Die Grenzen des Cloud Computing

04.03.2009
Von 
Diego Wyllie hat Wirtschaftsinformatik an der TU München studiert und verbringt als Softwareentwickler und Fachautor viel Zeit mit Schreiben – entweder Programmcode für Web- und Mobile-Anwendungen oder Fachartikel rund um Softwarethemen.
Flexible Nutzung, geringe Kosten und leichter Zugang zur Highend-IT: Cloud Computing verspricht viel. Dabei ist das Konzept oft nebulös.

Cloud Computing ist nicht eindeutig definiert. Gartner stellt es als Service dar, mit dem ein Anbieter seinen Kunden skalierbare Kapazitäten an Rechenleistung über das Internet bereitstellt. Für Forrester ist die Cloud ein Pool aus abstrahierter, hochskalierbarer und verwalteter IT-Infrastruktur, die Kundenanwendungen vorhält und nach Verbrauch abgerechnet wird. Die Marketing-Abteilungen von Cloud-Providern wie IBM, Google, Amazon und Salesforce.com besetzen das Thema nach ihren eigenen Interessen und tragen damit zum Definitionswirrwarr und zur Verunsicherung der Anwender bei.

Virtualisierung der Hardware

Ein Blick auf die Unterschiede zwischen den neuen Cloud-Plattformen und den herkömmlichen Diensten der IT-Service-Provider kann helfen, das Phänomen zu verstehen. "Traditionelle Rechenzentrumsbetreiber haben selten virtualisiert und Services via Internet bereitgestellt. Eine dynamische Anpassung der Leistung an den aktuellen Kundenbedarf gab es nur, wenn sie mit dem Outsourcer vertraglich vereinbart wurde", erläutert Rüdiger Spies, Vice President Enterprise Applications bei IDC. Cloud Computing verspreche eine theoretisch unbegrenzte Skalierbarkeit durch Virtualisierung. Insofern entstehe mit Cloud Computing eine neue Servicequalität, betont Spies.

Während traditionelle Rechenzentrumsbetreiber Raum, Energieversorgung, Kühlung und Netzbindung, bereitstellen, "liefern Cloud-Provider Server-Leistung, Speicherplatz und Business-Applikationen, die Anwender gleichzeitig mit mehreren Kunden nutzen", erklärt Ernesto Fries Urioste, Vorstandsmitglied beim Hosting-Anbieter Mesh Solutions GmbH. Ein weiteres wichtiges Merkmal des Cloud Computing ist die Vereinheitlichung der Dienste auf Basis von Internet-Standards und -Anwendungen. "Das senkt die Betriebskosten der Provider und die Preise für Anwender", verspricht Rafael Laguna, CEO von Open-Xchange. Weitere Einsparungen gegenüber dem Eigenbetrieb sind möglich, weil Services nach Verbrauch, also je Speicherplatz, nach CPU-Auslastung oder pro Mail-Account abgerechnet werden.

Fehlende Qualitätsstandards

Weil die Provider die Cloud-Services als Kerngeschäft betreiben, investieren sie ständig in moderne Technik. Mittelständler haben damit Zugang zu Neuerungen, die sie selbst nicht finanzieren und mit eigenen Mitarbeitern weder einführen noch unterhalten könnten. Zudem locken die Anbieter mit kurzen Einführungszeiten.

Allerdings müssen sich die Anwender mit unsicheren Qualitätsstandards bescheiden. Experten warnen vor Abhängigkeit und unzureichenden Service-Level-Agreements (SLAs). "Scheinbar attraktive Angebote wie zum Beispiel Google Apps sind heikel. Es gibt weder alternative Anbieter noch ausreichende SLAs", kritisiert Laguna. Die Bedenken der Nutzer richten sich zunehmend gegen Mängel im Datenschutz, da der Speicherort der Informationen häufig nicht geklärt ist. Bestimmte personenbezogene Informationen dürfen laut Gesetz die EU-Grenzen jedoch nicht verlassen. Die Verantwortung dafür tragen die Anwenderunternehmen.

Für einfache Dienste geeignet

Unterm Strich sind die Angebote noch nicht für geschäftskritische Anwendungen geeignet. Einfache horizontale Applikationen wie etwa E-Mail, Bürosoftware, Messaging und Collaboration, mobile Kommunikation und Content-Management lassen sich dagegen durchaus vom Cloud-Provider beziehen. IDC-Analyst Spies erweitert den Kreis zudem auf Personal- und Spesenabrechnungen sowie Abrechnungsapplikationen. Auch Standarddienste wie Datenspeicher oder CPU-Leistung, so seine Erfahrung, können bedenkenlos bedarfsgerecht über das Internet bezogen werden.