Dow Jones und New York Times gehen eigene Wege US-Zeitungsverlage verstaendigen sich auf nationale Internet- Allianz

02.06.1995

MUENCHEN (CW) - Acht der groessten US-Zeitungsverlage haben sich zu einer Kooperation entschlossen, um einzelnen Tageszeitungen den Uebergang zum elektronischen Publizieren im Internet zu ermoeglichen. Ziel der fuer die Branche bis dato ungewoehnlichen Allianz, die unter dem Namen "New Century Network" (NCN) firmieren will, ist die Etablierung einer gemeinsamen Online-Infrastruktur.

Zu den NCN-Gruendungsmitgliedern gehoeren dem Informationsdienst "online aktuell" zufolge die Zeitungshaeuser Advanced Publications, Cox Newspaper, Gannett, Hearst, Knight-Ridder, Times Mirror, Tribune und Washington Post, die insgesamt 123 Tageszeitungen repraesentieren. Obwohl einige der Gruendungsunternehmen bereits mit elektronischen Zeitungen experimentieren, geht die Tendenz der Verlage dahin, ein gemeinsames US-weites System zu entwerfen. Damit will man, wie es heisst, unter anderem auch versuchen, der wachsenden Konkurrenz Paroli zu bieten.

Allerdings sind zwei der groessten Zeitungsunternehmen der Vereinigten Staaten nicht Mitglied der neuen Allianz: Dow Jones und die New York Times Corp. Eine Sprecherin der "New York Times" begruesste die Bemuehungen der Branche, erklaerte jedoch gleichzeitig, dass drei grosse Haeuser, naemlich die "New York Times", der Boston Globe und die Times Corp., die zusammen 28 regionale Tageszeitungen herausbringen, es abgelehnt haetten, an dem Netzwerkversuch teilzunehmen. Man wolle lieber auf eigene Entwicklungen setzen, hiess es.

Wall Street Journal war nicht eingeladen

Der Verlag Dow Jones, der das "Wall Street Journal" herausgibt und schon eine beachtliche elektronische Praesenz vorweisen kann, war dem Vernehmen nach zu den Gruendungsgespraechen der Allianz nicht eingeladen. Das New Century Network will seinen Mitgliedern sowohl technische wie beratende Unterstuetzung zukommen lassen, damit diese zumindest mittelfristig Nachrichten, Feature-Stories, Sportinformationen, Home-Shopping, interaktive Werbung, Unterhaltungsseiten einschliesslich Veranstaltungskalender sowie E- Mail und elektronische Foren ueber den World-Wide-Web-Service des Internet anbieten koennen.

Ein bemerkenswerter Aspekt ist dabei, wie US-Beobachter meinen, dass die Allianz das in diesen Kreisen immer noch als unsicher geltende Internet als "Veroeffentlichungsplattform" gewaehlt hat. Andererseits hatte erst vor einigen Wochen die "New York Times" neben ihrer Praesenz im Online-Dienst America Online (AOL) auch eine Internet-Version ihrer "Daily News" auf den Markt gebracht. Diese als "NY Times Faxversion" bezeichnete Kompaktausgabe von acht Seiten sieht dem Vernehmen nach auch auf dem Bildschirm wie eine Zeitung aus, waehrend die bisherigen elektronischen Zeitungen in der Regel nur aus ladbaren Textdokumenten bestehen.