Die Fäden in der Hand behalten

Die Fäden in der Hand behalten

05.03.2007
Das Auslagern von Teilen der Informationstechnologie (IT) an Dienstleister gehört heute zu den gängigen IT-Strategien. In den letzten Jahren machten immer wieder Outsourcing-Deals mit gewaltigen Summen und langjährigen Laufzeiten von sich reden. Nicht nur gescheiterte oder immer wieder nachgebesserte Verträge haben zu einem Umdenken geführt.Managed Services oder Outtasking – das Auslagern einzelner Aufgaben ohne Übergang von Personal oder Systemen an den Dienstleister – erweist sich häufig als zweckmäßige Alternative.

Der Markt für IT-Dienstleistungen ist ebenso unübersichtlich wie heiß umkämpft. Jenseits der großen Full-Service-Outsourcer bietet eine große Zahl von Spezialanbietern ihre Services an – oft mit überzeugenden Argumenten und zunehmendem Erfolg: von der Auslagerung der RZ-Leistungen – des Blechs, wie der RZ-Mitarbeiter formuliert – zum System- und Application-Management, vom Helpdesk, First- und Second-Level-Support bis zur gesamten E-Mail-, Storage- oder Client-Infrastruktur, von Managed Print Services bis zum Business Process Outsourcing (BPO) kompletter Geschäftsprozesse.

Wer nicht gleich seine gesamte IT aus der Hand geben will, findet vielleicht mit Managed Services die passende Lösung. Unter Managed Services – oder auch Outtasking – versteht man das Auslagern einzelner Aufgaben ohne Übergang von Personal oder Assets. Vorteil: minimales Risiko und komplette Kontrolle. Bei den großen Outsourcing- Deals in der Vergangenheit war fast immer die Übernahme der IT-Belegschaft und Assets wichtiger Bestandteil. Dabei gelangte der Outsourcer nicht selten in den Besitz veralteter IT-Strukturen – und der Auftraggeber in den Ruf, sich seiner Mitarbeiter entledigen zu wollen.

Sicher ist: Die Spezialisierung der Anbieterlandschaft hat zu mehr Wettbewerb geführt, Virtualisierungs- und Automatisierungstechnologien und zunehmende Standardisierung lassen die Preise sinken.„Die nie da gewesene Anzahl kleinerer Transaktionen schafft die ideale Umgebung für eine größere Vielfalt der Serviceanbieter“, sagt Bernd Schäfer, Deutschland-Chef bei dem auf Outsourcing spezialisierten Beratungsunternehmen Technology Partners International (TPI).

Nicht selten war es vor allem die Aussicht auf schnelle Kosteneinsparungen und die Hoffnung, sich des Betriebs der leidigen und aufwendigen IT mit einem Schlag zu entledigen, die Anwender zu den Mega-Outsourcing- Deals verleitete. Mit der vorgetragenen Begründung der „Konzentration auf das Kerngeschäft“ schien doch oft eher die Devise „Aus den Augen, aus dem Sinn“ das Handeln des Managements zu bestimmen. Unternehmen mit Best-of-Class-IT-Strukturen und -Prozessen widerstanden leichter der Versuchung: Wer seine IT und Prozesse im Griff hat, konnte schon immer intelligenter und passgenauer Aufgaben und Dienstleistungen selektiv vergeben.

Die Statistiken deuten darauf hin, dass die Botschaft in den Unternehmen angekommen ist: Bei steigendem Gesamtumsatz des IT-Dienstleistungsmarkts werden die Services zunehmend kleinteiliger eingekauft. Karsten Leclerque, Analyst bei Pierre Audoin Consultants (PAC), formuliert es einprägsam: „Der Kuchen wächst nach wie vor, nur die Stücke werden kleiner.Vermehrtes selektives Outsourcing – von einzelnen Infrastrukturkomponenten bis hin zu Geschäftsprozessen – lässt die Volumina der einzelnen Verträge sinken.“

Nach dem Global ITO Survey von Gartner hatten schon im Jahr 2005 mehr als die Hälfte der europäischen Unternehmen mehr als einen IT-Outsourcer unter Vertrag. Im Schnitt waren es vier – bei steigender Tendenz.

Der TPI-Deutschlandchef Schäfer attestiert den Unternehmern gewachsenen Sachverstand:„ Die Unternehmen haben heute eine weit größere Erfahrung als noch vor zehn Jahren. Sourcing wird heute vielfach nicht mehr nur als Mittel zur Kostensenkung, sondern als unternehmerisches Instrument gesehen.“

Das Erarbeiten einer Sourcing-Strategie ist eine Management-Aufgabe, bei der es darum geht, die Aspekte Wachstum, Innovation und Kosten gegeneinander abzuwägen. Erst daraus ergibt sich der Mix an IT-Dienstleistungen, die das Unternehmen sinnvollerweise extern einkauft. Zudem spielen Faktoren wie Herstellerunabhängigkeit, Leistungstransparenz oder flexible Kapazitätsanpassungen eine Rolle. Richard Schlauri, Geschäftsleitung Deutschland bei Fujitsu Siemens Computers ITPS, weist auf das wichtigste Entscheidungskriterium hin: „Letztendlich ist ausschlaggebend, was das Unternehmen selbst machen will. Dabei geht es zuallererst um die Frage: Was ist unser Kerngeschäft? – Das ist eine klassische Make-or-buy-Entscheidung“. Dabei spielt auch die Verteilung der Kosten eine Rolle. Welcher Fixkostenanteil entsteht bei welchem Modell? „In vielen Fällen erweist sich das selektive Outtasking als die optimale Alternative zum Eigenbetrieb“, sagt Schlauri.

Die Outtasking-Varianten unterscheiden sich erheblich: So kann der Dienstleister etwa den gesamten Rechenzentrumsbetrieb übernehmen, oder auch nur die Print-Services oder das Storage-Management auch sehr komplexer Speicherlandschaften – alles ohne den beim Outsourcing üblichen Übergang von Hardware und Personal.

Grundsätzlich gilt:Umfang und Qualität der IT-Leistungen sind in Form von Service Level Agreements definiert, bezahlt wird nach Leistung und vereinbarter Servicequalität. Bei Managed Print Services etwa zahlt der Kunde pro bedrucktem Blatt Papier. Lagert er den Hardware-Service der Clients aus, zahlt er einen „price per seat“, der Installation, Asset Management, Gerätetausch und Entsorgung umfasst.

Das kommt der zunehmenden Nachfrage nach standardisierten IT-Dienstleistungen entgegen: „Die Arbeitswelt ist schon immer arbeitsteilig organisiert – das erfasst jetzt langsam den IT-Bereich und sorgt für die Industrialisierung von IT-Services“, sagt Peter Dück, Vice President bei Gartner. Allerdings stecke diese Entwicklung noch in den Anfängen und die Kunden stünden sich oft selbst im Weg: „Die Unternehmen sind nach wie vor zu sehr dem Projektdenken verhaftet. Sourcing-Verträge werden immer noch nach dem Schema ,Plan – Build – Run‘ geplant und abgeschlossen. Dabei ließe sich ein Großteil der IT-Dienstleistungen durchaus als standardisierte, konfigurierbare Produkte einkaufen“, sagt Dück.

„Managed Services ermöglichen es, die Beibehaltung der strategischen IT-Verantwortung mit den Kostenvorteilen von Outsourcing- Modellen zu kombinieren. Die Unternehmen halten ihre Kernkompetenz im Haus, bewahren sich die Flexibilität bei der Auswahl des Providers und reduzieren die Kosten – sie behalten alle Fäden in der Hand“, sagt Senior Vice President Schlauri von Fujitsu Siemens Computers.