Die IBM-PC-Front steht

08.07.1983

IBM liefert die Requisiten, die Starberater von SCS sondieren den Softwaremarkt, der Handelsmulti Metro übernimmt den Thekenverkauf: Der IBM Personal Computer, kurz: PC, ein "Eye Catcher", wie man in der Werbebranche sagt, entwickelt sich zusehends zum Kleincomputer-Hit. Doch der Respekt vor der Marketingkunst der IBM-Strategen nimmt längst nicht mit der Vehemenz zu, mit der nun die PC-Welle zu rollen beginnt. Big Blue habe, so die Kritiker, den Publikumsgeschmack falsch eingeschätzt, amerikanische Vertriebspraktiken übernommen, ohne den deutschen Mikromarkt zu kennen. So sei ein Kuddelmuddel entstanden, der seriöse PC-Interessenten abstoße.

In der Tat sind die PC-Straßenverkäufe bisher hinter den Erwartungen der Stuttgarter zurückgeblieben. Doch das besagt nichts Entscheidendes zu der Produktpolitik, die IBM verfolgt. Der Mainframe-Riese muß so tun, als ginge es ihm um den Heim- und Spielcomputermarkt - um den es natürlich auch geht -, während er in Wahrheit um das SNA-Geschäft bangt und um seine Rolle als Leader in der verteilten Datenverarbeitung. Das Host-Busineß, der Verkauf dicker Mainframe-Anlagen, ist eben immer noch das wichtigste, das lukrativste Geschäft. Nur folgt es neuerdings anderen Gesetzen: Nicht mehr die Performance des Zentralrechners steht im Vordergrund, sondern das Zusammenspiel aller Ressourcen im Netz. Die eigentlichen Benutzer, die Mitarbeiter in den Fachbereichen, können bei der Einführung von DDP-Systemen höhere Ansprüche durchsetzen als noch vor zwei, drei Jahren.

Offensichtlich setzt der Trend zum Personal Computing den DV-Managern mehr zu, als diese wahrhaben wollen. Es war doch wohl ein Fehler, die Kraftzwerge zu unterschätzen. Es ist freilich anzunehmen, daß viele DV/Org.-Leiter die Kurve kriegen, sich zu Personal-Computer-Beratern entwickeln. Dies käme der IBM gelegen, die den kommunikationsfähigen PC in ihr Gesamtkonzept einbetten will. So gesehen sieht die IBM-PC-Front in großen Organisationen - trotz aller Unkenrufe. Die Metro-Show dient nur als Ablenkungsmanöver.

Spiel mir das Lied von IBM

Man kennt die Sprüche der Nicht-IBM-Anbieter: "Wir wollen in Koexistenz mit IBM leben, beim Anwender neben IBM als gleichwertiger DV-Partner anerkannt werden." Das Argument, das derlei Sprüche untermauern soll, ist klar: Der Markt wolle keine (IBM-)Monokultur, verlange geradezu nach Alternativen. Die "BUNCH"-Mitglieder Burroughs, Univac, NCR, Control Data und Honeywell haben es drauf; die Europäer Siemens und ICL gehen damit hausieren; selbst die PCMs verwenden es.

Gibt es nun triftige Gründe, das "Mono-Motiv" immer wieder hören zu wollen? Die Hersteller selbst stilisieren es zur Schicksalsfrage hoch. Da meldete sich jetzt die deutsche Sperry GmbH (vormals Sperry Univac) mit einer klaren Absage an einen sklavischen IBM-Kompatibilitätsgehorsam, zu Wort, der, laut Marketing-Direktor Blasberg, "auf lange Sicht selbstmörderisch" wäre. Andererseits, so die Aussage des Sperry-Marketiers, gewinne IBM-Kompatibilität mehr und mehr an Boden, werde die IBM-Welt immer größer. Man interpretiert Blasberg sicherlich falsch, wenn man Resignation zu sparen glaubt, nach der Fatalisten-Regel: Mit IBM tot - ohne IBM tot! Einen Ausweg kennt der Sperry-Prophet indes nicht - den Schiedsspruch überläßt er den Anwendern. Die könnten sich ja für. die richtigen drei Buchstaben entscheiden nämlich "OSI": Open Systems lnterconnection.