J.D. Edwards legt beim Gewinn um 150 Prozent zu

Die Luft wird dünn für SSA und QAD

04.09.1998

"Für viele Software-Anbieter wird es langsam eng", erklärt Bruce Richardson, Marktbeobachter der AMR Research aus Boston. Der Wettbewerb im ERP-Markt sei enorm stark und eine ständig wachsende Schar von Anbietern kämpfe um immer weniger lukrative Aufträge. Projekte oberhalb der Million-Dollar-Grenze - ein Segment, das seiner Auffassung nach von den Walldorfern beherrscht wird - würden langsam Mangelware.

Laut dem neuesten Report von AMR soll der Markt für ERP-Systeme in den nächsten fünf Jahren um durchschnittlich 37 Prozent per anno wachsen. Der Gesamtumsatz steigt demzufolge von heuer 14,8 Milliarden Dollar auf über 52 Milliarden im Jahr 2002. Dabei nehmen die Geschäfte mit Bestandskunden zu, da sie auf neue Produkte wie etwa Vertriebs- und Marketinglösungen und Software zur Steuerung von Lieferketten (Supply Chain Management = SCM) ausgedehnt werden. Neukunden werden dagegen seltener akquiriert.

Für die kleineren Wettberwerber kommt erschwerend hinzu, daß die ERP-Giganten SAP, Oracle, Peoplesoft und Baan mittlerweile auch für kleine und mittlere Unternehmen Lösungen offerieren und somit angestammte Anbieter in diesem Segment verdrängen. Unbeirrt vom harten Wett- bewerb entwickelten sich jedoch die Geschäfte von J.D. Edwards: Der Umsatz stieg im dritten Quartal verglichen mit dem Zeitraum des Vorjahrs um 47 Prozent auf 239 Millionen Dollar an.

Rick Allen, Chief Financial Officer von J.D. Edwards, verrät sein Rezept für überdurchschnittliches Wachstum: Strikte Kontrolle der Kosten und die Berichterstattung gemäß der amerikanischen Statement of Position (SOP 97-2) seien ein gutes Fundament für Zuwachs. Größte Aktivposten seien allerdings die Produkte "One World" und "World Software", die sowohl für die AS/400 als auch für offene Systeme verfügbar sind. Die Lösungen seien inzwischen den Kinderschuhen entwachsen und stabil. Eine Aussage, die von den Analysten der Ovum Ltd. aus London bestätigt wird.

Größter Umsatzmotor von J.D. Edwards waren die gestiegenen Lizenzeinnahmen: 66 Prozent mehr Produkte konnten verkauft werden, während der Anteil von Service und Wartung um moderate 37 Prozent stieg. 80 Prozent des Gesamtgeschäfts entfallen auf die AS/400-Produktlinie. Mit 20 Prozent (1997: elf Prozent) wächst der Anteil an verkauften Produkten für offene Systeme langsam, aber stetig.

Die Probleme der ebenfalls aus dem AS/400-Umfeld stammenden SSA aus Chikago sind dagegen hausgemacht, urteilt Analyst Laurent Lachal von Ovum Ltd. Zu technikverliebt war der Ex-CEO Roger Covey. Objektorientierung um jeden Preis sowie eine ablehnende Haltung gegenüber Fremd- oder Partnerprodukten, um die Funktionaliät der eigenen "BPCS"-Software zu erweitern: Diese sei Schuld an der Misere der Company, die vor zwei Jahren noch als aussichtsreichster SAP-Herausforderer galt.

Mit einem Verlust von 114,7 Millionen Dollar schließt SSA nun das dritte Quartal des laufenden Geschäftjahres (Ende 31. Juli) ab. Allerdings fielen in diesem Zeitraum Restrukturierungskosten von 120 Millionen Dollar an, ohne die der Verlust etwa 9,1 Millionen beträgt. Der Umsatz sank um 6,8 Prozent auf 106,9 Millionen Dollar. Den stärksten Rückgang von fast 40 Prozent verzeichnet das Unternehmen bei den Lizenzeinnahmen. Für den neuen CEO William Stuek, der die Geschäfte seit April führt, ist dies allerdings kein Grund zur Panik: "Die Ergebnisse entsprechen unseren Erwartungen", sagte er. Mit einem neuen Geschäftsmodell soll die angeschlagene Company 1999 wieder schwarze Zahlen schreiben (siehe dazu CW 29/98, Seite 1).

Leiderprobt zeigt sich Fritz Sidler, IT-Manager Landis & Gyr Europe Corp., einem Anbieter von Gebäude-Automation aus der Schweiz und Vorsitzender der SSA-User-Group Europa: "Die Probleme mit SSA hatten wir in den vergangenen 24 Monaten schon einmal." In der User-Gemeinde sei man schon "etwas skeptisch", gehe aber davon aus, daß SSA es schaffen werde. "Ansonsten wird sicherlich ein potentieller Partner bereitstehen", fügt Sidler hinzu.

Die QAD Inc. weist für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres ebenfalls einen Verlust aus. Karl Lopker, CEO der QAD Inc., führt die rund 4,7 Millionen Dollar Minus auf gestiegene Entwicklungsausgaben zurück. Allein sechs Millionen Dollar seien im letzten Quartal in die Fertigstellung der "On/Q"-Software, einem Paket für die Steuerung und Überwachung von Lieferketten, geflossen. "QAD hat die Kosten für diese Entwicklung unterschätzt", erklärt AMR-Analyst Richardson. Zudem bemängelt er die fehlende Kostenkontrolle bei QAD, die erst zu Beginn des Quartals eingeführt wurde und offenbar noch keine Wirkung zeige. Der Umsatz des in Carpenteria, Kalifornien, ansässigen Unternehmens stieg um 18 auf 47,3 Millionen Dollar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.