"DV-Mitarbeiter müssen Anwenderwissen mitbringen"

14.12.1990

Die Zahl der Unternehmen, die in den fünf neuen Bundesländern investieren wollen, ist sprunghaft gestiegen. Das größte Problem stellt dabei der Mangel an Führungskräften dar. Dies ergab eine Untersuchung der Personalberatung Ward Howell, die 370 westdeutsche Manager befragte. Mit dem geschäftsführenden Gesellschafter von Ward Howell, Rolf Dahlems, sprach CW-Redakteurin Hiltrud Puf.

CW: Wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt im Gebiet der ehemaligen DDR ein?

Dahlems: Für die Unternehmen, die dort eine Niederlassung gründen oder anderweitig investieren wollen, wird es sehr schwierig werden, geeignetes Personal zu finden; vor allem, was die Führungsriege betrifft, sieht es wirklich traurig aus.

CW: In Ihrer Untersuchung kommen Sie zu dem Schluß, daß westdeutsche Unternehmen einen Personalengpaß in puncto DV-Verantwortliche befürchten. Wie ist es um die DV-Qualifikation in den fünf neuen Bundesländern bestellt?

Dahlems: DV gehört neben Controlling, Finanzen und Vertrieb zu den problematischsten Bereichen. Die Grundausbildung ist sicher nicht schlecht, aber mit reinen DV-Kenntnissen ist es ja nicht getan. Wenn im Bereich Finanzen eine Systemanalyse anfällt, dann wird sich ein Mitarbeiter aus der ehemaligen DDR sehr schwer tun, weil er die Anwenderseite überhaupt nicht versteht. Datenverarbeitung findet ,ja nicht im luftleeren Raum statt, sondern hat immer mit Problemlösung zu tun. Ein guter DV-Mitarbeiter muß deshalb Anwenderwissen mitbringen, und hier besteht ein enormer Nachholbedarf. Schulungsunternehmen die sich auf Computerwissen spezialisieren, werden sich in den fünf neuen Bundesländern über mangelnde Nachfrage sicher nicht beklagen müssen.

CW: Aber wie wird der Mangel an qualifizierten DV-Mitarbeitern nun kurzfristig behoben?

Dahlems: Die Firmen versuchen zum einen in der Startphase eigene Fachkräfte gen Osten zu schicken und zum anderen die Mitarbeiter der ehemaligen DDR weiterzubilden. Bis genügend qualifiziertes Personal mit dem entsprechenden marktwirtschaftlichen Denken vorhanden ist, wird es sicher noch einige Zeit dauern. Bis jetzt wagt es wohl kaum ein Unternehmen, einen Mitarbeiter aus der ehemaligen DDR zum DV-Leiter zu bestellen. Er ist zum Scheitern verurteilt, weil er die Organisatorischen Abläufe in einem großen Unternehmen nicht kennt.

CW: Halten Sie es für realistisch, daß viele Mitarbeiter bereit sind, in der ehemaligen DDR zu arbeiten?

Dahlems: Ehrlich gesagt nein. Ich glaube nicht, daß es so einfach ist, hochkarätige Manager zum Umzug zu bewegen. Sie sind sicher in den meisten Fällen nicht bereit, auf den Luxus einer guten Wohnung und andere Annehmlichkeiten zu verzichten. Die Unternehmen versuchen deshalb ihr Personal durch sehr hohe Gehälter zu motivieren. Wir haben zum Beispiel eine Führungskraft für Finanzen und Controlling vermittelt, die ihr Gehalt durch den

Umzug verdoppelt hat.