Guter Überblick senkt Softwarekosten

Die vier Säulen des Lizenz-Managements

28.06.2002
Lizenz-Management ist eine in der Unternehmenspraxis immer noch unterbewertete Disziplin. Dabei birgt sie erhebliches Einsparpotenzial. Zu einem effektiven und effizienten Management des Softwareeinsatzes gehören vier Komponenten: Richtlinien und Arbeitsanweisungen, Hard- und Softwareinventar, Lizenzinventar sowie Bedarfsplanung und Beschaffung. Von Christoph Kampmeyer*

Softwarelizenzen stellen vielerorts einen erheblichen Vermögenswert dar. Deshalb liegen durchdachter Einsatz und zielorientierte Planung der Software im Interesse jedes Unternehmens. Doch nur wenige haben die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um Lizenz-Management effektiv und effizient zu betreiben. Das belegt eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG (siehe Kasten "Die Umfrage"). Dazu auch Dieter John, Partner der KPMG in Köln: "Viele mittelständische Unternehmen wissen zumeist nicht, wie groß der aktuelle Bestand an Softwarelizenzen im Unternehmen überhaupt ist. Noch mehr Schwierigkeiten macht die Zuordnung der Lizenzen zu einzelnen Mitarbeitern oder Arbeitsplätzen."

Auf diese Weise bleiben wesentliche Sparpotenziale ungenutzt. "Viele Unternehmen verkennen, dass ein gutes Lizenz-Management zu erheblichen Einsparungen führen kann und damit ein wichtiges Instrument im Rennen um Wettbewerbsvorteile ist", bestätigt John. Es ist bedauerlich, wie selten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird - zumal die Zahl der Softwareprogramme von unterschiedlichen Anbietern ständig zunimmt.

Mit einem guten Lizenz-Management ließe sich beispielsweise die Softwarebeschaffung im Sinne eines strategischen Einkaufs bündeln, um Preisnachlässe auszuhandeln. Darüber hinaus wären sowohl unnötige Kosten als auch rechtliche Probleme zu vermeiden, weil es weder zu einer Über- noch zu einer Unterlizenzierung käme. Doch leider wird die Software häufig nach kurzfristigem Bedarf sowie unabhängig von der Gesamtstrategie für den IT-Einsatz ausgewählt und beschafft. Insofern ist es schwierig, den Überblick über die eingesetzten Programme und die erworbenen Lizenzen zu behalten.

Ein wirksames Lizenz-Management ruht auf vier Säulen: den organisatorischen Regelungen, einem aktuellen Hard- und Softwareinventar, einem ebensolchen Lizenzinventar sowie einer gut strukturierten Bedarfsplanung und Beschaffung. Der Begriff Lizenzinventar bezieht sich hier auf das Erfassen der Softwarenutzungsrechte, während im Softwareinventar die tatsächlich auf den PCs installierten Programme verzeichnet sind.

Die vier genannten Kriterien formulieren Grundvoraussetzungen, die die handelsrechtlichen und steuerlichen Grundsätze einschließen, teilweise aber weit darüber hinausgehen. Im Folgenden sollen sie detaillierter beschrieben werden.

Säule 1: Richtlinien und Anweisungen

Zunächst müssen Richtlinien entwickelt und implementiert werden, die die Nutzung von Software und Internet regeln. Sie sollten Vereinbarungen zu privat angeschaffter Software sowie zum Herunterladen von Programmen aus dem Internet einschließen. Verbindliche schriftliche Arbeitsanweisungen müssen die für das Lizenz-Management relevanten Prozesse dokumentieren. Dies gilt insbesondere für solche Prozesse, die das Hard- und Software- sowie das Lizenzinventar betreffen. Die Verantwortung ist klar zu regeln und in einer Abteilung zusammenzuführen. Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll, die IT-Abteilung mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten. Die Arbeitsanweisungen sollten ausdrücklich verbieten, Software ohne Kenntnis der für das Lizenz-Management verantwortlichen Abteilung zu beschaffen. Durch seine Unterschrift bestätigt jeder Mitarbeiter die Kenntnisnahme sowie die Einhaltung der Richtlinien und Arbeitsanweisungen.

Säule 2: Hard- und Softwareinventar

Ausgangspunkt für jedes Lizenz-Management ist das Wissen um die exakten Bestandszahlen: Wieviele PCs sind im Netzwerk und im "Stand-alone-Betrieb" vorhanden? Welche Software wird wie oft genutzt? Diese Zahlen müssen in ein stets auf dem aktuellen Stand zu haltendes Hard- und Softwareinventar einfließen. Größere Unternehmen sollten die Bestände zudem nach Abteilungen oder Standorten trennen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, PCs und Software jeweils einzelnen Anwendern zuzuweisen. Zur Kontrolle ist in regelmäßigen Abständen eine Hard- und Softwareinventur mit professionellen Tools, beispielsweise einer Asset-Management-Software, angebracht. Manuelle Kontrollen lassen sich dadurch aber nicht vollständig ersetzen.

Säule 3: Lizenzinventar

Sämtliche Softwarelizenzen, die das Unternehmen angeschafft hat, müssen mitsamt den Informationen zu den jeweiligen Versionen und zu Besonderheiten der speziellen Bedingungen erfasst und fortlaufend aktualisiert werden. Soweit keine organisationsweit einheitliche Konfiguration besteht, sollten den einzelnen Lizenzen jeweils spezifische User zugeordnet werden. So lässt sich beispielsweise sicherstellen, dass durch Arbeitsplatzwechsel oder Ausscheiden eines Mitarbeiters frei werdende Lizenzen möglichst bald wiederverwendet werden können. Nur aufgrund eines aktuellen und vollständigen Inventars kann zweifelsfrei entschieden werden, ob die Neuanschaffung einer Lizenz notwendig ist. In diesem Zusammenhang sollte geregelt werden, dass die Personalabteilung zeitnahe standardisierte Meldungen an die lizenzverwaltende Abteilung schickt, sobald ein Mitarbeiter neu eingestellt wird oder ausscheidet.

Ein umfassendes Lizenz-Management erfordert zusätzlich einen regelmäßige Abgleich zwischen dem Software- und dem Lizenzinventar. Auf diese Weise ist jederzeit ein Vergleich der eingesetzten Software mit den vorhandenen Lizenzen möglich, und damit lassen sich überflüssige Neuanschaffungen oder Unterlizenzierungen vermeiden. So fällt auch die Entscheidung leichter, ob eine Vollversion angeschafft werden muss oder ein Update ausreicht. Normalerweise stellt jeder Anbieter für jedes seiner Softwareprodukte einen Lizenznachweis aus; wird er nicht mitgeliefert, sollte er so bald wie möglich angefordert werden. Hilfsweise lassen sich Kaufnachweise nutzen, beispielsweise die Rechnung, die schon wegen der handels- und steuerrechtlichen Vorschriften aufzubewahren ist. Ein gut strukturiertes Lizenz-Management erfordert die Archivierung der Lizenz- und Kaufnachweise nach Produkten und Beschaffungsdatum an einer zentralen Stelle. Entscheidend ist, dass sich in angemessener Zeit ein Überblick über den Lizenzbestand gewinnen lässt.

Säule 4: Bedarfsplanung und Beschaffung

Die Planung des Softwarebedarfs sollte sich nach der unternehmerischen Gesamtentwicklung richten. Die wesentliche Planungsgrundlage bilden dabei die aktuellen Hard- und Software- sowie Lizenzinventare. Bedarfsanforderungen für Software sind mit dem Lizenz-Management abzustimmen. Indem vor der Beschaffung ein Abgleich zwischen Bedarf und Bestand erfolgt, lassen sich unnötige Ausgaben vermeiden. Außerdem müssen in die Softwarebeschaffung auch die für das Lizenz-Management verantwortlichen Mitarbeiter einbezogen werden, um den Überblick über die vorhandenen Softwarelizenzen nicht zu gefährden.

Die zunehmende Bedeutung des Themas Lizenz-Management verdeutlicht einen tief greifenden Wandel der Unternehmensstrukturen. Der Umgang mit immateriellen Vermögensgegenständen muss wesentlicher Bestandteil einer strategischen Unternehmensführung sein. KPMG-Partner John appelliert deshalb vor allem an mittelständische Unternehmen, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Lizenz-Management sei zu verstehen als eine wichtige, interessante, wenn auch manchmal schwierige Management-Aufgabe im Dienste einer effizienten und kostenbewussten Unternehmensführung. (qua)

*Christoph Kampmeyer ist Manager im Fachbereich Financial Advisory Services der KPMG in Köln.

Die Umfrage

Vor allem kleinere Betriebe kümmern sich viel zu wenig um das Thema Lizenz-Management. Zu diesem Ergebnis kommt eine unlängst von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorgenommene Umfrage unter mittelständischen Unternehmen, die auf mehr als 200 online ausgefüllten Fragebögen basiert. Von den IT-Leitern in Deutschland ansässiger Organisationen stufen demnach 40 Prozent das eigene Lizenz-Management als verbesserungswürdig ein. 28 Prozent bewerten es sogar als schlecht. Vielfach mangelt es bereits an grundlegenden Voraussetzungen für die Implementierung eines Lizenz-Managements: der Unterstützung durch die Geschäftsleitung und einer ausreichenden Beteiligung der IT-Fachabteilung an den Entscheidungen über die Softwarebeschaffung. Häufig existieren keinerlei Regeln zur Nutzung von Software und Internet, oder wenn doch, so sind sie den Mitarbeitern nicht selten unbekannt. Auswahl und Beschaffung erfolgen oft kurzfristig bedarfsorientiert und unstrukturiert. Die vollständige Umfrage der KPMG kann als PDF-Version unter www.kpmg.de heruntergeladen werden.

Abb: Sinnvolle Maßnahmen für ein besseres Lizenz-Management

In der KPMG-Befragung wurden neben der IT-gestützten Inventarisierung vor allem klare Verantwortlichkeiten als wichtig genannt. Quelle: KPMG