikation zur Prüfung wichtiger Projekte erfolgen. Ein laufender Informationsfluß zwischen der DV-Revision und den parallel arbeitenden Projektteams ist zu realisieren, damit ein Revisor gleichzeitig mehrere Projekte ex-ante gemäß eigenem Ermessen prüfen kann. Die Verfahrensdokumentation (System-, Programm- und Anwenderdokumentation sowie programmspezifische RZ-Dokumentation mit Gliederung und Inhalt gemäß dem ADV-Merkblatt der Finanzbehörden; siehe auch CW Nr. 38 vom 20. September 1985, Seite 73/ 74, "Dokumentation nicht Selbstzweck der Revision") muß auch nach Abschluß der betreffenden Phase zur Verfügung stehen. Dies erfolgt am sichersten und damit auch am wirtschaftlichsten computergestützt statt in Form von manuell auszufüllenden Formularen.

Generell kann eine Prüfung am Bildschirm nur mit Hilfe einer im Computer abgespeicherten Verfahrensdokumentation erfolgen, zu deren Erstellung sowohl die Textverarbeitung als auch ein Data-Dictionary-System herangezogen wurde.

Vier Kriterien können zur Bestimmung wichtiger DV-Projekte dienen:

- Rechtfertigen die Größe eines Projektes und die zu erwartenden Kosten die Durchführung einer projektbegleitenden Prüfung?

- Rechtfertigt der mit dem DV-Projekt angestrebte Nutzen gemäß der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die projektbegleitende Überwachung der Kosten?

- Handelt es sich bei dem Vorhaben um die Verarbeitung personenbezogener oder sonstiger sensibler Daten, bei denen strenge Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden müssen?

- Ist die nachträgliche Realisierung der DV-revisionsspezifischen Anforderungen aus Zeit- und Kostengründen mit großen Schwierigkeiten verbunden?

Die DV-Revision muß bei einem solchen Projekt nicht ständig mitwirken. Vielmehr sollten mehrere wichtige Projekte parallel von einem Revisor betreut werden. Da die Tätigkeit einer Revision grundsätzlich vor allem darin besteht, die Einhaltung vorhandener Richtlinien zu überprüfen, handelt es sich bei einer projektbegleitenden Prüfung von DV-Vorhaben insbesondere um die Überprüfung der Einhaltung der Softwareerstellungs- und Dokumentationsrichtlinien bei den fünf Projektphasen:

Projektvorschlag mit

- Bearbeitung Projektantrag

- Voruntersuchung

- Erstellung erster Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

- Festlegung Projekt- und Phasenorganisation

Planungsphase I mit

- Erstellung Idealkonzept

- Ist-Aufnahme und -Analyse

- Fachliche Grobkonzeption

Planungsphase II mit

- Fachliche Feinkonzeption

- DV-Grobkonzeption

- Abstimmung Leistungsbeschreibung

- Testplan

- Schulungsplan

Komplettierung der Systemdokumentation

Realisierungsphase I mit

- DV-Feinkonzeption

- Softwareanpassung

- Programmierung

- Stammdatenübernahme

- Test

Komplettierung der Programmdokumentation

- Arbeitsanweisungen

Komplettierung der Anwenderdokumentation und der programmspezifischen Rechenzentrumsdokumentation

Realisierungsphase Il mit

- Einweisung Anwender- und RZ-Personal

- Organisationsanpassung

- Probebetrieb

- Übergabe

Erstellung Übergabeprotokoll über ordnungsgemäße Übergabe des Verfahrens an den Anwender oder den Rechenzentrumsbetrieb.

Projektende

Die sechste Phase ist die Einsatzphase mit Verfahrensabwicklung (Produktiveinsatz) sowie Softwarepflege und Erfolgskontrolle des realisierten DV-Projektes (Verfahrensanalyse). Hinzu kommt die Verwaltung aller durchgeführten Softwarepflege-Aufträge und die Berücksichtigung dieser Anforderungen in der Programm-, Anwender- und programmspezifischen RZ-Dokumentation durch Austausch der betreffenden Dokumentationsunterlagen mit dem Übergabeprotokoll.

Zwei bis sechs Monate nach Einführung einer neuen DV-Anwendung sollte noch einmal eine DV-Revision mehr im Sinne einer Ex-post-Prüfung bei allen Projekten - also nicht nur bei den wichtigen Projekten - erfolgen. Hierbei ist zu prüfen, inwieweit die ursprünglich Gesetzten Ziele erreicht wurden.

Schwerpunkte dieser abschließenden Verfahrensanalyse zu Händen des DV-Lenkungsausschusses sind die benötigte Zeit und die Kosten für die Softwareerstellung sowie die Nutzung der Funktionen des Verfahrens, die Einhaltung der Ordnungsmäßigkeit und Sicherheit, die Überprüfung vor allem der letztgültigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und das Aufzeigen von Verbesserungsmöglichkeiten.

Gegebenenfalls sind dem DV-Lenkungsausschuß Gründe für bedeutende Abweichungen der DV-Projektplanung und der neuen Ist-Zustand anzugeben, damit diese negativen und auch positiven Erfahrungen bei der Planung künftiger DV-Projekte im Sinne eines Lernprozesses unbedingt berücksichtigt werden.

*Wolfgang Haschke ist Geschäftsführer der EDV-Controlling Unternehmensberatung (ECU) GmbH, Heppenheim.