Marktforscher zeichnen düstere Szenarien

Die fetten Jahre im PC-Geschäft sind vorbei

09.07.1999
MÜNCHEN (CW) - Die PC-Industrie hat ihren Zenit überschritten; die goldenen Jahre mit anhaltend hohen Gewinnzuwächsen sind vorbei. Zu diesem Schluß kommt, wer die jüngsten Prognosen von Marktforschern wie Forrester Research oder IDC studiert. Überkapazitäten, ein dramatischer Preisverfall und nicht zuletzt das Internet könnten zu einer rasanten Talfahrt der gesamten Branche führen.

Vieles deutet darauf hin, daß die PC-Industrie nach dem Jahr 1999 dramatische Einbrüche erleben wird. Schon im Jahr 2000 werden etwa die Umsätze im US-amerikanischen PC-Markt im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent sinken, prognostiziert Forrester Research. Eine Erholung in den folgenden Jahren sei kaum zu erwarten. Das moderate Wachstum nach Stückzahlen werde durch den anhaltenden Preisverfall aufgefressen.

Die Rückgänge wiegen angesichts außergewöhnlich guter Geschäftsergebnisse in den vergangenen zwölf Monaten besonders schwer, argumentieren Marktbeobachter. Im Profisegment haben etliche Unternehmen alte PCs ersetzt, weil diese nicht Jahr-2000-tauglich waren. Dieses Geschäft fällt künftig weg. Auch im Consumer-Markt konnten die Hersteller wegen der wachsenden Popularität des Internet Erfolge verzeichnen. Mit 27 Prozent macht nach Berechnungen von Forrester Research die Gruppe der Erstkäufer von PCs in Privathaushalten mittlerweile den größten Markt- anteil in den Vereinigten Staaten aus. Ferner trage der Trend zum Zweit-PC in den eigenen vier Wänden zunächst noch einmal zum Umsatzwachstum bei.

Doch auch diese Entwicklung hat eine Kehrseite. Sowohl professionelle als auch private Kunden legten künftig weniger Wert auf die jeweils schnellste und beste PC-Technik, so die Prognosen.

Für den Zugang zum weltweiten Netz sind Höchstleistungen nicht erforderlich. In beiden Marktsegmenten ist deshalb laut den Marktforschern trotz zunehmender Nachfrage ein massiver Preisverfall zu verzeichnen - allein 14 Prozent im laufenden Jahr. Die Folge: Die Umsätze steigen 1999 nur um magere zwei bis drei Prozent.

Und noch eine weitere Bedrohung kommt mit der zunehmenden Akzeptanz des Internet auf die klassischen PC-Anbieter zu: Kleine tragbare Geräte, die künftig mobilen Anwendern den Zugang ins Netz ermöglichen sol- len, könnten den stationären "Fat Clients" in vielen Fällen den Rang ablaufen. Die wachsende Popularität von Handheld-PCs oder Mini-Notebooks deutet auf eine solche Entwicklung hin.

Gemessen an den Gewinnen ist die Situation etlicher PC-Anbieter schon jetzt alles andere als rosig. Die jüngsten Verluste des weltweit größten PC-Herstellers Compaq sind nur ein Beispiel. Andere Hardwaregrößen wie IBM (eine Milliarde Verlust im PC-Geschäft im Geschäftsjahr 1998) oder Hewlett-Packard (HP) haben schon länger keine Freude mehr an ihren PC-Abteilungen.

Nur langsam setzt sich bei den Herstellern die bittere Erkenntnis durch, daß die mageren oder ganz ausbleibenden Gewinne lediglich zu einem Teil auf Überkapazitäten und den harten Wettbewerb zurückzuführen sind. Immer mehr Anbieter beschleicht die Sorge, die Anwender könnten die bislang durch neue Techniken und aggressives Marketing vorgegebenen Upgrade-Zyklen nicht mehr mitmachen.

Den deutlichsten Hinweis auf einen möglichen Niedergang der klassischen PC-Anbieter liefern Firmen wie Free-PC oder Gobi: Sie verschenken die Rechner gegen den Abschluß von Online-Verträgen und die Offenlegung von Benutzerinformationen.