Marktforscher rät zum Wachstum durch Fusion

Diebold: Europäische DV-Konzerne zu klein

27.09.1991

DÜSSELDORF (CW) - Einen Jahresumsatz von mindestens 40 Milliarden Mark muß ein großes Computerunternehmen nach Einschätzung von Gerhard Adler, Geschäftsführer der Diebold Deutschland GmbH, erwirtschaften, wenn es langfristig überleben will. Europäische DV-Konzerne erreichen diese Umsatzzahl bei weitem nicht.

"Für gefährdet halte ich Olivetti", so der Diebold-Chef in einem Interview mit den "VDI Nachrichten". Die Italiener seien auf Kleingeräte mit großen Stückzahlen spezialisiert auf Märkte eben, wo die Japaner eindeutig dominierten. Die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) und Bull können nach Einschätzung des Marktforschers unter gewissen Voraussetzungen überleben: "Siemens-Nixdorf braucht dringend ein Bein im amerikanischen Markt. Es ist ein großer Vorteil von Bull, bereits im US-Markt vertreten zu sein."

SNI müsse einen amerikanischen Partner finden. Dabei kämen kleine Unternehmen kaum in Frage, da sie den Münchnern nicht zu der nötigen Präsenz verhelfen könnten. "Unisys wäre denkbar doch da gibt es erhebliche Überschneidungen bei den Produkten", so Adler im Interview. Bei DEC und Hewlett-Packard sei vorstellbar, daß das "Liebeswerben" nicht unbedingt auf Gegenliebe stoße. Der Diebold-Chef hätte eine Verbindung mit NCR interessant gefunden, aber der Konzern sei jetzt "unter den Fittichen von AT&T verschwunden".

Adler empfiehlt Hardwarekonzernen generell, sich "konsequent im Softwarebereich zu engagieren". Die Differenzierung im Markt werde in Zukunft nicht so sehr über die Computer, sondern viel mehr über die Software stattfinden. Als Beispiel nennt der Branchenkenner Apple, wo der größte Erfolgsfaktor die Software sei.

Die Suche nach einem starken Partner sei für die europäischen Konzerne unumgänglich, weil die Branche in ein Reifestadium getreten sei, dem sich die Hersteller anpassen müßten. Der Markt polarisiere sich, es entständen einerseits große, weltweit aktive Unternehmen sowie andererseits kleine aktive Nischenanbieter, so Adler. Mittelgroße Unternehmen - und dazu zählen nach den Maßstäben Adlers sämtliche europäischen Computerkonzerne müßten eine gewisse Größenschwelle überschreiten, um zu den großen Universalanbietern zu gehören. Adler wies darauf hin, wie wichtig es sei, daß sich im Falle einer Fusion nicht nur die Produktlinien, sondern auch die Unternehmenskulturen ergänzten. Siemens und Nixdorf, die von den Produkten her sehr gut zueinander paßten, hätten genau hier ihre Schwierigkeiten. Vom einem Merger zwischen Bull und Siemens-Nixdorf sei nicht nur wegen der Überschneidung der Produkt- und Leistungspaletten abzuraten, hier stimmten auch die Unternehmenskulturen nicht überein.