Fujitsu, Motorola und TRW zeigen Europa, wo es langgeht

Die USA und Japan entwickeln Chips mit Supercomputer-Power

19.01.1990

MÜNCHEN - Amerika und Japan stellen wieder einmal ihre Stärke im Mikroelektronik-Bereich unter Beweis. Die Motorola Inc., in Kooperation mit der TRW Inc., wie auch die Fujitsu Ltd. forschen derzeit mit integrierten Schaltkreisen, die Rechenleistungen heutiger Supercomputer aufweisen.

Der Höchstleistungs-Baustein "Cquax" des amerikanischen Chipgiganten Motorola und der Halbleiterschmiede TRW Inc. soll rund 200 Millionen Gleitkomma-Operationen pro Sekunde ausfahren können. Entwickelt wird der Motorola-TRW-Chip im Rahmen des staatlichen Forschungsprogramms "Very High Speed Integrated Circuit" (VHSIC).

Das "Rezept" für die enorme Rechenleistung von 200 Millionen Operationen pro Sekunde sind vier Millionen integrierte Transistoren jeder der auf dem zwei Zoll großen Schaltkreis untergebrachten Mikroprozessoren verfügt einem Bericht des Wall Street Journals zufolge über die Fähigkeiten eines kompletten Computersystems. Der Mikroelektronik-Winzling sei sogar in der Lage, eigene Systemfehler zu erkennen und diese im Do-it-yourself-Verfahren zu beheben.

Eingesetzt werden soll der Computerchip zunächst vom US-Verteidigungsministerium in der Marine. Mit der kommerziellen Vermarktung des "Cquax" rechnen Motorola und die TRW Inc. in ein bis zwei Jahren.

Was bisher als Utopie galt Rechner mit Supercomputerleistung im Laptop-Format herzustellen - wird nach Meinung des derzeit weltweit umsatzstärksten ASIC-Produzenten Fujitsu Ltd. schon in ein paar Jahren Realität sein. Im Rahmen des japanischen Forschungsprojekts vom Internationalen Ministerium für Handel und Industrie (Miti) entwickelt Fujitsu derzeit in seinen Forschungslabors einen Chip, der leistungsfähiger sein soll als dies heutige Superrechner sind.

Nach Angabe von Makoto Saito, einem Vertreter des Managements bei Fujitsu, ermöglicht der sich noch in der Experimentierphase befindliche Baustein die Ausführung von rund einer Billion Rechenoperationen pro Sekunde. Die kommerzielle Produktion dieses Super-Schaltkreises soll gleichwohl frühestens in zehn Jahren anlaufen.

Auch die IBM überrascht die Fachwelt mit einer brandheißen Neuigkeit: Ein Forscherteam der IBM im amerikanischen Yorktown Heights ist auf eine neue Methode zur Herstellung von superschnellen Computerchips gestoßen. Den Wissenschaftlern des Branchenprimus ist es gelungen, ballistische Elektronen in Halbleitern zu fokussieren und deren Wegstrecken zu beeinflussen.

Mittels dieser neuen Technik könnten künftig gerichtete Elektronenstrahlen in Computerschaltkreisen genutzt werden. Die IBM-Gelehrten sind sich indes sicher, das dies der Weg zu einer neuen Generation von elektronischen Bauelementen und Chips sein wird.

Verfolgt man die sich zur Zeit überschlagenden Meldungen, die vom Fortschreiten der Miniaturisierung künden, ist eines erkennbar: Europa hinkt im Wettlauf um die wichtige Schlüsseltechnologie dieses Jahrzehnts deutlich hinterher. Auch durch die Acht-Milliarden-Initiative "Joint European Submicron Silicon Initiative" (Jessi), an dem zahlreiche europäische Industrie-Unternehmen teilhaben, hat sich bis heute an der Situation nicht allzuviel geändert.