Grundlagen wirtschaftlicher Computeranwendung-oder:

Die Industrialisierung der Informationsverarbeitung

01.08.1980

Von Diplomkaufmann Thomas H. Adenauer, Professor an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz

Folge 4

Bei dieser Serie handelt es sich um den Vorabdruck einer Auftragsarbeit für den schwedischen Computerhersteller Datasaab.

Wir müssen uns also wohl oder übel mit den wichtigsten Anwendungsspezifika befassen, um Erwähnenswertes über die Wirtschaftlichkeit der Computeranwendung herauszufinden.

1. Die Anwendung als Rechenautomaten

In der Anwendung als Rechenautomaten sind die beiden wichtigsten Eigenschaften von Computern, die der Hochgeschwindigkeit bei der Ausführung hardwaremäßig geschalteter Funktionen und die der universellen Programmierbarkeit, im Vergleich zu entsprechenden menschlichen Leistungsfertigkeiten oder denen mechanischer oder elektromechanischer Geräte am ergiebigsten.

In dieser sogenannten technisch-wissenschaftlichen Anwendung führt die Mikrominiaturisierung der elektronischen Speicher- und Schaltelemente zum Beispiel dazu, daß es fragwürdig geworden ist, Kindern Kopfrechnen beizubringen. Sinnvoll wäre vielmehr, Kindern möglichst viele Rechenregeln und die Kunstfertigkeit des Programmierens beizubringen. Wieviel wirtschaftlicher als Menschen kleine Computer rechnen können, möge folgendes Rechenexempel zeigen: Wenn wir einen geübten Rechner manuell eine fünfstellige Zahl mit einer fünfstelligen Zahl multiplizieren lassen, braucht er für die ganze Transaktion rund 90 Sekunden. Bei einem Personal-Stundensatz von 20 Mark/Stunde kostet die manuelle Transaktion 50 Pfennig.

Wenn wir dem Rechner einen sogenannten Home-Computer geben, der im Laden rund 2000 Mark kostet, was bei 172 Produktionsstunden im Monat einem Maschinenstundensatz von rund 34 Pfennig entspricht, können wir wie folgt rechnen: Eingabezeit zweier fünfstelliger Zahlen

ca. 5 Sekunden

Auslösen der Funktionen

ca. 1 Sekunde

Rechenzeit

ca. 0,0001 Sek.

Transaktionszeit

ca. 6,0001 Sek.

Die Personalkosten betragen 20 Mark/Stunde

Die Maschinen-Kosten betragen 34 Pfennig/Stunde

der Arbeitsplatz also 20,34 Mark/ Stunde

ohne Nebenkosten.

Bei einer computergestützten Transaktionszeit von 6,0001 Sekunden kostet die Transaktion 0,0339 Mark, sie ist rund 14,7 mal kostengünstiger als die manuelle Transaktion.

Steht die Transaktion im Dienste eines vom Markt bezahlten Prozesses, ist sie maschinell unterstützt mindestens 14,7 mal wirtschaftlicher als die manuelle Abwicklung. In Wirklichkeit ist die Wirtschaftlichkeit wesentlich höher, weil der Mitarbeiter anstatt eineinhalb Minuten nur sechs Sekunden für die Arbeit braucht, im Prinzip also 15 mal mehr leisten kann, als ohne Rechnerunterstützung. Dies ist ein sehr wesentlicher Sachverhalt, auf den ich noch ausführlich zurückkomme.

Ein ganz anderes Gebiet technisch/wissenschaftlichen Rechnens, des der maschinellen Sprachübersetzung: Ich wähle es unter anderem, um der vertrackten Assoziation von Computeranwendung mit Mathematik, mit der sie nichts, aber auch gar nichts zu tun hat, entgegenzuwirken. Durch die Mikrominiaturisierung können inzwischen für die Textanalyse, Vokabularien, grammatische Regeln, sprachliche Manirismen und assoziative linguistische Gebilde so große interne Programm- und externe Datenspeicherkapazitäten bereitgestellt werden, daß die maschinelle Übersetzung bald billiger sein wird als die Übersetzung durch Menschen. Allerdings ist in der linguistischen Anwendung die konkrete und explizite und vor allem allumfassende Ausformulierung nicht nur der Grammatik, sowohl allgemeiner als auch autorenbezogener sprachlicher Manirismen und assoziativer linguistischer Gebilde in einer Sprache sondern vor allem deren eindeutige Wiedergabe, facettenreiche Spiegelung und plastische Abbildung in jeweils der anderen Sprache so aufwendig, daß es zunächst nur spezielle Übersetzungsprogramme für thematisch homogene und begrenzte Textkategorien geben wird.

Mit diesem Beispiel möchte ich folgenden Grundgedanken wirtschaftlicher Computeranwendung etablieren: Zwar macht die Mikrominiaturisierung uns Computer-Power in einem immer günstigeren Preis-/Leistungsverhältnis für die Hardware verfügbar. Die Anwendungskosten bestehen aber eben in ganz wesentlichem Maße auch aus anderen als Hardware-Kosten.

Dieser Satz provoziert endgültig die Frage nach den relativen Anteilen der verschiedenen Kostenkomponenten an den Gesamtkosten der Computeranwendung. Unsere beiden Einfachbeispiele zeigen, wie es sich damit verhält: Je nach Anwendung liegen die Kostenanteile völlig unterschiedlich. Wird fortgesetzt