Freitag der 13. oder die Rache der Wikinger:

Dos-Netze in USA von Viren bedroht

08.09.1989

WASHINGTON (IDG) - Gerüchten in der US-Hackerszene zufolge könnten ein Virus oder mehrere Viren am 12. oder 13. Oktober auf Systemen unter MS/DOS in USA wirksam werden. Ein Beobachter favorisiert drei unterschiedliche Störenfriede als Kandidaten für die mögliche "Netzattacke".

Thomas V. Sobczak sammelt und analysiert seit langem Informationen über Viren und verwandte Stör- und Killerprogramme; für ihn kommen im befürchteten Fall folgende ungebetene RAM-Gäste in Frage: Das US-Virus "Datacrime", ein Programm, das Daten durch die Modifikation von com-Dateien löscht und vielleicht auch die Spur 0 der Festplatte reformatiert; ein westdeutsches Virus, das angeblich Anfang August auf einem Hacker-Meeting in Amsterdam entwickelt worden sein soll und über das Bitnet eingeschleust werden könnte, und schließlich ein "Upgrade" eines bereits bekannten intelligenten isländischen Virus, das sich der Entdeckung entzieht, indem es ständig seine Speicheradresse wechselt.

Bereits vor einem Monat tauchten die Gerüchte in der amerikanischen Presse auf; Sobczak zufolge gibt es seit geraumer Zeit Hinweise in dieser Richtung. Beide genannten Angriffsdaten haben Bezüge: Der 13. Oktober ist in diesem Jahr ein Freitag, und nicht nur in den USA ist Freitag der 13. ein beliebtes Datum für "Zeitbomben" unter den Viren; auch in der Bundesrepublik kommt dann regelmäßig das gefährliche "Israeli-Virus" zur Wirkung. Der 12. Oktober, Jahrestag der Entdeckung der "Neuen Welt" durch Christophorus Columbus, weist in die isländische Richtung, denn dort glaubt man, daß einheimische Seefahrer oder Wikinger vor Columbus in Amerika gewesen seien. Nach Sobczaks Einschätzung könnten das Virus oder die Viren bereits im September in ein DOS-Netz eingeschleust und durch eine Datumsbedingung am 12. oder 13. Oktober ausgelöst werden. Obwohl Sobczak nach IDG-Informationen gute Verbindungen zur Hackerszene hat, bestreiten auch offizielle Stellen nicht seine Kompetenz; von dieser Seite wird allerdings jede Stellungnahme zur Situation verweigert.

DOS-Systeme und -Netze könnten leichter als beispielsweise Unix-Netze "infiziert" werden, wie William Scherlis sagt. Er wolle sich aber nicht auf Spekulationen über mögliche zukünftige Ereignisse einlassen. Scherlis ist Program Manager für Softwareentwicklung bei der Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa) und Mitbegründer einer Arbeitsgruppe, die im Herbst vergangenen Jahres mit der Bekämpfung des Internet- oder Morris-"Wurms" befaßt war. Diese Gruppe sammelt seitdem Anzeichen für Störprogramme in Unix-basierten Netzen. Für die zahlreichen Systeme unter DOS oder DEC-VMS steht kein vergleichbarer Ansprechpartner in den USA zur Verfügung.