Textverarbeitungsautomaten ersetzen Frauen durch Männer:

Drei Automaten statt einer Sekretärin

28.11.1980

LONDON (gr) - Textverarbeitungsautomaten vernichten - und schaffen Arbeitsplätze. Die Mann/Frau-Relation in der neuen Arbeitsplatzstruktur wird allerdings zugunsten der Männer verschoben. Zu diesem Schluß kommt Emma Bird, die für die britische Equal Opportunity Commission den Einfluß der Informationstechnologie auf Frauenarbeitsplätze im Büro untersuchte.

In Großbritannien werden einer Prognose von Frau Bird zufolge 1985 rund 64 000 Textverarbeitungs(TV)Automaten installiert sein gegenüber 17 800 im vergangenen Jahr und 21600 im laufenden Jahr. Durch Produktivitätsgewinne - einige der befragten Unternehmen sprechen von 100 Prozent bei zentralisiertem Einsatz - werden Arbeitskräfte überflüssig. Nach einer extremen Schätzung ersetzt eine TV-Anlage eine Sekretärin. Falls der unterschiedlichen Nutzung und dem Erfahrungsstand mit den Automaten in der Prognose Rechnung getragen wird, so Frau Bird, setzen drei Maschinen zusammen eine Sekretärin oder Schreibkraft frei. Für Großbritannien, wo im Ballungsraum London Sekretärinnen fehlen, in den übrigen Gebieten aber vergleichsweise wenig Arbeitsplätze offenstehen, würde die vorhergesagte Verbreitung der TV 1985 mindestens 21000 Stellen weniger bedeuten. Da die Unternehmen mit zunehmender Nutzung der automatisierten Textverarbeitung auch mehr Erfahrung gewinnen, dürfte 1990 der Freisetzungseffekt doch bei eins zu eins liegen.

Da besonders Stellen mit einem hohen Anteil sich wiederholender Arbeitsvorgänge, die auf relativ niedrigem Niveau liegen, zur Rationalisierung mittels Computer geeignet sind, werden auch Büroangestellte von dem zunehmenden Einsatz von Informationstechnologien im Büro getroffen.

Die Nachfrage nach ungelernten Büroarbeitskräften wird in den 80er Jahren noch weiter zurückgehen. Betroffen von dieser Entwicklung werden vor allem Frauen. 91 Prozent der weiblichen Büroangestellten waren nach dem 1971 durchgeführten Mikrozensus in Routine-, Sekretariats- und Schreibjobs beschäftigt. 33 Prozent der berufstätigen Frauen arbeiten nach den Untersuchungen von Frau Bird im Büro.

Teil des Verlustes ersetzt

Allein die in den Bereichen Verkauf und Kundenunterstützung geschaffenen Arbeitsplätze veranschlagt Frau Bird mit rund 14 Prozent derer, die durch die Einführung von Textverarbeitungsautomaten verlorengingen. Die Einführung der neuen Technologie schaffe entweder innerhalb der Textverarbeitungs-Hierarchie neue Positionen, oder aber in Bereichen, die direkt mit der TV in Verbindung stehen. 1979, so schätzt Frau Bird aufgrund von Marktanteilen, wurden im Verkaufs- und Unterstützungsbereich 800 Stellen geschaffen.

Doch stehen diese neuen Stellen nicht Frauen und Männern in gleichem Maße offen, geschweige denn, daß die freigesetzten Sekretärinnen hier dieselbe Chance haben wie in ihrem früheren Beruf. Im Verkauf arbeiten mehr Männer als Frauen, die Kundenunterstützung dagegen wird - zumindest zahlenmäßig - von Frauen "beherrscht". Auf drei Stellen im Verkauf werden zwei in der Unterstützung geschaffen. Diese Verschiebung der Chancen auf einen Arbeitsplatz kann nach Ansicht von Frau Bird als Beispiel für die zukünftige Entwicklung stehen. Dazu kommen außerdem, daß die neuen Arbeitsplätze von dem Stelleninhaber eine qualifizierte Ausbildung verlangen. Gegenwärtig jedoch haben mehr Männer als Frauen die entsprechenden Qualifikationen erworben.

Denkbar ist, daß die Einführung der TV die Sekretärin von Schreibarbeiten entlastet. Die verbleibende Zeit könnte für Arbeiten genutzt werden, die den Einstieg ins Management ermöglichten. In Großbritannien fand Frau Bird allerdings kein einziges Unternehmen, bei dem diese Möglichkeit genutzt wurde.