Große Probleme bei der Integration von Text- und Datenverarbeitung:

Dokumentationssysteme stehen noch am Anfang

24.09.1982

WIESBADEN - Mehrplatzsysteme, die alle den Anspruch erheben, sowohl die horizontale wie auch die vertikale Integration verwirklicht zu haben, untersuchte die EDV Studio Ploenzke GmbH & Co. KG in Zusammenarbeit mit einem Anwender. Resultat der Untersuchung, über die Jürgen Fuchs, Leiter der Wiesbadener Geschäftsstelle des Beratungsunternehmens, im folgenden berichtet: Alle Systeme hatten Probleme mit der Integration.

Die Frage, für welches integrierte Daten- und Textverarbeitungssystem sich der Anwender entscheiden soll, stellt sich immer dringender für immer mehr Unternehmen:

1. Rationalisierungsreserven im Verwaltungs- und Bürobereich müssen erschlossen werden

2. Anwender fordern das Zusammenwachsen von Daten- und Textverarbeitung

Diese Forderung ist verständlich, weil

- bei den meisten Geschäftsvorfällen Daten und Texte gleichzeitig produziert beziehungsweise verarbeitet werden

- der Sachbearbeiter nicht mit mehreren Bildschirmen und Kommandosprachen konfrontiert werden darf

- bei der elektrischen Speicherung und Verarbeitung von Daten und Texten kein prinzipieller Unterschied besteht; er ist nur historisch bedingt.

3. Hersteller bieten mit großer Euphorie Hard- und Software an, die (laut Prospekt) alle geforderten Funktionen ermöglichen.

4. In den meisten Unternehmen besteht (zur Zeit noch) eine Trennung zwischen "Büroorganisation" und "Datenverarbeitung". Die Folgen sind:

- mangelndes Verständnis der DV-Abteilung für die Probleme und Fragen der Textverarbeitung,

- mangelndes Verständnis der Büroorganisation für die mit der Integration verbundenen Aufgaben,

- Gefahr von Parallelentwicklungen,

5. Fachabteilungen ziehen schnell realisierbare "Insellösungen" der in Aussicht gestellten Gesamtlösung vor, mit der Folge, daß eine nachträgliche Integration immer schwieriger wird.

Vor diesem Hintergrund wurde zusammen mit einem Industriekonzern ein Systemvergleich durchgeführt, bei dem für die Niederlassungen und die Konzernzentrale Mehrplatzsysteme untersucht wurden, die unter anderem alle den Anspruch erheben:

- Daten- und Textverarbeitung auf einem System integriert zu haben (Horizontale Integration) und

- Daten und Texte sowohl dezentral als auch zentral über einen "Durchgriff" auf den Zentralrechner von einem Bildschirm aus verarbeiten zu können (Vertikale Integration)

Nach einer Vorauswahl wurden folgende Systeme in die Untersuchung einbezogen:

- DEC PDP 11/44

- IBM 8100

- Nixdorf 8870

- Philips P7000

- Redactron R4000

- Wang VS80

Damit eine Nutzwertanalyse durchgeführt werden konnte, mußten die Kriterien gewichtet werden. Diese Gewichtung wurde für sieben unterschiedliche Szenarien vorgenommen, um die Signifikation des Ergebnisses überprüfen zu können, das heißt, die zu untersuchenden Systeme wurden aus verschiedenen Interessenlagen bewertet:

1. aus der Sicht der Konzernzentrale (alle Kriterien hoch gewichtet, die die zentrale Steuerung der Systeme und den Verbund bestrafen);

2. aus der Sicht der Niederlassungen (hier standen andere Kriterien - wie Betrieb und Bedienung - im Vordergrund)

3. aus der Sicht des Bedieners (alle Kriterien hoch gewichtet, die Ergonomie, Bedienerführung, Funktionstasten und ähnliches betrafen);

4. aus der Sicht der Systementwickler (wichtig waren hier die Kriterien wie Programmiersprache, Dateiverarbeitung, einheitliche Betriebssysteme für Daten und Texte);

5. hohe Bewertung der anwendungsunabhängigen Kriterien mit dem Ziel, ein einheitliches System im Konzern zu haben;

6. hohe Bewertung der Kriterien, die die kurzfristig zu realisierenden Anwendungen betrafen;

7. keine Betonung bestimmter Kriterien.

Resümee

Bei der Untersuchung hat sich gezeigt,

- daß die Textbe- und verarbeitungsfunktionen durchgängig zufriedenstellend angeboten wurden;

- daß bei der Benutzerschnittstelle (Bildschirm, Tastatur, Drucker) signifikante Unterschiede bestehen, je nachdem, ob sich das Gerät aus einem DV-System oder einem Textsystem entwickelt hat;

- daß Dokumentations- und Retrievalsysteme nur in Anfängen realisiert sind;

- daß alle Systeme bei der horizontalen und vertikalen Integration große Probleme hatten;

- daß alle Hersteller intensiv bemüht sind, das Integrationsziel möglichst schnell zu erreichen.