Computerberufe in der Volkszählung 1987 (Teil 6)

Die traditionellen DV-Berufe verlieren nichts an Bedeutung

24.05.1991

Immerhin ein Viertel der DV-Beschäftigten ist nach der jetzt vorliegenden Auswertung der Volkszählungsergebnisse über ihre Tätigkeit nicht erfaßbar. Zwar entstehen nach Auffassung von Werner Dostal* ständig neue Berufsbezeichnungen, an der Bedeutung der traditionellen DV-Berufe hat sich letztlich jedoch nichts geändert.

Sonstige Berufe sind in Berufsklassifikationen oft zu finden. Immer gibt es Personen, die nicht so einfach zuzuordnen sind, die sich nicht genau genug einem Beruf, einem Berufsfeld zuordnen. Bei den Computerberufen ist das genauso. In dem "Resttopf" finden sich die unterschiedlichsten Berufe.

Recht viele Erwerbstätige nennen sich "EDV-Fachmann/ frau" oder "Datenverarbeiter" oder "EDV-Sachbearbeiter". Aus dieser Bezeichnung ist nicht erkennbar, ob die Aufgaben im Bereich der Softwareentwicklung, in der Organisation, im Rechenzentrum oder in Beratung und Vertrieb liegen. Offenbar sind es Erwerbstätige mit recht allgemeinen Aufgaben, die auch kein besonderes Image für sich beanspruchen.

Es ist durchaus bedeutsam, daß in dieser Gruppe ein sehr hoher Frauenanteil zu erkennen ist. Offenbar besetzen Frauen oft Arbeitsplätze, auf denen keine ausgeprägte Spezialisierung erkennbar ist und in denen eher Ad-hoc-Aufgaben geleistet werden.

Eine weitere Gruppe ist die der Fachkaufleute. Es sind vor allem Absolventen neuer Ausbildungsgänge, wie der EDV-Betriebswirt oder der DV-Fachwirt. Eine besondere Rolle spielen die DV-Kaufleute, ein Beruf aus dem Jahre 1969, der eigentlich immer recht umstritten war. Aber die Ausbildungsabschluß-Bezeichnung wird, wie in der Volkszählung deutlich wurde, gerne als Berufsbezeichnung geführt.

Seit es diese Ausbildung gibt, haben knapp 10 000 Auszubildende die Prüfung bestanden. Von ihnen führen etwa drei Viertel ihre Ausbildungsabschluß-Bezeichnung als Berufsbezeichnung weiter.

Auch in diesen Berufen ist der Frauenanteil überdurchschnittlich, wie auch bei den DV-Kaufleuten ebenfalls erkennbar ist.

Die steigende Bedeutung von Absolventen der Informatik-Studiengänge und die Tendenz, daß viele Ausbildungsgänge den Begriff "Informatik" führen, hat die Bedeutung der Berufsbezeichnung "Informatiker" verstärkt. Sicher wird irgendwann die gesamte Berufsgruppe der DV-Berufe die Bezeichnung Informatiker erhalten, doch dies dürfte noch einige Zeit dauern. Berufsbezeichnungen sind extrem konservativ.

Insgesamt ist dies eine recht kleine Gruppe. In den Hochschulen sind bis zur Volkszählung 1987 etwa 15 000 Diplom-Informatiker ausgebildet worden, von denen zwei Drittel offenbar andere Berufsbezeichnungen angeben. Hier scheint das Zertifikat nicht die große Bedeutung zu haben wie bei den DV-Kaufleuten. Auch Wirtschaftsinformatiker, Betriebsinformatiker und Industrieinformatiker dürften mehr ausgebildet worden sein, als hier in der Volkszählung aufgetaucht sind.

Eine weitere Gruppe wird aus bildet. Sie, die alle Fachkräfte der Datenverarbeitung führen und anleiten, lassen sich nicht den einzelnen tätigkeitsorientierten Berufsfeldern zuordnen.

Die Zahlen erscheinen durchaus plausibel: Rein rechnerisch ist ein DV-Leiter für 33 Mitarbeiter verantwortlich. Dies könnte die durchschnittliche Größe einer DV-Abteilung sein. Ob dies der Realität entspricht, ist allerdings mit den Daten nicht nachweisbar. Die spezielle Situation der DV-Führungskräfte läßt sich aber damit durchaus erklären.

Computerberufe werden nur zu einem kleinen Teil durch Absolventen betrieblicher Ausbildungen versorgt. Sehr viele Berufsanfänger kommen über Fortbildung und Umschulung in dieses Berufsfeld. Daß sich so wenige Befragte als Umschüler bezeichnet haben, überrascht. Es müßten weit mehr sein. Offenbar geben Umschüler andere Berufsbezeichnungen an oder lassen den EDV-Bezug nicht erkennen. Der hohe Frauenanteil zeigt, daß der Zugang in Computerberufe über Ausbildungsberufe verstärkt von Frauen wahrgenommen wird. Dies wird besonders deutlich bei den DV-Assistenten.

Die Assistentenausbildung ist als Alternative zum Studium geschaffen worden und erfolgt vor allem an Berufsfachschulen. Dort lernen Abiturienten oder Personen mit mittlerem Bildungsabschluß zwei Jahre, um dann als staatlich geprüfte Assistenten in die Berufswelt entlassen zu werden.

Der Frauenanteil ist in diesen Ausbildungszweigen außerordentlich hoch: Dieser Ausbildungsweg ist speziell für sie gedacht. Spezielle Ausbildungen, wie die Assistentenausbildungen in der Elektrotechnik, waren ursprünglich ausschließlich Frauen vorbehalten.

Wie lange ein Assistent diese Berufsbezeichnung trägt, bleibt bekannt. Es ist aber zu erwarten, daß spätestens dann wenn Personen eine selbständige Tätigkeit leisten, auch die Berufsbezeichnung "Assistent" aufgeben.

DV-Techniker hat es schon sehr früh gegeben. Sie dürften vorwiegend in der Wartung und Instandhaltung von Computern tätig sein.

Der Frauenanteil ist, wie es sich in allen Technikerberufen zeigt, sehr niedrig. Dennoch überrascht es, daß im Falle des Datentechnikers der Frauenanteil vergleichsweise hoch ist. Hier scheinen sich Frauen ein neues Berufsfeld zu schaffen.

Auch die Berufsgruppe der Wissenschaftler ist einer speziellen Tätigkeit kaum zuzuordnen.

Die Dunkelziffer in diesem Berufsfeld ist recht hoch. Viele wissenschaftliche Mitarbeiter geben Berufsbezeichnungen an, die nicht auf eine Tätigkeit in einem Computerberuf schließen lassen, obwohl sie in der Informatik tätig sind. Der hier erkennbare Frauenanteil entspricht etwa dein bei den Informatik-Studenten.

Schließlich gibt es noch die Berufsgruppe der EDV-Revisoren. Sie nennen sich EDV-Controller oder EDV-Supervisor. Es ist eine kleine Gruppe, die aber möglicherweise an Bedeutung gewinnen wird. Der Frauenanteil ist auch heute schon recht hoch.

Mit der Übersicht über die sonstigen Computerberufe schließt diese Serie. Abschließend sei festgehalten:

- Computerberufe haben sich konsolidiert. Es gibt zwar ständig neue Berufsbezeichnungen und neue Aufgabenkombinationen, quantitativ bedeutsam sind aber weiterhin die ganz traditionellen Berufe, die es schon in der Frühzeit der Computer gegeben hat.

- Ganz oben auf der Hitliste stehen der Programmierer, der Operator, der Organisator und der Systemanalytiker.

- Neue Berufsbezeichnungen haben es schwer, breit übernommen zu werden.

- Ausbildungsabschluß-Bezeichnungen werden zunehmend als Berufsbezeichnungen genutzt.

- Frauen sind in den Computerberufen unterrepräsentiert. Sie sind vor allem dort zu finden, wo es sich um zuarbeitende und untergeordnete Aufgaben handelt.

Literatur: Hans-Jürgen Twiehaus, Werner Dostal: Computerberufe. Berufe und Bildung in der Datenverarbeitung. Verlag Bildung und Reisen, Hamburg 1990, 234 Seiten, 12,80 Mark.