Die Speicher der Zukunft werden kleiner und stärker:Der Megabit-Chip steht auf dem Prüfstand

04.03.1983

Kleiner, schneller und leistungsfähiger - so lautet die Devise in den Entwicklungslaboratorien, die sich mit Speichertechnologie auseinandersetzen. Dieser Trend gilt für alle bekannten magnetischen und optischen Speichermedien. Die Bitdichte wird astronomische Werte erreichen.

Bereits vor zwei Jahren erschienen die ersten Dünnfilmköpfe für Plattenlaufwerke auf dem Markt. Diese Technik hat nach Meinung des OEM-Verkaufsleiters der Control Data GmbH, Gert Ohmann, gute Chancen, die führende Technologie in Plattenlaufwerken zu werden.

Dünnfilmköpfe gibt es als Induktions- und als Flaxsensing-Version mit megneto-resistentem Material. Im Gegensatz zu normalen Ferritköpfen, die mechanisch aufgebaut werden und aus Eisen und Spule bestehen, entstehen Dünnfilmköpfe durch Aufdampfen auf fotografisch verkleinerte Masken. Die Technologie ähnelt der der Chip-Herstellung und hat den Vorteil, daß man einen Kopf von sehr kleinen Ausmaßen erhält.

Da auch das Magnetfeld bei diesen Miniköpfen entsprechend kleiner ist, läßt sich der Abstand zwischen zwei magnetisierten Partikeln verringern und damit die Bitdichte erhöhen. Aber dem sind bei den heutigen Verfahren allein durch die Anordnung der Eisenmoleküle Grenzen gesetzt.

Ein Weg aus diesem Dilemma liegt in einem neuen Verfahren: dem "Vertical Recording". Bei dieser Herstellungsart werden die Eisenoxyde, die heute waagerecht angeordnet sind, vertikal nebeneinander aufgebracht.

Haben zwei Eisenmoleküle unterschiedliche Richtungsinformationen und liegen sie waagerecht zueinander, so stoßen sie sich ab. Stehen sie dagegen senkrecht nebeneinander, tritt dieser aus der Schulphysik her bekannte Effekt nicht mehr auf. Dadurch erreicht man eine zusätzliche dichtere Anordnung.

Allerdings gibt es momentan noch Probleme bei der Herstellung der Platten. Ein Weg führt über die Züchtung von Kristallen als Trägerpartikel. Dünnfilmköpfe und senkrechte Aufzeichnungsverfahren zusammen führen zu Bitdichten, die 1990 bei 60 000 Bit pro Zoll (knapp 24 000 pro Zentimeter) liegen.

Auch die Zahl der Spuren pro Zoll (tpi) werden vergrößert. Liegt der heutige Durchschnittswert noch bei 800 tpi, so rechnen die Experten zum Ende dieser Dekade mit 3200 tpi.

Flugeigenschaften verbessert

Aber auch die Steuerung und Ausbildung der Köpfe und die Verbesserung ihrer Flugeigenschaften wird in den Labors diskutiert. Bei der heutigen Technologie liegt der Kopf auf einem Luftpolster, das ihn nach oben drückt. Eine nach unten drückende Feder sorgt für die richtige Flughöhe.

Bei CDC versucht man einen umgekehrten Weg: Hier wird der Kopf durch eine "negative Pressure", einen Sog also, angehoben, während eine Feder ihn auf die richtige Flughöhe zurückzieht. Der Vorteil liegt nach Meinung der CDC darin, daß der Kopf bei der Startphase nicht schleift. Dadurch nütze sich der Kopf nicht so schnell ab.

Auch eine eigene Landezone für das Abtastsystem entfällt auf der Platte. Schließlich sollen auch die Zugriffszeiten in Zukunft verkürzt werden. CDC-Entwickler fanden eine Möglichkeit, jeden Arm für jeweils zwei Köpfe einzeln anzutreiben.

Das "Vertical Recording" wird sich nur bei kleineren Plattengrößen, so bei Drei-Zoll-, maximal Fünf-Zoll-Disks durchsetzen. Bei größeren Durchmessern ergibt sich eine zu hohe Übertragungsgeschwindigkeit. Die Frequenz zum Beispiel bei einer 14-Zoll-Platte ist in den Außenbereichen nicht mehr beherrschbar.

Mit der heutigen Dünnfilmkopf-Technik können auf einem heutigen Medium mit 14-Zoll etwa 850 MB gespeichert werden. Mit dem Vertical Recording steigt dieser Wert auf 5,6 GB. Hier allerdings treten die erwähnten Beherrschungsprobleme auf. Ein 3? bringt es mit konventioneller Technik auf sechs bis zwölf MB, mit senkrechter Aufzeichnung auf immerhin 40 bis 80 Megabyte.

Noch etwas erfordert die neue Technologie: Winchester-Drives. Dies ist nötig, da bei der geringen Flughöhe des Kopfes bereits ein Staubkorn zu einem "Head-crash" fuhren würde.

Auch mit optischen Platten beschäftigen sich die Entwicklungsingenieure. Diese Platten haben den Vorteil, daß sie durch die Laserbeschriftung und Abtastung ein billiges und wartungsfreies Speichermedium darstellen. Der derzeitige Speicherwert liegt bei 200 Millionen Bit je Quadratzoll.

Der Nachteil der optischen Platte liegt darin, daß sie nur einmal beschrieben werden kann. Jedoch arbeiten die Entwickler daran, auch das Löschen und Neubeschreiben zu realisieren. Dies soll mit Hilfe einer magnetischen Schmelzschicht geschehen.

Auch mit verschiedenen Laserstrahlen wird experimentiert. Durch andere Lichtfrequenzen erhofft man sich hier Vorteile bei der Zugriffsgeschwindigkeit.

Auf dem Sektor der Magnetbandspeicherung setzen sich in letzter Zeit "Streaming Tapes" durch. Bei einem Streaming Tape wird der Abstand zwischen zwei Datenblöcken (Inter-record-gap) nicht mehr durch Start und Stop des Bandes realisiert, sondern auf elektronischem Weg bei laufendem Band.

Auch die Aufzeichnungsdichte auf den Bändern wird sich steigern. Josef Schön, Mitarbeiter im Produktmarketing der Siemens AG, geht davon aus, daß in absehbarer Zeit der 9-Spur-Standard zugunsten einer höheren Spurzahl abgelöst wird. Liegt die heutige Speicherdichte in der Längsrichtung bei 6250 Bit pro Zoll (bpi), so wird sie auf 15 000 bpi steigen.

Probleme bieten heute noch die Materialien, aus denen die Schreib-Lese-Köpfe hergestellt werden. Man ist dazu übergegangen, die Köpfe mit einer widerstandsfähigen Keramikschicht zu überziehen. Auch die Dünnfilmkopf-Technik wird sich bei Magnetbändern durchsetzen.