Manager kann heute fast jeder werden

Dotcom-Chefs sind häufig zwielichtige Gestalten

03.11.2000
MÜNCHEN (CW) - In rund 40 Prozent der amerikanischen Internet-Companies arbeiten Manager mit einer dunklen Vergangenheit. Die kriminellen Erfahrungen reichen von Betrugsdelikten bis hin zu Kontakten mit der Russen-Mafia.

Dotcom-Manager haben ein gutes, sauberes Image: Sie sind jung, innovativ und erfolgreich. Nach einer Untersuchung der amerikanischen Sicherheitsberater von Kroll Associates ist das Klischee jedoch mit Vorsicht zu genießen. Bei rund 40 Prozent aller Internet-Companies sollen nämlich Topmanager arbeiten, die schon mal den Boden des Gesetzes verlassen haben. In der Old Economy liegt dieser Wert bei etwa zehn Prozent.

Repräsentativ kann man die Untersuchung zwar nicht nennen, denn lediglich 70 Firmen wurden analysiert. Allerdings ist ein eindeutiger Trend festzustellen, denn in 27 Unternehmen wurden Chefs, Direktoren oder Consultants entdeckt, die bereits mit den Justizbehörden zu tun hatten. Mal gab es Verbindungen zum organisierten Verbrechen oder der Russen-Mafia, mal handelte es sich um Verstöße gegen die amerikanischen Handelsgesetze. In anderen Fällen hatten die Manager falsche Bankrotterklärungen abgegeben oder jemanden betrogen.

Nach der Party ins GefängnisNach Aussage von Ernest Brod, Director von Kroll Associates, gibt es mehrere Gründe für die Entwicklung. Zum einen hätten Dotcoms noch keine ausreichenden Filtermechanismen bei der Auswahl ihrer Manager im Einsatz, was auch mit der hohen Geschwindigkeit in der Internet-Branche zu tun habe. Andererseits habe die Geldwelle bei Startups dazu geführt, dass vermehrt zwielichtige Gestalten angezogen wurden.

Das beste Beispiel hierfür ist Michael Fenne, der Gründer des Unternehmens Pixelon. Von den rund 30 Millionen Dollar Startkapital spendierte er im vergangenen Herbst die Hälfte für eine "Einstands"-Party in Las Vegas, auf der die Band "The Who" ihre Wiedervereinigung feierte. Danach stellte er sich der Polizei, die ihn seit Beginn der 80er Jahre wegen Betrugs gesucht hatte. Pixelon ist inzwischen bankrott.

Dass diese Entwicklung nicht nur ein amerikanisches Phänomen ist, offenbarte jüngst der Wirbel um die japanische Niederlassung der Streaming-Media-Company Liquid Audio. Ein ehemaliger Chef des Unternehmens wurde festgenommen, weil er mit Kollegen einen Mitarbeiter entführt und zwei Tage versteckt gehalten haben soll. Das Opfer wollte eine Konkurrenzfirma aufbauen und zu Gesprächen in die USA reisen. Japanischen Presseberichten zufolge wurde der Entführte vor kurzem ebenfalls festgenommen: Nachdem er Liquid Audio verlassen hatte, soll er in das Computersystem seines ehemaligen Arbeitgebers eingebrochen sein.